Wohin geht das türkische Regime?

03.08.2015, Lesezeit 15 Min.
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// Türkisch – Türkçe //

Nach dem Massaker im nordkurdischen Suruc, bei dem 32 jugendliche AktivistInnen zu Tode kamen und über 100 weitere verletzt wurden, beschreitet das türkische Regime den Weg einer noch stärkeren Militarisierung. Unter dem Deckmantel von „Anti-Terror-Operationen“ begann die provisorische Regierung am 24. Juli in mehreren Städten eine aggressive Welle von Festnahmen. Dabei wurden bisher mehr als 1300 Menschen festgenommen. Betroffen sind neben AnhängerInnen der verbotenen kurdischen ArbeiterInnenpartei PKK und der ebenfalls verbotenen DHKP-C auch AKP-GegnerInnen aus den sozialen Bewegungen. Demgegenüber wurde nur ein marginaler Teil des „Islamischen Staates“ (IS) verhaftet, um die „Hexenjagd“ gegen linke Kräfte zu legitimieren. Danach nahm die Regierung den offenen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung wieder auf.

Schon vor den Wahlen drohte der Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan: „Gebt mir 400 Abgeordnete für die Umsetzung des Präsidalsystems. Dann lässt sich die Sache in Ruhe klären.“ Doch die Wahlen setzten der 13-jährigen Alleinregierung der AKP vorläufig ein Ende. Die Provokationen und Hetzkampagnen in der Wahlperiode konnten ihre relative Wahlniederlage nicht verhindern. Nun setzt sie mit der militärischen Welle zur Rache an der kurdischen Bevölkerung an.

Die provisorische AKP-Regierung

Obwohl die AKP bisher keine Regierung bilden konnte, erteilte Erdoğan dem bisherigen AKP-Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu die Vollmacht, bis zur Gründung der neuen Regierung oder Neuwahlen eine provisorische Regierung zu bilden. Im Ministerkabinett der provisorischen Regierung befinden sich auch AKP-PolitikerInnen, die bei den Wahlen nicht zu Abgeordneten gewählt wurden. Am 1. Juli 2015 wurde Ismet Yilmaz von der AKP, ehemaliger Verteidigungsminister, mit der Unterstützung der ultrarechten MHP (Partei der nationalistischen Bewegung) zum 26. Präsidenten des türkischen Parlaments gewählt.

Die Koalitionsverhandlungen gestalten sich schwierig und Neuwahlen sind nicht auszuschließen.

So ist die kemalistische bürgerliche Partei CHP (Republikanische Volkspartei) der aktuell einzige Akteur, der mit der AKP Koalitionsgespräche führt. Die CHP hat für die Gründung einer Koalitionsregierung Bedingungen wie einen Kurswechsel in der Außenpolitik auf der Grundlage „diplomatischer“ Beziehungen zu Syrien, Ägypten und zur EU, den Rückzug von Erdoğan in sein Amt als Staatspräsident, die Fortsetzung des „Friedensprozesses“ im Parlament und die Änderung der putschistischen Verfassung von 1982 angekündigt. Sowohl der Westen als auch die türkische Bourgeoisie plädiert für die Gründung der türkischen GroKo. Doch die Bedingungen der CHP sind für Erdoğan kaum zu akzeptieren.

Gleichzeitig hat die ultrarechte MHP zwar die Aufgabe der Gründung einer Koalitionsregierung an CHP weitergeleitet, um nach den Worten des Vorsitzenden Devlet Bahçeli „die Arbeit der Hauptopposition im Parlament zu leisten“. Dennoch erfüllt sie seit zwei Monaten die Funktion des „Ersatzreifens“ der AKP. So stellte beispielsweise die CHP als Reaktion auf die militärische Offensive gegen die kurdische Bewegung den Antrag auf eine Untersuchungskomission für die „Terrorfälle“; dieser wurde in Kollaboration zwischen AKP und MHP nicht akzeptiert. Daher ist die Option einer Koalition zwischen AKP und MHP nicht ausgeschlossen, vor allem nicht nach der Aufkündigung des „Friedensprozesses“.

