Zur Waffenruhe in Gaza: Vorschläge für die Zukunft der Palästinabewegung

19.02.2025, Lesezeit 20 Min.
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Foto: Ricarda Julia / KGK.

Gemeinsame Erklärung von Palästina Spricht München und der Revolutionären Internationalistischen Organisation zur Zukunft der Palästinabewegung. 

Seit dem 19. Januar ist das Abkommen über die Waffenruhe in Gaza in Kraft. Der Waffenstillstand bedeutet jedoch nicht, dass die israelische Besatzung sich  tatsächlich an das Abkommen hält. Sie versucht, die israelische Gesellschaft und die Welt zu täuschen – unbesiegbar zu sein. Sie haben palästinensische Geiseln vor ihrer Freilassung absichtlich gefoltert und bedroht. Besonders in Jerusalem wurde ihnen und ihren Familien sogar verboten, irgendeine Form von Freude zu zeigen – nicht einmal ein Lächeln.

Für Gaza bedeutet das militärische Patt eine kleine Atempause mit ungewissem Verlauf, für Israel aber eine politische Niederlage. Denn das offiziell erklärte Kriegsziel, also die Vernichtung der Hamas, wurde nicht erreicht, genauso wenig wie das eigentliche Kriegsziel, die Vernichtung und Vertreibung der Palästinenser:innen im Völkermord. Auch die Rückholung der Gefangenen wurde vom Netanjahu-Regime nicht mit militärischen Mitteln erreicht, sondern durch Verhandlungen.

Die Waffenruhe ist ein Teilsieg für den palästinensischen Widerstand, insofern, dass der genozidale Krieg vorerst gestoppt wurde. Unser Ziel bleibt die Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes, das Ende von Vertreibung, Apartheid und jeder Besatzung – auch im Westjordanland und im Libanon – sowie das Recht auf Rückkehr und Land für alle Palästinenser:innen.

Doch der israelische Staat nutzt die Aufmerksamkeit auf Gaza schon jetzt aus und weitet die Annexion im Westjordanland mit erhöhtem Tempo aus, während weiterhin Fronten im Libanon sowie in den besetzten Teilen des syrischen Südens bestehen. Der Amtsantritt des neuen US-Präsidenten und scharfen Pro-Zionisten Donald Trump könnte dieser Offensive weiter Rückenwind verleihen, weswegen die Waffenruhe keineswegs ein Ende von Besatzung und Vertreibung bedeutet, weshalb auch die internationale Solidaritätsbewegung neue Schritte nach vorne gehen muss. Trump hat nämlich seinen Plan für Gaza vorgestellt, die Palästinenser:innen nach Jordanien und Ägypten zu vertreiben, was durch die Vertreibung einer ethnischen Gruppe einen Völkermord darstellt. Hierbei zeigt sich, wie sehr die ägyptische Regierung unter imperialistischer Kontrolle ist, die hohe Geldsummen für Hilfs-LKWs nach Gaza verlangt; der Militärdiktator as-Sisi inszenierte sogar Demonstrationen, um die palästinensischen und ägyptischen Massen zu spalten. 

Die Waffenruhe ist in drei Phasen aufgeteilt, wobei in der ersten der Gefangenenaustausch stattfindet, sich Israel in der zweiten aus Gaza zurückziehen soll und in der dritten der Status Gazas geklärt werden soll. Es ist nicht zu erwarten, dass Israel zulässt, dass die Waffenruhe über die erste Phase hinausgeht, da dies politische Zugeständnisse bedeuten würde, die Premierminister Netanjahu nicht machen kann. Eine Vorbereitung auf einen erneuten heißen Kriegszustand in Gaza ist also dringend erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist auch die extreme Provokation im Westjordanland zu verstehen. 

Der Fortgang hängt stark von der Entwicklung des Imperialismus insgesamt ab. Die USA möchten den Iran und seine Verbündeten isolieren, Trump wird den Zionismus noch mehr unterstützen. Aber die Lage ist offen. Eine Antwort auf den Völkermord angesichts der vorübergehenden Waffenruhe wird nur gegen den Imperialismus möglich sein. 

