Wie kann unser Streik erfolgreich sein? – Perspektiven zum Streik der studentischen Beschäftigten

12.10.2017, Lesezeit 8 Min.
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Ab dem ersten Januar werden wir als studentische Beschäftigte streikfähig sein. Bis zum Januar müssen wir uns kräftig weiter organisieren und mobilisieren. Aber wie kann unser Streik tatsächlich erfolgreich sein? Einige Gedanken von einem Kollegen an seine Mitstreiter*innen.

Nachdem die Verhandlungen aufgrund der nicht ernst zu nehmenden Angebote der Hochschulen gescheitert sind, haben wir uns endlich entschieden, den Tarifvertrag zu kündigen. Wir werden ab dem 1.Januar aus der Friedenspflicht raus sein und dementsprechend streiken können. Das letzte Jahr hat uns gelehrt, dass die einzelnen Aktionen und Mobilisierungen nicht stark/weitreichend genug sind, um genügend Druck auf die Hochschulen auszuüben. Sie müssen mit richtigen Arbeitskampfmaßnahmen verknüpft sein, nämlich mit Streiks.

Nun haben wir endlich die richtige Entscheidung getroffen. Die aktuelle Aufgabe ist es, sie zu verwirklichen. Der Erfolg des Streiks hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab.

Mobilisierung der Basis: dezentrale Streikstrukturen

Die Schlagkraft des Streiks wird vor allem davon abhängen, wie viele studentische Kolleg*innen wir zu dem Streik mobilisieren können. Viele von denen haben schon von der Tarifkampagne mitbekommen oder sind einigermaßen informiert. Sie müssen aber noch aktiviert werden. Mit unserer Mitgliedschaftskampagne haben wir über 1.000 neue Kolleg*innen gewerkschaftlich organisiert: ein großer Erfolg. Aber für einen schlagkräftigen Streik brauchen wir viel mehr studentische Beschäftigte, die sich der Kampagne anschließen.

Wir haben bisher durch unsere Aktionen und begrenzten Bürorundgänge, die von unseren lokalen Strukturen – die sogenannten „dezentralen Treffen“ – eine gewisse Organisierung erreicht. Jetzt brauchen wir aber einen Sprung. Vor allem vor dem Hintergrund, dass wir den Tarifvertrag gekündigt haben und die Organisierung des Streiks ein konkretes Ziel ist. Dieses neue Momentum müssen wir mit neuen Kampfstrukturen und Angeboten verstärken. Eine Möglichkeit dafür wäre, an allen Hochschulen zu Streikkomitees bzw. Streikgruppen aufzurufen. Diese Strukturen würden die organisatorische Form der Basis repräsentieren. Der Unterschied zu den alten Strukturen wäre, dass die Streikkomitees eine ganz konkrete Aufgabe und Funktion haben, nämlich den Streik auf die Beine zu stellen. Sie sollen die Strukturen sein, die den Streik durch intensive dezentrale Organisierungsarbeit und Aktionen vorbereiten.

Vielleicht wird die größte Aufgabe solcher Strukturen darin liegen, dass sie allererst die „sensiblen“ Bereiche festlegen, also die Bereiche, die einen besonderen Fokus brauchen. Diese Bereiche müssen so gewählt werden, dass ein Streik dort aufgrund ihrer Funktion im Unialltag durch intensive Mobilisierung wirkliche „Schäden“ anrichten kann und das sie am Streiktag von vielen Menschen besucht werden, sodass viele von dem Streik mitbekommen. Die Beschäftigten würden damit sehen, dass es bei der Kampagne jetzt ein ganz konkretes Ziel und dementsprechend ein ganz konkretes Angebot gibt. Bei diesen Strukturen soll es nicht nur um organisatorische Aufgaben gehen, sondern auch um die Strategie und die Taktiken des Arbeitskampfes, die Möglichkeiten der Verbindungen zu anderen Kämpfen, sowie andere Probleme der Beschäftigten und Studierenden.

Sie müssen für alle studentische Beschäftigten – gewerkschaftlich organisiert oder nicht und natürlich mit der sofortigen Möglichkeit sich direkt zu organisieren –, Studierende und andere Beschäftigte der Universität offen sein, damit die Kampagne von jeder möglichen Unterstützung und Diskussion profitieren kann.

Solidarität mit anderen Beschäftigten und gegenseitige Unterstützung

An den Hochschulen gibt es viele verschiedene Beschäftigtengruppen: Hilfskräfte, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, nichtwissenschaftliche Mitarbeiter*innen und viele mehr. Ein Streik der studentischen Beschäftigten wird auch die Möglichkeit eröffnen, dass alle anderen Beschäftigten ihre Forderungen und Probleme im Rahmen dieses Arbeitskampfes an die Öffentlichkeit bringen. Auch wenn die Forderungen und Probleme in unterschiedlichen Formen und Stärken auftauchen, haben sie einen gemeinsamen Nenner. Sie alle sind nur unterschiedliche Ausdrücke der fortschreitenden Prekarisierung, von Lohndumping und Unterfinanzierung der Hochschulen. Die gegenseitige Solidarität, Unterstützung und Zusammenarbeit der Kolleg*innen, die in demselben Betrieb arbeiten, ist im Interesse aller Beschäftigten der Hochschulen.