Der „Friedensprozess“ in der Sackgasse

Die Waffenruhe vom März 2013 war seitdem das zentrale politische Thema in der Türkei. Sie war ein konkretes Zugeständnis der PKK für den Beginn eines „Friedensprozesses“. Sowohl die türkische Bourgeoisie als auch die westlichen Imperialismen begrüßten die Initiative.

Doch die türkische herrschende Klasse bezweckte mit dem „Friedensprozess“ vor allem eins: die völlige Kapitulation der kurdischen Bewegung und die Befestigung der kurdischen Region als innere Kolonie, flankiert mit entsprechenden wirtschaftlichen und politischen Maßnahmen. Außenpolitisch bildete dieser Prozess für die Ausdehnung des türkischen Kapitals auf die Autonome Region Kurdistans und die Annäherung an die Europäische Union ein optimales Modell für die türkischen Regionalmachtbestrebungen.

Die Friedensrhetorik der türkischen Regierung der letzten zwei Jahre war daher ein Ablenkungsmanöver. Sobald Erdoğan und die AKP auch nur die geringste Gefahr für ihre Pläne wahrnahmen, schwenkten sie wieder auf eine aggressive militärische Rhetorik um, wie es nach den militärischen Erfolgen der KurdInnen gegen den „IS“ geschah: „Wir werden die Gründung eines neuen Staates an unserer Südgrenze in Nordsyrien nicht erlauben. Wir werden in dieser Hinsicht weiterkämpfen, was auch immer die Kosten sein sollten.“ Diese Hetzpropaganda war nicht nur gegen Rojava gerichtet, sondern auch gegen die „Demokratische Partei der Völker“ (HDP), die sich im Aufschwung befindet. Gemeinsam mit Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat Erdoğan auf Wahlkundgebungen der AKP gezielt gegen die HDP gehetzt, um den Einzug der HDP ins Parlament zu verhindern.

Dieser Versuch ist gescheitert. Nun sehen wir den nächsten Versuch mit tiefer Aggression: Die Kollaboration zwischen AKP und MHP entfaltet sich unter anderem in der Bekämpfung der HDP. Neben der Hetze in den Medien gibt es nun Ermittlungen gegen mehrere HDP-Abgeordnete und das Verbot der Partei ist aktuelles Thema. Diese Welle findet vor dem Hintergrund der Fortsetzung von Erdoğans Kurs der Bonapartisierung statt. Auf diese Gefahr hatten wir bereits vor den Wahlen hingewiesen: „Auch kann die HDP mit ihrem Parlamentskurs beispielsweise nicht verhindern, dass sich Erdoğan für seinen Bonapartisierungskurs an die MHP (Partei der nationalistischen Bewegung) wendet, die ihm den Weg durch weitere Angriffe auf ArbeiterInnen und KurdInnen ebnet.“

Die HDP und andere Kräfte der kurdischen Bewegung schüren indes trotzdem Illusionen, der türkische Staat sei mit einem „Frieden“ zu demokratisieren. Dieser nicht nur reformistische, sondern auch utopische Kurs orientiert sich an den „Sorgen“ der türkischen Bourgeoisie, um sich als fähiger Fahnenträger der „Demokratie und Stabilität“ zu beweisen. Beispielsweise hat sich die HDP in der Wahlperiode anlässlich der Streiks in der Metallindustrie, die die Regierung erschütterten, nur mit symbolischen Solidaritätserklärungen begnügt. Nach den Wahlen legte die HDP den Fokus auf die Ermutigung der CHP zur Beteiligung an der Koalitionsregierung. Mehr noch: Die HDP hat sich bereit erklärt, mit allen parlamentarischen Akteuren – auch mit der ultranationalistischen MHP – gemeinsam den bürgerlichen „Friedensprozess“ am Verhandlungstisch fortzusetzen. Auch das Treffen nach den Wahlen mit den VertreterInnen der „Vereinigung türkischer Industrieller und Geschäftsleute“ (TÜSIAD), welches für die Bewahrung der „Stabilität“ des Regimes organisiert wurde, erlaubt uns die passende Definition der HDP als „Partei der Versöhnung zwischen Herrschenden und Beherrschten“. Wie weit das von den Interessen der kurdischen Massen tatsächlich entfernt ist, zeigte Parteichef Demirtaş bei einem Interview am Sonntag: Die PKK forderte er zum wiederholten Male auf, die Waffen niederzulegen, an die Adresse der Regierung sagte er, der Staat solle „zwar nicht die Waffen niederlegen, aber den Finger vom Abzug nehmen“.