In Deutschland stellt sich diese Frage akut vor den Bundestagswahlen am 23. Februar, da eine von Friedrich Merz (CDU) angeführte Regierung wahrscheinlich ist, und beispiellose Angriffe auf die Rechte von Geflüchteten, auf Frauen und Queers, auf die Lebensbedingungen der Arbeiter:innenklasse und der Jugend sowie für die palästinasolidarische Bewegung vor der Tür stehen. Es ist zu erwarten, dass der bisherige Rechtsruck, der Kürzungen im Sozialen, Kultur und Gesundheit, äußere und innere Militarisierung, Verbote von Protesten bedeutet, noch einmal beschleunigt wird. Der außenpolitisch aggressive und pro-zionistische Kurs der Bundesregierung wird von jeder möglichen neuen Bundesregierung fortgesetzt werden, sodass es für die Palästinabewegung wichtig ist, eine Strategie auch gegen die Regierung in Deutschland zu besprechen.

1. Einheitsfront gegen Repression und Einschränkung demokratischer Rechte

Die Solidaritätsbewegung weltweit hat über die letzten 15 Monate eine beispiellose Repression erfahren. Die deutsche Situation mit dem „Existenzrecht Israels“ als unumstößlicher Staatsräson stellt eine Speerspitze dieser Repression dar. Um als migrantische Person den deutschen Pass zu erlangen, muss nun auch die Anerkennung des Existenzrechts Israels erfolgen. Dazu kommen willkürliche Demonstrationsverbote, Androhung von politischen Exmatrikulationen an Unis, Polizeigewalt an friedlichen Protestierenden an den Unis und auf der Straße, mediale Einschüchterung von Intellektuellen, die sich gegen gewalttätige Polizeieinsätzen an Unis einsetzen. Zuletzt wurde sogar Francesca Albanese, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, von deutschen Unis gecancelt.

Und nichtsdestotrotz erreichte die internationale Solidaritätsbewegung viel: US-Gewerkschaften haben ihre bisherige pro-zionistische Position durch die Basisbewegung ändern müssen und unterstützen jetzt zum Teil Palästina. Einige Staaten erkannten im Zuge der Protestbewegungen Palästina an, Kanada stoppte im September seine Waffenlieferungen nach Israel. Jüdische antizionistische Aktivist:innen solidarisieren sich und wehren sich gegen die antisemitische Positionierung imperialistischer Staaten, Zionismus mit dem Judentum gleichzusetzen und damit jüdischen Menschen die Vielfalt abzusprechen. Dies veranschaulicht den Kurs imperialistischer Staaten, den Widerstand gegen das zionistische Projekt, pauschal als antisemitisch darzustellen und widerlegt die Lügen, die den palästinensischen Widerstand als antisemitisch diffamieren. Es gibt eine weltweite Bewegung im Westen, die sich gegen den westlichen Imperialismus richtet – in einer Größenordnung, wie sie seit dem Vietnamkrieg der USA nicht mehr gesehen wurde. Und sie ist wirksam. 

Gegen die endlose Reihe an Repressionen gegen diese Bewegung, die verzweifelte Versuche des Imperialismus sind, mit Gewalt seine Hegemonie aufrechtzuerhalten, brauchen wir eine Einheitsfront der Arbeiter:innen und Jugendlichen. Wir verurteilen die ungerechtfertigten Anzeigen gegen Studierende durch ihre eigenen Universitäten, weil sie sich solidarisch für Palästina zeigten. Wir treten für internationale Solidarität ein: Etwa mit der Palästinabewegung in Frankreich, wo es furchtbare Repressionen gibt, wie gegen den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten von Révolution Permanente, Anasse Kazib, dem wegen Palästinasolidarität bis zu sieben Jahre Gefängnis ohne Bewährung drohen. Für die Rücknahme aller Anzeigen in Deutschland und weltweit! Für die Freilassung aller politischen Gefangenen!

Über den Einsatz von rechtlichen Mitteln gegen Sprachverbote, zionistische Provokateure und Polizeigewalt hinaus braucht es Massenaktionen. Die Stärke einer Massenbewegung liegt darin, dass sie mit Streiks und Versammlungen in Solidarität gegen Repression anwachsen und in Zukunft etwa Waffenlieferungen verhindern kann.

Dazu ist auch eine Einheitsfront mit der Bewegung gegen Rechts notwendig. Denn die Repressionen gegen Palästina sind die Speerspitze der rechten Angriffe, von AfD über Unionsparteien bis hin zu FDP, SPD, Grünen und sogar der Linkspartei, wo immer sie in Landesregierungen sitzt. Dies sehen wir bei der Einschränkung der Meinungsfreiheit und auch beim Staatsbürgerschaftsrecht, in das Ausnahmen für sogenannte „Israelfeindlichkeit“ eingebaut wurden, um palästinasolidarischen Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft verweigern oder sogar aberkennen zu können. Solche Repressionen wollen die Unionsparteien nun gegen mehr Menschen mit Migrationshintergrund ausweiten und ihre Staatsbürgerschaft angreifen.

