Zehn Tage CFM-Streik: Von der Minderheit zur Mehrheit werden
Zehn Tage am Stück streikten die Kolleg*innen der CFM vor gut zwei Wochen. An drei Standorten gab es täglich Streiklokale, Aktionen, Streikversammlungen und Demonstrationen. Die Beschäftigten forderten von Geschäftsführung und Senat mehr Lohn, eine Ende der sachgrundlosen Befristungen und das Ende der Auslagerungen. Eine Bilanz.
Die Auswirkungen des CFM-Streiks waren im ganzen Krankenhaus sichtbar. Riesige Müllberge und verdreckte Toiletten prägten das Bild. Doch auch der Senat blieb nicht verschont. Keine Veranstaltung der SPD oder Linkspartei verging in den letzten Wochen, ohne dass nicht Beschäftigte vor Ort ihre Forderungen an den Senat direkt richteten. Dieser Protest kommt nicht von ungefähr. So hat der Senat bereits im Koalitionsvertrag eine Ende der Auslagerungen bei der CFM angekündigt. Michael Müller verspricht den Beschäftigten mittlerweile 11 Euro Stundenlohn (und „vielleicht mehr“) bis zum Ende des Jahres. Das ist zwar ein schlechter Witz, aber dennoch ein weiterer kleiner Erfolg der bisherigen Streiks. Laut Elke Breitenbach von der Linkspartei müsste der Stundenlohn mindestens bei 11,84 Euro liegen. Beides scheint letztlich reichlich wenig. Deshalb ist es zentral die Proteste gegen den Senat aufrecht zu erhalten. Besonders die Linkspartei steht in der Pflicht, ihre vollmundigen Versprechen, die Vertreter*innen der Partei immer wieder machen, durchzusetzen.
Doch es geht nicht darum zu bitten, sondern zu fordern. Denn der Senat wird sich nicht bewegen, wenn der Druck von den Beschäftigten nicht weiter wächst. Hierbei ist die Solidarität mit und von anderen Kämpfen ein wichtiger Bestandteil. Besonders die Kundgebung vor dem Arbeitsgericht in Berlin, bei der sich die Beschäftigten der CFM mit Betriebsrät*innen des Botanischen Gartens und von INTEGRAL e.V. solidarisierten, war ein beeindruckendes Signal. Denn Auslagerungen, Union Busting und prekäre Beschäftigung sind überall zu beobachten.
Zusammenführung mit der VSG
Die Zusammenführung des Kampfes mit dem der VSG ist von zentraler Bedeutung. Auch dort kämpfen die Kolleg*innen gegen Auslagerungen, für Lohnerhöhungen und gegen Befristungen. Doch der Streik wurde von der ver.di-Führung bisher nur an einem einzigen Warnstreik zusammengeführt, bis das Arbeitsgericht den VSG-Streik für den Tag verboten hat. In den zehn Tagen Streik hat es die ver.di-Führung nicht fertig gebracht, gemeinsame Streiktage zu organisieren. Auch deshalb konnte sich der Streik nicht vergrößern, obwohl quasi alle streikenden CFMler*innen durch die Bank weg für die Zusammenführung beider Kämpfe sind. Auch einzelne VSG-Kolleg*innen, die aus Solidarität die Streiklokale der CFM besuchten, haben sich für gemeinsame Streiks stark gemacht. Wenn die ver.di-Führung die Zusammenführung weiterhin boykottiert, fragt sich nur, in wessen Interesse sie eigentlich handeln. Im Interesse der kämpfenden Kolleg*innen sicher nicht.
Ausweitung nach innen
Auf der anderen Seite muss der Streik auch nach innen ausgeweitet werden. Von den über 2.000 Beschäftigten beteiligten sich nur rund 150 Kolleg*innen am Streik. Massenweise sachgrundlose Befristungen, Leiharbeit und ein enormen Druck auf Azubis sind dafür verantwortlich, dass sich viele Kolleg*innen nicht getraut haben, ihren Arbeitsplatz zu verlassen. Beschäftigte beklagten darüber hinaus auch, dass sie mit dem Streikgeld nicht länger über die Runden kommen. Andere haben angemerkt, dass besonders migrantische Kolleg*innen besonders prekär arbeiten und der Streikaufruf auch in andere Sprachen übersetzt werden müsste. Denn all das schwächt den Kampf der Beschäftigten. Und für all das trägt der Arbeitgeber und der Senat die Verantwortung.
Besonders progressiv an diesem Streik waren die täglichen Streikversammlungen. Dort wurde über den Streik an sich diskutiert und auch die Verlängerung des Streiks bis auf zehn Tage beschlossen. Dieses Mittel muss jedoch weiter ausgeweitet werden. Wie Daniel Turek, Mitglied von ver.di und der Streikleitung, richtig angemerkt hat, muss der Streik basisdemokratisch organisiert sein, da 150 Kolleg*innen mehr Ideen haben, als nur zehn Mitglieder der Streikleitung oder der Tarifkommission. Das beinhaltet Fragen des Beginns oder des Endes des Streiks. Aber auch Fragen, wie mehr Kolleg*innen für den Streik mobilisiert werden können, müssen auf der Tagesordnung stehen. Denn trotz den Dynamik des Streiks und regelmäßigen Aktionen auf den verschiedenen Campi, haben sich kaum neue Kolleg*innen dem Kampf angeschlossen. Die meisten aus Angst vor Konsequenzen durch den Arbeitgeber. Streikversammlungen mit bindenden Beschlüssen, mit Diskussionen über alle Probleme im Betrieb und über die konkrete Streikführung können ein wichtiges Mittel sein, mehr Kolleg*innen den Kampf einzubinden.
(Noch) Nicht-Streikende einbinden
Die Forderung nach einem Ende der sachgrundlosen Befristungen ist ein wichtiger Schritt, um die befristeten Kolleg*innen zu erreichen. Aber auch Themen wie Leiharbeit müssen auf die Tagesordnung. Immerhin wurden besonders Leiharbeiter*innen von der Geschäftsführung von der Geschäftsführung „befördert“ und als Streikbrecher*innen eingesetzt. Diese Streikbruchmaßnahmen müssen darüber hinaus öffentlich skandalisiert werden. Denn letztendlich schaden sich die Streikbrecher*innen auch selbst damit, da sie Verbesserungen ihrer Situation im Wege stehen. Letztlich brauch es aber auch für Kolleg*innen, die sich nicht trauen, am Streik teilzunehmen, Möglichkeiten, sich mit dem Streik zu solidarisieren. Sei es durch langsameres Arbeiten oder durch Einladungen zu Streikversammlungen, um die Probleme mit allen Beschäftigten zu diskutieren. Denn die Spaltung der Belegschaft in befristete, Leiharbeiter*innen und Azubis hilft keinem der Beschäftigten, sondern schwächt nur die Kampfkraft des Streikes. Dafür ist es auch notwendig, morgens mit Streikposten vor den Eingängen zu stehen, um mit den Kolleg*innen zu diskutieren und sie zum Streik zu ermuntern.
Die Beschäftigten haben jetzt schon gezeigt, wozu sie fähig sind. Trotz großer Minderheit im Betrieb haben sie es geschafft, den Streik in die Öffentlichkeit zu zerren und die Charité empfindlich getroffen. Dazu brauchte es nur 150 Beschäftigte. Wozu wären dann erst 1.000 oder 2.000 Beschäftigte in der Lage?