Der neu aufflammende Krieg gegen die PKK und die kurdische Bevölkerung zeigt aber wieder einmal, dass es keinen „demokratischen Frieden“ mit der türkischen Bourgeoisie und dem türkischen Besatzer-Staat geben kann, da es ihnen nicht im Geringsten um die Interessen der ArbeiterInnen und Unterdrückten geht. Im Gegenteil: In unsicheren Zeiten des Regimes wie heute sind sie die ersten Angriffspunkte des türkischen Staates. Letztendlich wurde der „Friedensprozess“ von Erdoğan aufgekündigt mit der Begründung: „Es ist unmöglich, mit denjenigen zu verhandeln, die unsere nationale Einheit und Brüderlichkeit angreifen.“

Die militärische Offensive und die Position des Westens

Am Abend des 24. Juli begann die militärische Offensive des türkischen Staates gegen die PKK, nachdem zwei Soldaten bei einem Anschlag auf einen Militärkonvoi im kurdischen Südosten der Türkei getötet wurden. F-16-Kampfflugzeuge bombardierten die Stellungen der PKK in den Kandil-Bergen in der Region im Nordosten des Iraks. Daraufhin erklärte die PKK: „Der Waffenstillstand ist angesichts des schweren Bombardements nicht mehr von Bedeutung“. Seitdem haben türkische Kampfflugzeuge hunderte Stellungen der PKK bombardiert. Laut den kurdischen „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG) bombardiert die türkische Armee auch die Stellungen der Kurden in Syrien. Am 1. August 2015 bombardierte die türkische Luftwaffe ZivilistInnen im Dorf Zergele im Kandilgebirge: 9 von ihnen sind durch Bombardements ermordet worden.

Die provisorische Regierung in Ankara hat gegenüber den Vereinten Nationen (UNO) ihre Offensive mit dem Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der UNO-Charta begründet. Offiziell richten sich die Angriffe auch gegen den „IS“, aber für die türkische Regierung ist das eigentliche Ziel die PKK. Am Dienstag, den 28. Juli, fand dazu ein außerordentliches NATO-Treffen statt. Dem Außenministerium in Ankara ging es dabei um die Beratung und Unterstützung der Militäraktionen. Die türkische Regierung berief sich auf den Artikel 4 des NATO-Vertrages, welcher die Beratungen eines NATO-Mitglieds im Falle einer Drohung der eigenen Sicherheit oder seines Territoriums vorsieht. Im Ergebnis gibt es zwar keine direkte militärische Unterstützung für die türkische Armee, aber dennoch internationale diplomatische Legitimation und politische Unterstützung.

Der NATO-Generalsekräter Jens Stoltenberg hat betont, dass „die Türkei das Recht hat, sich gegen Terroranschläge zu verteigen.“ Dabei warnte er Ankara davor, mit den Luftangriffen auf die Stellungen der PKK den „Friedensprozess“ in Gefahr zu bringen: „Es ist wichtig, dass die Maßnahmen verhältnismäßig sind und nicht in einer unnötigen Weise zu einer Eskalation des Konfliktes beitragen. Ein Terrorangriff darf nicht die Bemühungen um eine friedliche und politische Lösung behindern.“

Die mal direkte, mal indirekte Kollaboration der türkischen Regierung mit „IS“-Banditen konnte in der letzten Zeit nicht mehr verheimlicht werden. So warf der US-Präsident Barack Obama während des G7-Gipfels in Garmisch-Partenkirchen dem türkischen Staat Mängel bei der Überwachung ihrer Grenze zu Syrien vor. Nach dem Bombenanschlag in Suruç wurde die türkische provisorische Regierung gedrängt, eine offene Position gegenüber „IS“ zu nehmen. Die Türkei gehört zwar der von den USA geführten Allianz gegen IS an, dennoch hatte sie bislang die Nutzung des Stützpunktes Incirlik in der südöstlichen Stadt Adana für Luftangriffe gegen den „IS“ verweigert, da sie den „IS“ als Waffe zum Sturz des Assad-Regimes und der kurdischen Strukturen in Nordsyrien zu nutzen versucht hat. Doch dieser Kurs hat keine Unterstützung bekommen

