“Wir werden am Samstag kämpferisch auf die Straße gehen“

12.02.2016, Lesezeit 6 Min.
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Am Samstag, den 13. Februar 2016, findet zum 52. Mal die NATO-Sicherheitskonferenz in München statt. Baran Serhad, Mitglied der Revolutionären Internationalistischen Organisation sowie Waffen der Kritik München, erklärt im Interview, warum sich dagegen Protest formiert.

Kannst du uns kurz erklären, worum es bei der jetzigen Konferenz geht?

Wir demonstrieren gemeinsam mit unabhängigen Aktivist*innen und oppositionellen Gruppierungen aus ganz Deutschland und Europa erneut gegen die sogenannte „Sicherheitskonferenz“. Dieses Jahr findet diese Konferenz der Feinde der Arbeiter*innen und Unterdrückten in einer besonderen politischen Situation des Rechtsrucks statt: Eine politische Situation, geprägt vom militärischen Offensiven in Syrien und Mali, Angriffen auf demokratische Rechte und der rassistischen Abschottungspolitik gegen Geflüchtete. Diese Konferenz mit der Tagesordnung „die Lage in Syrien und Nahen Osten, Flüchtlingskrise in Europa und Terrorgefahr“ dient im Wesentlichen nur zur weiteren Planung der aktuellen außen- und innenpolitischen Angriffe.

Der deutsche Imperialismus trägt weltweit mit Waffenexporten, Militärinterventionen und finanzieller „Krisenpolitik“ eine große Verantwortung für die Ausbeutung und Unterdrückung der Menschen in der kapitalistischen Peripherie. Außenpolitisch rüstet Deutschland mit dem Einsatz von 1200 Soldat*innen und dem Abkommen mit dem mörderischen türkischen Regime über die Einsperrung der Geflüchteten auf. Innenpolitisch korrespondiert damit die Verschärfung des Asylrechts mit dem Asylpaket II. Der türkische Staatsterror gegen das unterdrückte kurdische Volk wird seit über sechs Monaten von EU materiell und politisch unterstützt. Die AKP-Regierung bekommt drei Milliarden Euro und Waffen, um die Geflüchteten vor der Reise in die EU-Länder abzuhalten. Eine imperialistische Taktik, um die reaktionären nationalen Grenzen wiederaufzubauen. Das Geld fließt aber tatsächlich in das Kriegsbudget in Nordkurdistan.

Der deutsche Imperialismus versucht die Arbeiter*innenklasse in die „einheimische“ und „ausländische, in „legale“ und „illegale“ zu spalten. Dagegen müssen wir die Losung vom Karl Marx heute wieder in den Vordergrund stellen: Die Arbeiter*innenklasse hat kein Vaterland!

Wir werden am Samstag kämpferisch auf die Straße gehen, um die verbrecherische Orientierung der imperialistischen Mächten zu denunzieren.

Welche Einschätzung hast du von der Lage in Syrien?

Zunächst müssen wir feststellen, dass der Krieg in Syrien in Europa angekommen ist: Erst mit einer massiven Welle von Geflüchteten, welche die reaktionären Grenzen des Europas des Kapitals (EU) de facto durchbrach, danach mit den Terroranschlägen des IS. Das Europa des Kapitals nutzte diese Entwicklungen, um ihrer Kriegs- und rassistischen Politik eine Legitimation zu verleihen.

Die imperialistische Aggression findet vor dem Hintergrund der Niederlagen der Protestbewegungen statt: „Der arabische Frühling“, der die diktatorischen Regimes in der gesamten Region stürzen wollte, befindet sich heute aufgrund der imperialistischen Interventionen und der Unterordnung der Arbeiter*innenklasse unter bürgerliche Führungen in einer konterrevolutionären Situation. Der Aufschwung des IS ist nur in diesem Kontext zu verstehen. Aber auch der Stellvertreter*innenkrieg in Syrien ist ein klares Beispiel dafür: Den syrischen Massen wurde von den Imperialismen und Regionalmächten die eigenständige politische Handlungsfähigkeit und Selbstbestimmung entzogen. Es werden immer wieder Konferenzen organisiert über das Schicksal von Syrien, um über das Schicksal der syrischen Bevölkerung zu bestimmen. Die syrische Bevölkerung dient nach den Interessen der Großmächte nur noch als Spielfiguren vor Ort.

