Wie kämpfen wir gegen Waffenlieferungen? Eine Diskussion mit Arbeitern aus Genua und Hamburg

10.07.2024, Lesezeit 6 Min.
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Bild: Waffen der Kritik

Am 30.06. haben wir eine Diskussionveranstaltung mit Hafenarbeitern gemeinsam mit der SAV ausgerichtet. Wir wollen von den dortigen Diskussionen berichten.

Im Rahmen der laufenden Tarifrunde in den deutschen Seehäfen fand an der Universität Bremen eine Veranstaltung mit zwei Hafenarbeitern aus Hamburg, einem Hafenarbeiter aus Genua, sowie der SAV und Klasse Gegen Klasse / Waffen der Kritik statt. Zentrales Thema war der Kampf gegen Waffenlieferungen, die sowohl in Genua als auch in Hamburg verschifft werden. Hafenarbeiter:innen in Genua hatten diese in der Vergangenheit immer wieder blockiert.

Die Veranstaltung eröffnet hat Sebastian Rave für die SAV. Zentrales Thema seines Inputs waren die Verschiebung der Weltlage hin zu einem “neuen kalten Krieg” mit den aufeinandertreffenden Machtblöcken, zum einen rund um die USA und zum anderen rund um China. Wir in Deutschland hätten eine wichtige Rolle im aktuell laufenden Genozid in Gaza, da Deutschland einer der zentralen Waffenlieferanten an Israel sei.

Anschließend hat Christian, bei ver.di organisierter Hafenarbeiter aus Hamburg gesprochen. Er hat betont, dass es etwas Besonderes sei, dass es aktuell Streiks im Hafen gibt, da die letzte Tarifrunde 2022 die erste seit 40 Jahren war, in der auch tatsächlich gestreikt wurde. Deshalb sei es wichtig, diese jetzt gut zu nutzen. Ein weiteres sehr besonderes Ereignis war der wilde Streik letztes Jahr gegen die Privatisierung der HHLA von MSC. Dieser war für sich sehr gut, war aber zu schlecht vorbereitet, weshalb er sich nicht gut verbreiten konnte. Um aus dem wilden Streik bestmöglich zu lernen und die Tarifrunde bestmöglich zu nutzen sei es notwendig, die Gewerkschaftsstrukturen zu demokratisieren. Von den Kolleg:innen in Genua könne man viel lernen, es sei jedoch noch viel Arbeit notwendig, um Blockaden von Waffenlieferungen im Hamburger Hafen durchführen zu können.

Als drittes hat José vom Hafenarbeiter:innenkollektiv CALP gesprochen. Er kann aus einer Erfahrung von 17 Jahren als Hafenarbeiter und 10 Jahren Organisation bei CALP berichten. CALP organisiert alle Hafenarbeiter:innen im Hafen von Genua unternehmensübergreifend. In den 2000ern wurde das erste Mal beobachtet, dass Waffenlieferungen aus Genua nach Saudi-Arabien verschifft wurden, die auch von dort aus bestreikt wurden. Auch Waffenexporte nach Israel wurden schon bestreikt. José hat insbesondere betont, dass es einen Zusammenhang zwischen Militarisierung und Waffenexporten gibt und damit verbundene soziale Kürzungen, der Krieg würde “exportiert werden, kommt aber auch wieder zurück”. Eine sehr zentrale Aktion war die Hafenblockade gegen Waffenlieferungen am 25. Februar 2023, bei der der komplette Hafen blockiert wurde. Zentral für deren Gelingen war, dass sich nicht nur Hafenarbeiter:innen beteiligt haben, sondern auch Student:innen und solidarische Aktivist:innen. In deren Folge gab es auch viel Repression, es gab Razzien von der politischen Polizei Italiens, auch unter anderem bei 5 Mitgliedern von CALP gab es Hausdurchsuchungen. Dies zeige jedoch, wie diese Organisierung als Gefahr angesehen werde von der herrschenden Klasse, und der Druck gerade deshalb nicht verringert werden sollte.