Vor diesem Hintergrund sehen wir es als besonders wichtig an, dass ein Teil der Palästinabewegung in Riesa den Parteitag der AfD mit blockierte und halten es für notwendig, die antifaschistische Bewegung durch eine Zusammenführung der Kämpfe gegen den Rechtsruck insgesamt und gegen Repression an Palästinasolidarität auszuweiten. 

Der Angriff auf den Streik in München am 13. Februar machte erneut deutlich, dass wir in und um unsere Gewerkschaften gegen Rassismus kämpfen müssen. Nachdem mit einem Auto dutzende Streikende verletzt und eine Mutter mit ihrer zweijährigen Tochter getötet wurden, versuchte nicht nur die extreme Rechte dies zu instrumentalisieren. Auch CSU und SPD sprangen sofort auf den rassistischen Zug auf, mehr Abschiebungen zu verlangen – nachdem gerade erst hunderttausende Menschen anlässlich der Zusammenarbeit von Unionsparteien und AfD gegen Rassismus protestiert und damit einen Teilsieg errungen hatten. Die Familie der Getöteten, Amel und Hafsa, machte deutlich, dass sie sich für Solidarität und gegen jeglichen Rassismus stellt und sich eine Instrumentalisierung der Tat verbietet.

Am Sonntag darauf mussten wir auf der Straße kämpfen, damit die AfD am Tatort nicht voller Zynismus Blumen ablegen konnte, geschützt von der deutschen Polizei. Wir verlangen, dass die Mobilisierungen in Streiks mit denen gegen Rassismus von den Gewerkschaften zusammengelegt und gegen Rassismus verteidigt werden. Außerdem verlangen wir eine Aufklärung des Falls, kontrolliert von Gewerkschaften, da der Polizei nicht zu trauen ist.

2. Krankenhauspersonal und Hilfsgüter nach Gaza anstelle von Waffen an Israel

Die humanitäre Katastrophe in Gaza erfordert dringend mehr medizinisches Personal und Hilfsgüter. 

An mehreren Orten Deutschlands haben sich Gesundheitsarbeiter:innen während des Genozids bereits zusammengetan, um Solidarität mit Palästina zu organisieren. Diese Selbstorganisierung, wie zum Beispiel HealthNotArms in München oder Gesundheit4Palestine in Berlin, will die Hilfe nicht an eine NGO oder die UNO abgeben, sondern in die eigene Hand nehmen. Der Gesundheitszustand der palästinensischen Geiseln ist der größte Beweis sowohl für die israelischen Verbrechen als auch für die Komplizenschaft der NGOs, insbesondere des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), das über die Jahre hinweg bewusst seine Rolle ignoriert hat – nämlich die Koordinierung und Sicherstellung menschenwürdiger Bedingungen für die Gefangenen im Rahmen der Genfer Konvention.

Die palästinensischen Gefangenen haben in den israelischen Gefängnissen stets unter unmenschlichen Bedingungen gelebt, doch nach dem 7. Oktober 2023 haben diese Bedingungen ein unvorstellbar brutales Niveau erreicht.

Genau deshalb muss unser Appell sich ausschließlich an uns selbst richten – um gegen alle repressiven Systeme und imperialistischen Agenden zu revoltieren. Wir müssen eine Bewegung aufbauen, die gegen den Willen der kapitalistischen Imperialist:innen und ihrer Staaten, dem palästinensischen Volk zu Hilfe kommt. Deutschland muss palästinensischen Geflüchteten, die Schutz suchen, Asyl gewähren, mit Zugang zu allen Rechten, wie wir es für alle Geflüchteten verlangen. Sie brauchen außerdem jederzeitiges Rückkehrrecht.

Gleichzeitig muss es die Tore für schwerstverletzte Menschen öffnen, um ihnen dringend notwendige medizinische Behandlung zu ermöglichen. Um jedoch einer Vertreibung der Palästinenser:innen aus Gaza, wie sie der US-amerikanische Präsident lautstark verkündete, entgegenzuwirken, muss die medizinische Behandlung mit der garantierten Möglichkeit zur Rückkehr einhergehen. Es braucht nachhaltige Hilfe vor Ort, wie etwa die Herstellung von Prothesen und die Ausbildung von Fachkräften für den Wiederaufbau in Gaza. Der Wiederaufbau muss inklusiv und barrierefrei erfolgen, da viele Verletzte langfristig auf eine angepasste Infrastruktur angewiesen sind. Nur so kann verhindert werden, dass Menschen dauerhaft aus ihrer Heimat verdrängt werden.