Du hast davon gesprochen, dass in Europa ein Rechtsruck herrscht. Welche Verantwortung trägt dabei die neoreformistische Linke?

Der Rechtsruck hängt direkt mit der Niederlage des europäischen Neoreformismus zusammen, der das Europa des Kapitals „humanitär“ zu reformieren beabsichtigt hat. Die bekanntesten Akteure dieser Strömung sind Syriza und Podemos, die heute selbst hinter ihr ursprüngliches reformistisches Programm zurückgeworfen wurden. Sie haben keine progressiven Antworten auf die Abschottung- und Kriegspolitik. Syriza hat sich spätestens nach dem dritten Memorandum in eine „Austeritätsregierung“ verwandelt. Deshalb ist das Wiederauflammen der Generalstreiks gegen die Syriza-Regierung sehr wichtig.

Was sind die Perspektiven der Bekämpfung der „imperialistischen Offensive“ ?

Die Herrschenden befinden sich in einer aggressiven Offensive, die nicht nur mit symbolischen Hilfeleistungen für Geflüchtete oder routinierten Aktionen beantwortet werden können. Wir sind nun an dem Punkt gelandet, eine internationalistische Anti-Kriegs-Bewegung aufzubauen. Die kürzliche Gründung des bundesweiten Bündnisses „Jugend gegen Rassismus“ in Berlin bildet möglicherweise den Grundstein einer solchen Perspektive.

Das Kriegstreiben des Imperialismus bietet keine Lösung. Vielmehr vertieft es das Chaos in den Ländern, wo Krieg und Krise bereits herrschen. Der Imperialismus interessiert sich für die Ausplünderung der Region, nicht für die Lösung des Konflikts. Wir dürfen uns deshalb nicht nur auf Appelle beschränken, sondern müssen genau heute offensiver auftreten. Das heißt; Wir müssen uns in Aktionsfronten organisieren.

Um der Initiative „Jugend gegen Rassismus“ eine breite gesellschaftliche Unterstützung zu verleihen, müssen wir sagen:

„Wenn Jugendliche, Arbeiter*innen und Migrant*innen nicht wollen, dass ihre Rechte beschnitten werden, dass sie in ständiger Angst leben müssen oder dass sie oder ihre Angehörigen bei Anschlägen oder im Krieg sterben, müssen sie sich gegen die Pläne der Imperialist*innen organisieren. Wenn wir Massaker in Kurdistan beenden, Refugees willkommen heißen, den Militäreinsatz des deutschen Staates aus Syrien rauswerfen, deutsche Waffenexporte stoppen und keine Anschläge in Deutschland erleben wollen, müssen wir heute eine Anti-Kriegs-Bewegung aufbauen. Die Appelle zur Demokratisierung des deutschen Staates sind gescheitert – in Griechenland, in Syrien und überall. Es kommt darauf an, ihn aktiv zu bekämpfen.“

Dabei werden diese Komitees auch Selbstverteidigungsstrukturen entwickeln müssen, gegen die Repression des Staates und gegen die Angriffe von rechten Strukturen. Ich begrüße daher diese Initiative und lade alle Menschen, die der Kriegs-, Krisen-, und rassistischen Abschottungspolitik ein Ende setzen wollen, zur Aktionskonferenz in Berlin ein. Sie wird am 20. und 21. Februar stattfinden. Kommt zahlreich, um die Perspektiven für eine Antikriegsbewegung zu konkretisieren.

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