#WirsindInés: Angriff auf gewerkschaftliche Organisierung abwehren!
Die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften solidarisiert sich mit Inés Heider.
Anfang Juli wies die Schulsozialarbeiterin Inés Heider ihre Kolleg:innen in einer Rundmail auf eine Protestkundgebung gegen die Kürzungspolitik des Berliner Senats hin. Daraufhin wurde sie von ihrem Arbeitgeber, der Technischen Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (tjfbg), fristlos gekündigt. Neben dem Hinweis auf die Kundgebung hatte Inés auch auf die Notwendigkeit verwiesen, sich gegen die Kürzungspolitik gewerkschaftlich zu organisieren. Dafür sei auch die Gründung einer GEW-Betriebsgruppe sinnvoll. Auch wenn die Geschäftsführung eine eindeutige Begründung bisher schuldig geblieben ist, war dies vermutlich der ausschlaggebende Punkt für die Kündigung: Also der Versuch, eine aktive Gewerkschafterin loszuwerden und andere Mitarbeiter:innen einzuschüchtern — und laut Berichten anderer Beschäftigter war dies auch nicht das erste Mal, dass die Geschäftsführung Union Busting betreibt. Auch der erst im vergangenen Jahr gegründete Betriebsrat wurde von der Geschäftsführung bereits mehrfach in juristische Auseinandersetzungen verstrickt.
Inés’ Mail und ihre Vorschläge drehten sich dabei eigentlich um ein gemeinsames Interesse von Sozialarbeiter:innen, Erzieher:innen und Lehrer:innen. Jede dieser Berufsgruppen profitiert von einer besseren Betreuung der Schüler*innen an Berliner Schulen und besserer Finanzierung für Bildung und Soziales. Auch freie Träger wie die tjfbg, die in erster Linie Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen beschäftigt, können kein Interesse an Kürzungen in diesen Bereichen haben. Tatsächlich wurde aus anderen Trägern teils direkt für die Kundgebung am 5. Juli mobilisiert, auf die auch Inés hinwies
An dieser nahmen rund 500 Menschen teil, hunderte weitere riefen zu anderen Protestaktionen auf. Der Berliner Senat gab dem öffentlichen Druck nach und versprach mehr Geld für die Bezirke als zunächst angekündigt. Damit sind zwar weniger drastische Kürzungen zu erwarten, insgesamt verbessert sich die ohnehin schwierige Situation in sozialen Bereichen auch mit dem neuesten Haushaltsentwurf nicht.
Der Berliner Senat will zwar neue Stellen im öffentlichen Dienst schaffen – doch gemeint ist damit vor allem der Ausbau der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Der grundlegende Kurs, eher auf den Ausbau von Polizei und Militär zu setzen, statt auf Bildung und Soziales, wird dabei von der Bundesregierung vorgegeben: Diese will allein im kommenden Jahr 30 Milliarden Euro auf Bundesebene einsparen. Laut Berechnungen der staatlichen Förderbank KfW bräuchte es 45 Milliarden Euro für notwendige Investitionen in deutsche Schulen. Nicht einmal drei Prozent dieses Betrags werden tatsächlich von der Ampelkoalition bereitgestellt. Gleichzeitig soll zusätzlich zum 100 Milliarden Sondervermögen auch das jährliche Budget für die Bundeswehr erheblich erhöht werden.
Es werden also noch mehr Kürzungen auf dem Rücken von Arbeiter:innen und Jugendlichen auf uns zukommen – bundesweit und in Berlin. Um dieser Politik etwas entgegenzusetzen, braucht es eine starke gewerkschaftliche Organisierung und Streiks für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen.
Auch deswegen darf die Kündigung von Inés nicht einfach hingenommen werden. Als Mitglied der GEW Berlin hat sie sich auch immer wieder mit den streikenden Lehrer:innen solidarisiert, die seit Monaten für kleinere Klassen kämpfen. Sie setzt sich außerdem dafür ein, dass bei diesen Streiks auch Schulsozialarbeiter:innen und Erzieher:innen an Schulen mitaufgerufen werden – da sie ebenso unter den schlechten Arbeitsbedingungen leiden, wie Lehrer:innen.
Im Juni wurde bei einer Streikversammlung der GEW mit rund 1500 Kolleg:innen für einen Kampagnenplan der Lehrer:innen gestimmt, der mit längeren Streiks Druck auf den Berliner Senat machen soll. Das war ein wichtiger Schritt zur Stärkung und Ausweitung des Streiks.
Um diesen Kampf, ebenso wie die kommende Tarifrunde TV-L, möglichst stark anzugehen, sollte die GEW Berlin auch Angriffe auf einzelne Mitglieder ernst nehmen. Wenn der Kampf um kleinere Klassen nach den Schulferien gestärkt weitergehen soll, darf sie sich einen so drastischen Einschüchterungsversuch nicht gefallen lassen.
Kündigungen gegen aktive Gewerkschafter:innen gibt es immer wieder – aber der Fall von Inés zeigt, dass man sich dagegen wehren kann. Wenn wir uns gemeinsam hinter die Betroffenen stellen, können solche Angriffe auch zurückgeschlagen werden. Das zu organisieren, ist eine der wichtigsten Aufgaben von Gewerkschaften.
Die junge GEW hat dementsprechend eine Petition gegen die fristlose Kündigung ins Leben gerufen und eine öffentliche Kampagne zur Unterstützung von Inés begonnen. Die GEW Berlin hat zugesagt, Geld für Inés’ Anwalt bereitzustellen. Mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln könnte die GEW Berlin die Kampagne aber auch noch weitreichender unterstützen: Eine öffentliche Stellungnahme zu diesem Angriff auf gewerkschaftliche Organisierung, die Verbreitung der Petition unter allen Berliner Mitgliedern oder eine Kundgebung zu kommenden Gerichtsterminen wären nur einige der Optionen.
Alle, die sich gegen die Kürzungen in Berlin wehren und für bessere Bedingungen an den Schulen kämpfen wollen, sollten sich dafür auch in der Gewerkschaft organisieren – nicht nur Lehrer:innen, sondern auch Erzieher:innen, Sozialarbeiter:innen, Reinigungskräfte und alle anderen Beschäftigten der Schulen, egal ob ausgelagert oder nicht.
Mit dem Angriff auf Inés wird versucht, genau dieser Organisierung entgegenzuwirken. Lasst uns dagegen gemeinsam stehen! Wir fordern die Rücknahme der Kündigung seitens der Geschäftsführung der tjfbg! Inés soll weiter ihrer Arbeit nachgehen können. Den Neuköllner Jugendlichen, die ohnehin unter einer schlechten Ausstattung und Betreuung leiden, soll nicht von heute auf morgen eine weitere Bezugsperson entzogen werden.
Unterstützt die Kampagne, indem ihr die Petition der jungen GEW unterschreibt und mit dem Hashtag #WirsindInés weiterverbreitet. Spendet auch gerne, um Inés die Überbrückung der ersten Monate ohne Einkommen zu ermöglichen.