Zwei Jahre Annektion: Kaschmir zwischen Selbstbestimmung und Fremdherrschaft

17.08.2021, Lesezeit 4 Min.
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Raj Bhaskar / Shutterstock.com

Proteste und Arbeitsniederlegung in Kaschmir. Der 5. August stellt den zweiten Jahrestag der Annektion von Jammu und Kaschmir durch Indien dar. Ein Tag der Trauer, aber auch ein Tag des Widerstands.

Vor zwei Jahren widerrief Premierminister Modi einseitig Artikel 370 der indischen Verfassung, der Jammu und Kaschmir den Status einer politischen und wirtschaftlichen Autonomie garantierte. Dies begründete Indiens Regierung damit, Kaschmirs Wirtschaft voranzutreiben und die Region stabilisieren zu wollen. Seitdem wurde die Besatzung der Region durch das indische Militär verstärkt, politische Aktivist:innen vermehrt verhaftet, eine Ausgangssperre verhängt und Internet und Telefonnetz eingeschränkt.

Modi setzte die Annektion von Kaschmir durch, was er 2019 im Wahlkampf versprach. Im selben Jahr, in dem er den antimuslimischen Citizenship Amendment Act (CAA) verabschiedete. Mit seiner hindunationalistischen Partei (BJP) an der Regierung verfolgt er eine chauvinistische Politik, mit dem Ziel zur Regionalmacht aufzusteigen und verkörpert koloniale Unterdrückung. Die BJP kennzeichnet sich durch extremen Hindunationalismus und antimuslimischen Rassismus. Modi, ein Freund von Trump und Bolsonaro, möchte muslimische und christliche Parteien aus dem Parlament entfernen.

Die nationale Frage in Kaschmir

Nachdem Indien 1947 die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Großbritannien erreicht hatte, wurde es in zwei unabhängige Staaten aufgeteilt: Indien und Pakistan. Kaschmir liegt zwischen diesen beiden Staaten und die Frage der Herrschaft über die Region löste bei der Teilung Indiens einen Konflikt aus. Der damals in Jammu und Kaschmir herrschende Maharajah aber unterschrieb den Beitritt der Region zum indischen Staatsterritorium.

Schon seit der Teilung Indiens 1947 wurde Kaschmir kolonisiert. Das Gebiet steht seit Jahrzehnten unter militärischer Besatzung durch Indien, Pakistan und China und wird seither von eben dieser ökonomisch und ökologisch ausgebeutet.  Den Kaschmiri in dem von Indien besetzten Gebiet wurden mehr und mehr Rechte zum Schutz von Land entzogen und viele wurden vertrieben. Menschen aus Indien können nun durch die Aufhebung des Artikel 370 Wohnsitzbescheinigungen beantragen und sich in Kaschmir ansiedeln.

Das Territorium Kaschmirs ist derzeit in drei Teile unterteilt: Azad Kaschmir („Freies Kaschmir“), welches unter repressiver pakistanischer Verwaltung und Kontrolle steht; Aksai Chin, unter chinesischer Herrschaft seit 1965, nachdem das chinesische Militär in Tibet einmarschierte; Jammu und Kaschmir unter indischer Herrschaft und Schikanen, wo die fast 8 Millionen Kaschmiris seit 7 Jahrzehnten inmitten des Territorialstreits um ihre Selbstbestimmung kämpfen.

Sowohl Pakistan als auch Indien verhalten sich gegenüber den von ihnen kontrollierten Territorien gleich unterdrückerisch, ohne das Recht auf Selbstbestimmung zu gewähren.

Proteste zum Zweck der Selbstbestimmung

„The black decision of Aug. 5 is not acceptable, not acceptable. Stop oppression and repression, stop arrests and detentions,“ riefen die Demonstrierenden vor zwei Wochen.

Anlässlich der offiziellen Annektion von Jammu und Kashmir vor zwei Jahren gab es vereinzelte Proteste in der von Indien besetzten Region. Einzelne Gruppen, die Indiens Besatzung verurteilen, riefen zum Streik gegen die Fremdherrschaft auf. Viele Geschäfte und Märkte blieben an diesem Tag als Zeichen der Trauer und des Widerstands geschlossen, doch die Polizei bedrohte Arbeiter:innen und Ladenbesitzer:innen und zwang sie, die Geschäfte zu öffnen.

Gleichzeitig feierten Hindunationalist:innen und Modi-Unterstützer:innen in Kaschmirs Straßen den 5. August als nationalen Feiertag, präsentierten sich mit indischen Flaggen und sangen die indische Nationalhymne.

Zehn Tage später, am Jahrestag der Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien fanden weitere Proteste statt. Viele Kaschmiri bezeichnen den Unabhängigkeitstag als Black Day, da die unrechtmäßige Besatzung Kaschmirs nach der Unabhängigkeit und der Teilung Indiens begann.

Die Kaschmiri stehen zwischen den Fronten in einem Konflikt nationalistischer Regierungen um wirtschaftliche und geopolitische Interessen, in dem ihr Recht auf Selbstbestimmung ignoriert wird. Ein freies Kaschmir muss unabhängig von Indien, Pakistan und China sein.

Alle Besatzer raus aus Kaschmir! Für das Recht auf nationale Selbstbestimmung der Kaschmiri! Dieses Recht bedeutet in der Praxis nicht anderes als das Recht auf Bildung eines unabhängigen Staates. Für das Rückkehrrecht von vertriebenen Kaschmiris aufgrund der Besatzungen!

 

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