Wie weiter mit dem Streik?
// Ein Diskussionsbeitrag an die streikenden Kolleginnen und Kollegen von Neupack //
Seit über vier Monaten seid ihr schon im Kampf für eure Würde und gegen die Willkür der Krügers. Auch wenn euch das sicher schon häufiger gesagt wurde: Euch gebührt der allergrößte Respekt. Ihr seid dabei, mit eurem Streik Geschichte zu schreiben. Wie es letzte Woche im Streikzelt eine Kollegin ausdrückte: Euer Kampf ist ein Signal für alle Arbeiterinnen und Arbeiter in Deutschland.
Umso wichtiger ist es, dass ihr weiter kämpft, bis alle eure Forderungen, allen voran die nach einem Tarifvertrag und nach der sofortigen Einstellung aller Verfahren, Kündigungen etc. gegen Streikende, vollständig erfüllt sind. Wenn ihr euren Kampf gewinnt, ist dies ein Signal gegen schlechte Arbeitsbedingungen und ein Schritt hin zum Ende prekärer Beschäftigung, was weit über Neupack hinaus Ausstrahlung hätte. Wenn ihr verliert, ist es nicht nur eure Niederlage, sondern die aller Arbeitenden, denn die Bosse werden dem Vorgehen der Krügers folgen und andere Kolleginnen und Kollegen genauso bekämpfen, wir ihr es zur Zeit erlebt.
Ihr selbst wisst am besten, wie euer Kampf zu führen ist. Wir haben die große Wut auf die IG BCE-Führung wegen der “Flexi”-Taktik gesehen und sind der Meinung, dass ihr zurückkehren solltet zum Vollstreik und vor allem zu täglichen Versammlungen, wo ihr selbst diskutieren und entscheiden könnt, wann und unter welchen Bedingungen ihr streikt.
Letzte Woche zeigte Oliver Venzke, wie wenig die IG BCE-Führung auf eure Probleme und Forderungen hören möchte. Wenn sie sich weigern, das Instrument der Streikenden zu sein, müsst ihr den Streik eben selbst in die Hand nehmen. Dazu gehört auch, dass keine Verhandlungen hinter geschlossenen Türen ablaufen dürfen, sondern alle Informationen stets allen Streikenden zur Verfügung gestellt werden müssen. Sonst können Venzke und Co. ihren Informationsvorsprung ausspielen, um euch so zu verunsichern, wie es schon die “Flexi”-Verarsche mit euch gemacht hat.
Wir denken, dass es nötig ist, dass die Gewerkschaften wieder zu wahren Instrumenten des Kampfes der Beschäftigten werden. Dazu gehört aber auch eine politische Auseinandersetzung mit und letztlich auch gegen jene Gewerkschaftsführungen, die die Interessen der Beschäftigten auf dem Altar der Sozialpartnerschaft und Standardlogik opfern. Denn so wie die IG BCE aus Hannover bei Neupack handelt, so passierte es in der Vergangenheit immer wieder. Wir wissen nur zu gut, wie viele Errungenschaften verloren gegangen sind, weil unsere Gewerkschaften im „Interesse Deutschlands“, nicht im Interesse der Beschäftigten handeln. Solange die Gewerkschaften solche Führungen haben, ist aber leider auch nichts anderes zu erwarten. Einen Kurswechsel kann es nur geben, wenn ihr euren Streik und eure Gewerkschaft selbst übernehmt.
Wir wollen alles tun, um euch in diesem Kampf zu unterstützen. Wir sind beeindruckt von der Arbeit, die der Soli-Kreis in Hamburg in den letzten Monaten geleistet hat, und wir wollen noch einen Schritt weiter gehen, um euren Kampf noch bekannter zu machen: Wir gründen an diesem Freitag, den 22. März, gemeinsam mit anderen linken und gewerkschaftlichen Gruppen in Berlin einen Berliner Neupack-Soli-Kreis. Wir würden uns freuen, wenn so viele Streikende und Unterstützende wie möglich mit nach Berlin kommen würden, um vom Streik zu berichten.
Perspektivisch halten wir es auch für notwendig, die Streikerfahrungen, die in den letzten Jahren in Deutschland gemacht wurden, zusammenzuführen bei einem Treffen aller kämpferischen Belegschaften. Auf der Ebene der Gewerkschaftsapparate hat es solche Treffen schon gegeben; doch wir denken, dass die Streikenden selbst sich stärker untereinander austauschen müssen. So könntet ihr die Erfahrungen, die ihr gerade in eurem Streik macht, an die kämpferischen Belegschaften in Deutschland weitergeben, um gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, damit die Bosse, und nicht die Beschäftigten, die Lasten der Krise tragen.
Diesen Flyer verteilen Genossen von RIO bei den streikenden KollegInnen vor Ort.