Hier können die dezentralen Streikkomitees, die für alle Beschäftigten offen sind, eine sehr wichtige Rolle spielen. Erstens würden sie uns erlauben, dass wir auch praktisch zeigen können, dass die studentischen Beschäftigten in ihrem Kampf von allen Seiten Unterstützung bekommen, zweitens, dass wir tatsächlich mehr Ressourcen für die Vorbereitung des Streiks haben, und drittens, dass durch so eine Organisierungsform, in der sich alle Beschäftigten zusammenfinden und ihre Erfahrungen austauschen, einen riesigen Druck auf die Hochschulen ausüben können.

Unterstützung der Studierenden

Die Studierenden werden von einem Streik der studentischen Beschäftigten am meisten betroffen sein. Wir müssen ihnen deshalb zeigen, dass sie auch von einem Erfolg des Streiks profitieren werden. Sogar auf mehreren Ebenen.

Die Arbeitsbedingungen von studentischen Beschäftigten sind die Lernbedingungen von Studierenden. Viele der Forderungen der Tarifkampagne thematisieren zum Beispiel die Belastung von Tutor*innen. Überbesuchte Tutorien sind nicht nur eine Belastung für die jeweiligen Tutor*innen, sondern auch eine problematische Lernatmosphäre für die Studierenden.

Rund 70 Prozent der Studierenden arbeiten neben ihrem Studium, um ihr Leben finanzieren zu können. Ein erheblicher Teil von ihnen arbeitet als studentische Hilfskraft, auch wenn nicht immer an den Hochschulen. Doch die studentischen Beschäftigten außerhalb der Universitäten haben meistens keinen eigenen Tarifvertrag sondern Werkverträge, die sich an dem TVStud II orientieren. Eine Erhöhung des Lohns durch einen TVStud III würde wahrscheinlich für viele Studierende mit Werkverträgen auch eine Lohnerhöhung bedeuten. Aber auch wenn viele Studierende derzeit keine studentischen Beschäftigten sind, werden sie vielleicht im Laufe ihres Studiums eine*r sein und so direkt von der Lohnerhöhung profitieren.

Diese Argumente sind ein guter Anfang, Studierende dazu zu bringen, den Arbeitskampf zu unterstützen. Aber der Knackpunkt liegt darin, dass wir die Verbindung auch von der anderen Seite her herstellen: auch wir sind Studierende und von den selben Problemen betroffen wie alle anderen. Wenn wir auch die Probleme der Studierenden bei unserem Kampf ansprechen, gewinnen wir die gesamte Studierendenschaft.

Studentische Vollversammlungen können dabei eine sehr große Rolle spielen, um diese Verbindung herzustellen. Mit der Unterstützung von ASten und studentischen Gruppen können wir zu Vollversammlungen aufrufen und unsere Forderungen und Willen für einen gemeinsamen Kampf mit der gesamten Studierendenschaft zeigen. Wir müssen sagen: „Dieser Kampf ist nicht gegen euch, sondern er geht nur mit euch!“

Deswegen ist es auch sehr wichtig, dass die dezentrale Streikgruppen Themen ansprechen und bespielen, die alle Studierenden betreffen. Wir müssen es schaffen, dass sich so viele Studierende wie möglich an unseren dezentralen Streikstrukturen beteiligen und für unsere Forderungen, aber auch mit ihren eigenen Forderungen, gemeinsam mit uns kämpfen.

Nach dem Streik ist vor dem Streik

Der Streik ist nicht die ultimative letzte Arbeitskampfmethode, sondern der erste Schritt, um überhaupt mit dem Kampf zu beginnen. Wir müssen uns keine Illusionen machen, dass der erste Streik, den wir auf die Beine stellen, die Hochschulen dazu bringen wird, alle unseren Forderungen zu akzeptieren. Wir müssen trotzdem alle unsere Kraft reinstecken, dass er so groß wie möglich wird.

Manche würden auch den Streik die beste Mobilisierungsmethode nennen. Dabei haben sie nicht Unrecht. Was kann denselben Effekt wie ein Streik haben, bei dem man massenhaft auf die Straße geht, sensible Bereiche stört und damit viele Kolleg*innen und die Öffentlichkeit erreicht?

Deswegen müssen wir die Streiktage auch als zentrale Mobilisierungstage sehen und möglichst viele Kolleg*innen aus ihren Arbeitsplätzen rausholen und zum Streik einladen. Dadurch würden wir mit jedem Streiktag kräftiger sein und mehr werden.

Der Streik öffnet unserem Kampf eine neue Tür. Eine Tür, die uns die Möglichkeit gibt, unseren Sieg zu sehen. Jetzt müssen wir nur durchgehen – mit so vielen Unterstützer*innen wie möglich.

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