Wir fordern, dass die entsendete Hilfe ausgeweitet wird, etwa auch von Krankenhäusern, die Personal entsenden können, unter Kontrolle der Beschäftigten. Sie muss vollständig von den Palästinenser:innen in Gaza selbst überwacht, kontrolliert und verteilt werden und darf an keine Bedingungen geknüpft werden, vor allem was den Wiederaufbau Gazas und die völlig zerstörte Infrastruktur betrifft. Deutschland und die UNO dürfen nicht als verlängerter Arm der Besatzer:innen auftreten – das gilt erst recht, da Israel zusammen mit US-Präsident Trump gerade die UN von politisch beliebigen Teilen „säubern“ möchte, wie dem Palästina-Hilfswerk UNRWA.

Alles, was bekannt ist, reicht aus, um uns klarzumachen, dass wir aufhören müssen, nach Aktionen von Regierungen oder NGOs zu rufen – Institutionen, die letztendlich dazu benutzt werden könnten, die Agenden imperialistischer Staaten zur Neuordnung der Region durchzusetzen oder die Verbrechen Israels und seiner imperialistischen Unterstützer reinzuwaschen. Wir verlangen die Kontrolle der Arbeiter:innen und Unterdrückten über alle Maßnahmen, anstatt die Kontrolle an angeblich neutrale internationale Organisationen abzugeben. 

Die Arbeiter:innen aus Deutschland aus allen Sektoren können unter Mithilfe ihrer Gewerkschaften ihre Arbeitskraft und Kenntnisse zur Verfügung stellen, um beim Wiederaufbau der Wasserversorgung, der Bildung und der Verkehrsinfrastruktur zu helfen, wie es auch bei früheren Naturkatastrophen in anderen Ländern der Fall war. Die Arbeiter:innen stellen alles her – sie können aber nicht nur für die Profite der Kapitalist:innen arbeiten, sondern für die Solidarität der Völker. Außerdem können Gewerkschaften die Regierung durch Aktionen und Streiks dazu zwingen, Repressionen einzustellen und dringend benötigte Unterstützung für Palästinenser:innen einzurichten. 

Als zweitgrößten Waffenlieferanten an die israelische Regierung fordern wir die Bundesregierung auf, einen sofortigen Stopp dieser einzuleiten und stattdessen medizinisches Personal und Hilfsgüter an die Menschen in Gaza zu schicken. Die Ausbreitung von Krankheiten sowie die allgemeine Unterernährung erfordern dabei schnelles Handeln. Wir fordern: Medizinisches Material an Palästina statt Waffen an Israel!

Diese und die nächste Bundesregierungen werden unsere einfachen und berechtigten humanitären Forderungen nur erfüllen, wenn sie dazu gezwungen werden, denn sie sind mit Israel strategisch verbündet, um ihre eigenen imperialistischen Ziele durchzusetzen und Profite zu machen. Aktivist:innen der Linkspartei, des Bündnisses Sahra Wagenknecht und der Gewerkschaften sowie alle, die sich solidarisch mit Palästina erklären und die grundlegenden Menschenrechte verteidigen, sollten daher zu Hilfslieferungen und Waffenblockaden aufrufen und sich daran selbst beteiligen – auch gegen die Meinung ihrer Führungen. Wir sehen die Orientierung an gewerkschaftlichen Initiativen dabei zentral. Denn nur Arbeiter:innen können Banken und Konzerne enteignen, die den Genozid finanzieren und Waffen liefern. 

3. Für Massenaktionen und Blockaden der Arbeiter:innen und Studierenden

Jede Aktion der Arbeiter:innenklasse ist Teil ihrer eigenen Befreiung. Denn die Kapitalist:innen, die mit Waffenlieferungen an Israel den Genozid ermöglichten, sind die Kapitalist:innen, die auch die Arbeiter:innen in Deutschland selbst ausbeuten und rassistisch und sexistisch unterdrücken. Wir treten für die Selbständigkeit der Arbeiter:innenklasse weltweit ein und für die Verschwisterung der Arbeiter:innen in Deutschland mit denen in der Region Westasiens und Nordafrikas gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Die Aktion der Massen der Arbeiter:innen kann nicht durch heldenhafte Aktionen Einzelner oder kleiner Gruppen ersetzt werden. 

