Wohnen als Privileg: Geld für Rüstung, aber nicht für Wohnraum

13.03.2025, Lesezeit 7 Min.
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Foto: miex / shutterstock.com

Der Sozialabbau in Deutschland spitzt sich immer weiter zu, während gleichzeitig Milliarden für die Rüstung ausgegeben werden. Junge Menschen und die ärmsten Schichten werden am härtesten von Einsparungen und hohen Mieten getroffen.

Die 80er Jahre: Thatcher, Reagan und der Anfang vom Ende des Sozialstaats in Europa. In Deutschland markierten diese Jahre den Höhepunkt des bezahlbaren Wohnungsbaus, der damals vier Millionen Sozialwohnungen umfasste. Seitdem ist er auf etwa 1,1 Millionen im Jahr 2020 gesunken. Eine der Ursachen für diesen Rückgang ist das Auslaufen von sogenannten Sozialbindungen (in der Regel mit einer Laufzeit zwischen 15 und 40 Jahren). Sobald diese auslaufen, gelangen die Wohnungen auf den freien Markt, was Spekulationen mit ihnen ermöglicht. Im Jahr 2020 fielen in ganz Deutschland beispielsweise rund 56.000 Wohnungen aus der Sozialbindung, während im selben Jahr nur 23.000 neue Sozialwohnungen errichtet wurden. Das ergibt eine Bilanz von 33.000, durch die Privatisierung, verlorene Sozialwohnungen.

Ein weiteres Problem in Deutschland sind die hohen Baukosten, die zum Teil auf die Normen zurückzuführen sind, denen die Neubauten entsprechen müssen, aber auch auf die Privatisierung des Sektors und die Immobilienspekulation. Es ist auch nicht einfach, alten Wohnraum freizugeben, da die steigenden Baukosten in Verbindung mit den niedrigen Löhnen es den Menschen immer schwerer machen, umzuziehen, was die Freigabe von neuem Wohnraum erschwert. Man spricht hierbei auch vom sogenannten “Locked-In-Effekt”. Das bedeutet, dass ein Umzug eine starke Mietsteigerung bedeuten kann, weswegen Mieter:innen tendenziell in der aktuellen Wohnung verbleiben, auch wenn sie nicht unter idealen Umständen wohnen. 

Kein Geld für den sozialen Wohnungsbau in München

Vor allem in großen Städten wie München ist das Wohnen noch immer ein Privileg, kein Recht. Das ist keine Neuigkeit. Neu ist die Reaktion der bayerischen Staatsregierung auf die kritische Lage des sozialen Wohnungsbaus: Sparen. Der Freistaat Bayern ist in erster Linie für die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus zuständig, die über die Einkommensorientierte Förderung (EOF) erfolgt. Diese Mittel wurden erst in den letzten Jahren gekürzt, von rund 100 Millionen Euro im Jahr 2023 auf rund 25 Millionen Euro im Jahr 2025, also insgesamt um 75 Prozent.

Als wäre das nicht genug, geht dieser Rückgang der Mittel mit einem Anstieg der Anträge für EOF-Wohnungen einher, die in diesem Jahr auf 850 gestiegen sind. Genehmigt wurden davon jedoch nur 284. Laut dem bayerischen Bauministerium sei diese “ungebrochen hohe“ Anfrage ein Erfolg des sogenannten “Wohnbau-Boosters”, der die Förderkonditionen “deutlich verbessert” hat. Es können also mehr Menschen als vorher eine EOF-Wohnung beantragen. Bei diesen Wohnbau-Boostern handelt es sich um Förderprogramme, mit denen der Freistaat Bayern 2024/2025 bis zu 1,1 Milliarden Euro investieren will. Die Mittel scheinen jedoch nicht zur Verfügung zu stehen, da der Anstieg der Anträge nicht zu einem Anstieg der Bewilligungen führt. Obwohl sich die Förderkonditionen auch verbessert haben, wird das Problem immer akuter.

Es ist normal, dass die neoliberalen Köpfe mit ihrer Logik von Angebot und Nachfrage diese Probleme nicht lösen können. Das passiert, wenn man Wohnraum als Ware und nicht als lebenswichtiges Menschenrecht behandelt.

