Zeitarbeiter bei Karstadt-Kaufhof: „Die Wut über die Schließung kommt mir bekannt vor“
Zeitarbeiter*innen sind in der Krise besonders von Entlassungen betroffen - auch bei Galeria Karstadt Kaufhof. Ein ehemaliger Zeitarbeiter berichtet über die schlechten Arbeitsbedingungen bei Karstadt und Kaufhof.
Bild: „karstadt tauben“ von loop_oh, CC BY-NC-SA 2.0
Vor wenigen Tagen haben wir einen Leserbrief eines Beschäftigten der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof veröffentlicht. Er schrieb: „Die Mitarbeiter werden nur noch für dumm verkauft.“ Ein ehemaliger Zeitarbeiter bei Karstadt-Kaufhof pflichtet ihm bei.
Die Wut des Verfassers kommt mir absolut bekannt vor: Ich durfte selbst im Auftrag einer Zeitarbeitsfirma für ein paar Karstadt- und Kaufhof-Filialen hinter der Kasse stehen.
Viele meiner Kolleg*innen kamen von verschiedenen, kleineren Zeitarbeitsfirmen. Manche waren festangestellt, andere – wie ich – jobbten auf 450-Euro-Basis. Fast alle haben in verschiedenen Filialen beider Kaufhäuser gearbeitet – bei Bedarf wird rotiert. Unter solchen Bedingungen ist an organisierten Arbeitskampf natürlich nicht zu denken, die Bekanntschaften mit Kolleg*innen bleiben flüchtig.
Was der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, Stephan Fanderl, von Beschäftigten und Betriebsrat hält, hat er ja eindrucksvoll demonstriert, als er im Januar 2019 eine „Betriebsversammlung“ vor den Müllcontainern der Kölner Kaufhof-Zentrale einberief. Der Betriebsrat erhielt keine Information darüber, geschweige denn ein Mitspracherecht.
Unter meinen fest angestellten Kolleg*innen war die Stimmung stets angespannt – zum Beispiel, wenn es um die Pausen ging. Wir Zeitarbeiter*innen hatten keine bezahlte Pause. Man durfte sich aussuchen, ob man ohne Pause durcharbeitet oder fünf Euro abgezogen bekommt. Die Kolleg*innen in Festanstellung haben peinlich genau darauf geachtet, dass man pünktlich aus der Pause zurück kommt – wahrscheinlich, weil sie Nachteile für sich selbst befürchten müssen.
Als eine*r der wenigen fest angestellten Mitarbeiter*innen ist man bei Karstadt oder Kaufhof ohnehin im Stress. Den Großteil der Kassiertätigkeiten haben wir Zeitarbeiter*innen übernommen. Die Betriebszugehörigen mussten uns einerseits dabei unterstützen (und überwachen), gleichzeitig aber ein offenes Ohr für die Kund*innen haben. Die kommen nämlich meist ins Geschäft, um beraten zu werden – und müssen oft lange auf einen Ansprechpartner warten. Den Ärger darüber trugen sie dann an die Kassen, enttäuscht darüber, dass wir Zeitarbeitenden meist auch nicht weiterhelfen konnten.
Wen wundern dann noch leere Filialen? Was bei Karstadt-Kaufhof passiert, kann ruhig als gezieltes Herunterwirtschaften gedeutet werden. Umso entschiedener verteidigt sich René Benko gegen die Vorwürfe, die beiden Kaufhausketten nur der Immobilien wegen gekauft zu haben. Dass er die Corona-Krise jetzt ausnutzt, um seine geplante Zerstörung von Karstadt-Kaufhof zu beschleunigen, ist nur logisch. Die Gewerkschaften müssen auch Zeitarbeiter*innen im Kampf um die Arbeitsplätze mit einbeziehen, denn sie sind dem Ganzen schutzlos ausgeliefert.
Stimmen der Beschäftigten
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