So bedeutet der Angriff auf „IS“-Stellungen in Syrien nun ein Signal an die westlichen Kräfte. Schon im Vorfeld hatte der türkische Staat dem Nato-Partner USA erlaubt, den Stützpunkt Incirlik mit Flugzeugen und Kampfhubschraubern zu nutzen. Laut einem Bericht der New York Times haben sich USA und Türkei nun darauf geeinigt, im Norden Syriens entlang der Grenze zur Türkei eine 100 Kilometer lange „IS“-freie Zone durchzusetzen. Die Verhandlung enthält zwar keinen Einsatz der Bodentruppen, aber die oppositionellen Kräfte wie die „Freie Syrische Armee“ (FSA) werden dabei unterstützt.

Der türkische Staat zielt mit dieser Übereinkunft darauf ab, einerseits den Druck der westlichen Mächte aufzuheben, andererseits die Gründung eines unabhängigen kurdischen Staates an ihrer Südgrenze zu verhindern. Die internationale Unterstützung für die kurdische Bewegung in der Phase des Kampfes um Kobane, hatte die geopolitischen Interessen der türkischen Regierung in der Region konfrontiert. Die vom US-Imperialismus angeführte Allianz hatte sogar Teile der kurdischen Bewegung als Verbündeten wahrgenommen. Doch für die Türkei geht es auch bei der jetzigen Offensive nicht um den Kampf gegen IS, sondern hauptsächlich um die Bekämpfung der kurdischen Bewegung.

Die Position der deutschen Bundesregierung ist genauso heuchlerisch: Am Sonntag, den 26. Juli, erklärte Außenminister Frank-Walter Steinmeier sein „Verständnis“ für das militärische Vorgehen des türkischen Staates gegen die „Terrororganisationen“. Gleichzeitig betonte auch er die Notwendigkeit der Fortsetzung des „Friedensprozesses“ mit der kurdischen Bewegung. Allerdings befindet sich die PKK in Deutschland und den meisten europäischen Ländern weiterhin auf der Liste der „Terrororganisationen“. Der deutsche Staat kriminalisiert und verhaftet weiterhin kurdische AktivistInnen. Auch die deutsche Militärpräsenz in der Region sorgt für die Fortsetzung des Kriegs.

Die kurdische Bewegung engagiert sich um internationalen Anerkennung für ihren demokratischen Kampf. Doch der Imperialismus hat auch in diesem Konflikt blutige Hände: Die aktuelle militärische Offensive des türkischen Staates gegen die KurdInnen wird von NATO und EU legitimiert. Damit bestätigt sich wieder: Es gibt keinen Verlass auf den Imperialismus. Die Imperialismen, die seit 100 Jahren die Völker der Region ausplündern und unterdrücken, denken nur an ihre eigenen Interessen.

Was nun?

Nach der relativen Niederlage bei den Parlamentswahlen setzt Erdoğan auf Militarismus, da er seine Macht nicht freiwillig aufzugeben vorhat. Die kriegstreiberische provisorische AKP-Regierung dient daher zur Fortsetzung des Bonapartisierungskurses von Erdoğan. Unabhängig von möglichen Koalitions- oder Neuwahlszenarien ist eins deutlich: Diese provisorische Regierung ist illegitim!

Es ist Zeit, die verfassungsgebende Versammlung als zentrale Aufgabe auf die Tagesordnung zu setzen. Da die Bourgeoisie und die Regierung sich gegen jede demokratische Reform stellen, muss die verfassungsgebende Versammlung sich auf die Organisationen der ArbeiterInnen und Unterdrückten stützen. Die verfassungsgebende Versammlung muss neben dem sofortigen Ende der Kriegshandlungen, der Verurteilung von korrupten PolitikerInnen und BürokratInnen, Streichung der Auslandsschulden und Freilassung aller linken politischen Gefangenen, die grundlegenden sozialen Fragen der Bevölkerung wie demokratische Rechte der Minderheiten, der Frauen und der LGBTI-Menschen aufgreifen und sie verknüpfen mit der Verstaatlichung der Banken und Betriebe unter ArbeiterInnenkontrolle, der bedingungslosen Anerkennung des Selbstbestimmungsrecht der kurdischen Nation, der Landreform und industrieller Aufbau nach einem sozialistischen Plan der ArbeiterInnen und Bauernschaft.