In Deutschland etwa wollen wir darüber diskutieren, wie Studierende und ihre Vertretungen, Arbeiter:innen und ihre Gewerkschaften von Dienstleistung und Gesundheit über Logistik bis Industrie, humanitäre und migrantische Organisationen jetzt nicht aufhören, sondern große Mobilisierungen für die Meinungsfreiheit und die Solidarität mit Palästina organisieren.

Hafenarbeiter:innen in Hamburg forderten bereits, dass sie informiert werden, welche Container Waffen transportieren, damit sie diese stoppen können. Für diese Forderung müssen die Gewerkschaften unbedingt eintreten. In Genua und anderen Hafenstädten waren solche Blockaden von Waffen an Israel bereits erfolgreich. Unmittelbare Aktionen der Arbeiter:innen können sich außerdem gegen Bahnlieferungen von Waffen und Zulieferungen an Rüstungshersteller wenden sowie gegen die Produktion von Waffen wie bei Rheinmetall selbst, aber auch gegen Waffenforschung und Kooperationen mit Israel an Universitäten oder durch IT-Firmen. 

Wir sind aber nicht naiv in Bezug auf die Gewerkschaften. Wir wissen, dass die Gewerkschaften von einer Bürokratie beherrscht werden, die existiert, um mit dem Kapital zu verhandeln, und die mit dem imperialistischen Staat vielfältig vernetzt ist. Diese Bürokratie ist weitgehend pro-zionistisch und pro-imperialistisch. Sie ist aber nicht gleichbedeutend mit der Gewerkschaft insgesamt, die eine Organisation der Arbeiter:innen ist. Wir treten daher für eine antibürokratische Strömung innerhalb der Gewerkschaften ein, etwa mit Forderungen wie der jederzeitigen (Ab-)Wählbarkeit von Funktionär:innen, Entscheidung von Arbeiter:innen selbst in Versammlungen, Deckelung des Gehalts von Funktionär:innen auf ein durchschnittliches Gehalt einer Pflegefachkraft sowie Rotation wichtiger Funktionen, sodass Funktionär:innen regelmäßig wieder zurück in die Betriebe müssen.

Um dahin zu kommen, plädieren wir für ein klassenkämpferisches und antiimperialistisches Bündnis aus Arbeiter:innen und Jugendlichen. Die Arbeiter:innenklasse kann mit ihrer Macht in Fabriken, Logistik und Betrieben ein erfolgreiches Bündnis gegen Imperialismus und gegen Rechts anführen. Dafür brauchen sie die jugendliche Palästinabewegung von den Straßen und Universitäten, die mit den Arbeiter:innen diese Ideen diskutiert. Dazu rufen wir auch die feministische Bewegung auf, denn der Genozid in Palästina ist auch ein Femizid – die Situation der Frauen und Queers in Palästina ist durch Besatzung und Völkermord absolut desolat und eine Befreiung von Unterdrückung kann nur gemeinsam erfolgen.

Wir haben für Jugendbewegungen bereits gesehen, wie das Mittel der Blockade auch im Kampf gegen Rechts erfolgreich sein kann. Die Massenblockaden von 15.000 Menschen in Riesa gegen den Parteitag der AfD haben bewiesen, dass wir gemeinsam der Repression standhalten können sowie als Masse Macht haben im Kampf gegen Nazis und Polizei. Lasst uns diese Mittel der Massen auch für die Palästinasolidarität aufbauen. 

4. Für ein internationalistisches Bündnis der Arbeiter:innen und Unterdrückten gegen den Imperialismus

Die Waffenruhe, die politische Erschöpfung Israels sowie das militärische Patt sind nicht den Verhandlungsführer:innen der beteiligten Regierungen zu verdanken, sondern vor allem dem Kampf des palästinensischen Widerstands und der internationalen Solidaritätsbewegung, die offensiv gegen die finanzielle, politische und militärische Unterstützung des Genozids aus den imperialistischen Zentren kämpft und sich vor allem mit der studentischen Bewegung als Avantgarde direkt dem Imperialismus entgegenstellt.

Der Waffenstillstand bedeutet jedoch nicht, dass die israelische Besatzung sich an das Abkommen halten wird. Sie versucht, die israelische Gesellschaft und die Welt über ihre Macht zu täuschen – selbst in den kleinsten Schritten. Die Besatzer:innen haben die palästinensischen Geiseln vor ihrer Freilassung absichtlich gefoltert und bedroht. Besonders die Geiseln aus Jerusalem, wo ihnen und ihren Familien sogar verboten wurde, irgendeine Form von Freude zu zeigen – nicht einmal ein Lächeln.