Anschließend hat Deniz gesprochen, auch Hafenarbeiter aus Hamburg und bei ver.di organisiert. Sein zentrales Thema war die Hürde, überhaupt erstmal anfängliches Klassenbewusstsein zu vermitteln. Dazu komme, dass es mittlerweile leider auch rechte Umtriebe am Hafen gebe. Bei Diskussionsveranstaltungen gebe es vereinzelte Stimmen, die sich beschweren würden, warum die AfD von ver.di nicht eingeladen werde und auch bei einer der letzten Streikdemonstrationen seien offenkundig Rechte aufgetaucht. 

Den letzten Punkt hat Esther Klein, Klasse Gegen Klasse Redakteurin und Mitglied von Waffen der Kritik, gegeben. Sie betonte die Notwendigkeit die Hafenstreiks im Zusammenhang mit dem Kampf gegen Waffenlieferungen, gegen soziale Kürzungen, den Rechtsruck und die Privatisierung von MSC zu politisieren. Dabei sei es nicht nur wichtig, einen scharfen Kampf gegen die Arbeitgeber:innen zu führen, sondern auch gegen die auf Kompromisse schielende ver.di Führung. Um den Kampf bestmöglich zu führen, sei es notwendig, dass sämtliche Delegierten in den Tarifkommissionen an ein imperatives Mandat gebunden werden und dass die Streikstrategie in breiten Versammlungen diskutiert werde. Außerdem müssten die Geschäftsbücher des Hafens offengelegt werden, damit die Hafenarbeiter:innen direkt entscheiden können, was sie verschiffen und was nicht. Im Schluss ihres Inputs ging sie noch darauf ein, dass es eine zentrale Aufgabe der Palästinakomitees der Universitäten in Bremen und Hamburg sein muss, die Streiks zu unterstützen.

Nach den Inputs gab es noch eine sehr angeregte Diskussion mit besonders vielen Fragen an die drei Hafenarbeiter. José bekam die Chance, über die lange Geschichte des Antifaschismus in Genua zu sprechen. Besonders bewegend war, als Christian davon sprach, dass er den Kampf im Hafen auch führt, um seinen Kindern eine bessere Welt zu hinterlassen. Eine Kollegin von Mercedes Wörth hat aus dem Publikum ihre Solidarität mit dem Hafen ausgesprochen und hat erklärt, wie die Zeitenwende auch Arbeiter:innen bei Mercedes betrifft, da dort verstärkt gepanzerte Fahrzeuge produziert werden. 

In der Abschlussrunde betonten alle noch einmal die Wichtigkeit der aktuellen Tarifrunde für die Politisierung im Hafen Hamburgs. Esther hob hervor, dass man gegen Krieg und Genozid Waffen blockieren müsse, und dies früher oder später auch passieren würde. Deniz forderte, dass es eigentlich einen Generalstreik brauche, wobei es unklar sei, wie man zu diesem gelange. Er beendete die Veranstaltung mit den kräftigen Ausrufen “Fuck Nazis” und “Free Palestine”.

Lasst uns als Studierende und Beschäftigte im Sinne dieser Veranstaltung die Hafenarbeiter:innen in ihrem Arbeitskampf nicht nur für mehr Lohn, sondern auch gegen die Teilprivatisierung des Hafens unterstützen und die Frage der Blockade von Waffenlieferungen hineintragen.

Als marxistische Hochschulgruppe Waffen der Kritik kämpfen wir für eine Zeitenwende in unserem Sinne gegen die Kapitalist:innen und ihre Regierungen. Anhand der marxistischen Theorie und den Erfahrungen der Arbeiter:innenklasse wollen wir als Studierende einen Beitrag im Klassenkampf leisten. Wir haben eine Welt zu gewinnen – ohne Klassen und Staat, eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Wir sind aktiv in Berlin, Bremen, Kassel, Leipzig, Münster, München und haben Genoss:innen in verschiedenen weiteren Städten. Schreibe uns, wenn du dich in Waffen der Kritik organisieren willst, per Mail oder auf Instagram. Hier kannst du mehr über uns erfahren.

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