Der versöhnlerische Kurs von HDP hat sich sehr schnell als widersprüchlich erwiesen: Die HDP orientiert sich hauptsächlich auf parlamentarische Bündnisse. Dieser Kurs, der auf die Balancierung von den Interessen der Bourgeoisie, der Regierung und der ArbeiterInnenklasse abzielt, ist zum Scheitern verurteilt. Der gegen Erdoğan gerichtete Slogan von Selahattin Demirtas, Co-Vorsitzende von HDP, „du wirst kein Präsident!“ hat keine Umsetzung in der Praxis. Die Vorstellung, Erdoğans Bonapartisierung einfach im Parlament zu brechen, erwies sich als illusorisch. Zwei Monate lang hat die HDP nur zugeschaut, um nicht als Fahnenträger des „Chaos“ bezeichnet zu werden.

Gegen den Kriegstreiber Erdoğan muss das sofortige Ende der militärischen Offensive durch die Mobilisierung der ArbeiterInnen und Unterdrückten in den Straßen, Betrieben und Schulen durchgesetzt werden. Die Gewerkschaften müssen aus dem langen Schlaf geweckt werden: Die versöhnlerischen GewerkschaftsbürokratInnen haben sich während der 13-jährigen arbeiterInnenfeindlichen AKP-Regierung als unfähig erwiesen, die Interessen der ArbeiterInnen zu verteidigen. Deshalb müssen die ArbeiterInnen und Linken sowohl in Gewerkschaften als auch in Betrieben die Kontrolle mit Selbstverwaltungskomitees übernehmen. Es muss ein politischer Generalstreik organisiert werden, um auf das Kriegsszenario von Erdoğan eine kräftige Antwort zu geben.

Die Gründung von Selbstverteidigungskomitees ist eine unabdingbare Aufgabe. Die „IS“-Banditen können sich heute noch problemlos frei bewegen. Um weitere Suruc zu vermeiden und den Kriegskurs von Erdoğan zu stoppen, müssen Selbstverteidigungskomitees gegründet werden. Doch diese Selbstverteidigungsstrukturen müssen im Vergleich zur Kampfstrategie der PKK in den Straßen, Universitäten und Betrieben etabliert werden. Die PKK hat zwar bewiesen, dass sie mit dem Kampf in den Bergen nicht einfach zu besiegen ist. Aber sie kann der türkischen Bourgeoisie die Macht nicht entziehen, auch wenn sie gut organisiert ist. Da der Guerillakampf ins Stocken geraten ist, hat die PKK ihre Ziele Schritt für Schritt aufgegeben: Es ist heute nur noch von der Demokratisierung des türkischen Staates die Rede. Sie hat als „ArbeiterInnenpartei“ keinen Bezug mehr auf die ArbeiterInnenklasse. Aber die ArbeiterInnenklasse ist mit ihren Kampfmethoden wie Streik und Besetzung die einzige Macht, die die Wirtschaft lahmlegen, den türkischen Staat in die Knie zwingen und in organisierter Form der Einheit mit den ArbeiterInnen und Unterdrückten der Region den Imperialismus räumen kann.

Gleichzeitig ist klar: Das Verbot der PKK und die Kriminalisierung der kurdischen AktivistInnen schwächen den Widerstand in Kurdistan. Die Militärpräsenz des deutschen Imperialismus in der Region verschärft die Kriegssituation. Die Waffenlieferungen an den türkischen Staat werden im Kampf gegen die kurdische Nation genutzt. Wir haben hierzulande die Aufgabe, den deutschen Imperialismus aus der Region zu räumen und mit Mobilisierungen das PKK-Verbot aufzuheben.

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