Auch den Massen und Studierenden, die sich ab April 2024 zunehmend mit den eigenen reaktionären Regierungen in Tunesien, Ägypten, Jordanien und dem Libanon entgegensetzten, kommt eine wichtige Rolle zu. Wenn wir für eine Bewegung der Jugendlichen und Arbeiter:innen in Deutschland in Solidarität mit Palästina eintreten, dann auch für eine internationalistische Bewegung mit den Völkern der Region, wie mit dem libanesischen Volk, das von Israel brutal überfallen wurde, oder dem ägyptischen Volk, das im Interesse des US-Imperialismus von Weltbank ausgepresst wird, deren Rauswurf und Enteignung wir verlangen. Wir erklären auch unsere Solidarität mit dem kurdischen Volk, das ebenfalls von Besatzung und Angriffen auf ihre Autonomie in Rojava bedroht ist, denn der Kampf um Befreiung ist nur in Perspektive der Befreiung aller Völker von Besatzung und Imperialismus erfolgreich.

In diesem Sinne fordern wir eine Bewegung mit kompletter politischer Unabhängigkeit von den kapitalistischen Regierungen wie den autoritären Anführern. Anstatt auf Verhandlungen mit dem Zionismus und imperialistischen Staaten wie den USA, Großbritannien und Deutschland vertrauen wir in das Handeln der Völker selbst, unter Anführung der Arbeiter:innenklasse: Für das Selbstbestimmungsrecht der Völker gegen Besatzung und Apartheid; für die Streichung aller Auslandsschulden, die die Völker der Region gefangen halten; für die Verteilung des Landes auf die Bevölkerungen; für die Enteignung der Schlüsselindustrien und Banken unter Arbeiter:innenkontrolle und ein Außenhandelsmonopol, um die Abhängigkeit vom mit dem Zionismus eng verbündeten US-Imperialismus zu brechen. 

In diesem Sinne kann unser Vertrauen nicht auf diplomatische Floskeln etwa des Bündnisses Sahra Wagenknecht oder der Linkspartei liegen, die selbst in ihren eigenen Reihen Zionist:innen dulden und im Fall der Linkspartei an Repression gegen Palästinasolidarität in ihren Landesregierungen beteiligt sind. Die zuletzt im Bundestag am 30. Januar abgestimmte „Antisemitismus-Resolution“ verdeutlicht, dass keine dieser Parteien eine Alternative bieten. Die LINKE enthielt sich bei der Resolution, die sich auf die prozionistische IHRA-Definition stützt. Das Bündnis Sahra Wagenknecht stimmte zwar als einzige Partei dagegen, stimmte dafür aber für eine Verschärfung der Migrationspolitik – also auch einer palästinenserfeindlichen Politik. Die BSW hat sogar den Plänen der CDU für mehr Abschiebungen mit der AfD zusammen zugestimmt. Nun bildet die BSW mit SPD zusammen eine Landesregierung in Brandenburg, in Thüringen sogar mit SPD und CDU zusammen. Sie wird sich in Sachen Palästina an allem messen lassen müssen, was sie in dieser Landesregierung macht. Die Erfahrungen der Linkspartei in Regierungskoalitionen, die etwa in Berlin oder Thüringen schon Polizeieinsätze und Abschiebungen durchsetzten, zeigen, dass von den Versprechen nicht viel übrig bleiben wird.

Wir haben keine Illusionen in eine Arbeit von Linkspartei oder BSW, da sie auf den Erhalt des kapitalistischen Staates bauen, der imperialistische Interessen wie die Unterdrückung Palästinas als Inhalt hat. Wir rufen diese Parteien und ihre Mitglieder aber dennoch zu gemeinsamen Aktionen, Blockaden und Streiks auf, um die Repression und den Genozid zu beenden. 

Wir brauchen einen Bruch mit Kapitalismus und Imperialismus, um Befreiung zu erlangen. Zur Bundestagswahl treten wir für das Ende jeglicher Repression gegen Palästinasolidarität und eine konsequente Ablehnung von Waffenlieferung, Besatzung und Vertreibung ein sowie für ein vollständiges Rückkehrrecht der seit 1948 vertriebenen Palästinenser:innen. Wir können dabei nur die eigene Kraft der Arbeiter:innen und Studierenden in Deutschland und weltweit in einem internationalistischen Bündnis bauen, angeführt von den bewusstesten Teilen der Arbeiter:innenbewegung. 

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