Steigende Mietpreise für Studis und Azubis 

Auch für Studierende und Azubis sind die Wohnkosten in deutschen Städten oft kaum noch zu bezahlen und es besteht keine Aussicht auf Besserung – im Gegenteil. Nach neuesten Berechnungen des Moses-Mendelssohn-Instiututs sind die Wohnkosten für Studierende im Vergleich zum letzten Semester um 0,9% gestiegen, im Vergleich zum letzten Jahr sogar um 2,8%. Durchschnittlich zahlen Studierende in Deutschland 493 Euro für ihren Wohnraum. In München zahlen Studierende sogar 800 Euro für ihr Zimmer, in Berlin 650 Euro, in Köln 583 Euro und in Hamburg 610 Euro. Diese Entwicklung wird jedoch als “stabile” Preisentwicklung bezeichnet. Das mag für viele Studierende, welche in prekären Mietverhältnissen, überteuerten Zimmern oder heruntergekommenen Studierendenwohnheimen wohnen, wie ein schlechter Scherz klingen. Deutschlands Studierende zahlen nämlich im Schnitt 54% ihres ohnehin geringen Einkommens für ihre Miete. Auch die Bafög Wohnkostenpauschale deckt in gerade einmal 23 von 88 Städten die Miete der Bafög-beziehenden Studierenden. Die Folge? Ein Drittel aller Studierenden und 18% aller Azubis in Deutschland sind armutsgefährdet. Bei denjenigen, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen, sieht es noch schlimmer aus: hier sind 77% der Studis und 45% der Azubis armutsgefährdet.

Laut dem Deutschen Studierendenwerk findet durch diese hohen Mietkosten eine soziale Auslese statt, da Studierende, welche wenig Geld zur Verfügung haben, aus teuren Städten gehalten werden. Sie haben dadurch weniger Freiheit bei der Wahl ihres Studiengangs oder können gar nicht studieren. Dem müsste man jedoch hinzufügen, dass diese soziale Auslese natürlich auch schon in der Schule beginnt, wenn manche Familien sich die Nachhilfe für das eigene Kind leisten können und andere nicht. Nur 26,7 Prozent aller Kinder aus “benachteiligten Verhältnissen” schaffen es auf das Gymnasium, aus “günstigen sozialen Verhältnissen” dagegen 59,8 Prozent. 

Kein Wunder also, dass viele junge Menschen frustriert sind und sich von der Politik nicht ernst genommen fühlen. Nach einer aktuellen Analyse der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung beschäftigen vor allem der Klimawandel, die Angst vor Krieg und wirtschaftliche Unsicherheiten – wie Altersarmut oder die steigenden Mieten – junge Menschen. 

Bei der Rüstung sind sie fix – für das Wohnen gibt es nix!

Viele Studierende und Auszubildende sind armutsgefährdet und können ihre WG Zimmer nicht mehr bezahlen, Wohnheimplätze fehlen und in München warten 25.000 Menschen auf eine Sozialwohnung. Auch bundesweit sinkt die Zahl der Sozialwohnungen kontinuierlich. Der Grund dafür sind die steigenden Baukosten – Wohnungsbau ist die letzten Jahre immer teurer geworden. Während für den sozialen Wohnungsbau also kein Geld da ist, kann die Schuldenbremse problemlos gelockert werden, um 500 Milliarden Euro für die Aufrüstung locker zu machen. Gleichzeitig stehen Kürzungen in Krankenhäusern, Schließungen von Mädchenzentren und Kreißsälen sowie Einsparungen bei Schulen und Universitäten an. Es werden also alle möglichen Ressourcen bereitgestellt, um Deutschland kriegstüchtig zu machen während die Lebensqualität der Arbeiter:innen und Jugend kontinuierlich sinkt und das Leben immer unbezahlbarer wird. So scheint es für die Bourgeoisie in Kriegszeiten von Vorteil, wenn große Teile der Jugend in Armut leben, da dadurch der Wehrdienst mit seiner relativen sozialen Sicherheit attraktiver erscheint als eine unterirdisch bezahlte Azubistelle. 

Es bräuchte eigentlich dringend Investitionen in Soziales, Bildung und Gesundheit, welche locker finanziert werden könnten, wie man an den hunderten Milliarden Euros sieht, die innerhalb kürzester Zeit in die Aufrüstung gesteckt wurden. Auch durch die Enteignung von großen Immobilienkonzernen wie Deutsche Wohnen & Co. könnten die Mieten gesenkt werden und somit wieder bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Aktuell steht der Profit jedoch über den Grundbedürfnissen der Menschen. Dies wird sich durch die kommende Bundesregierung unter der Führung von Merz nur weiter zuspitzen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass massive Angriffe auf die Arbeiter:innen und Jugend folgen werden – in Form von Kürzungen, Verlängerung der Arbeitszeit, niedrigeren Löhnen und vielleicht auch einer Wehrpflicht. 

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