„Wenn du es hier nicht schaffst, geh in die Türkei und lebe dort.“
Rassismus beim Amt für Wohnen und Migration. Per Mail wurde unserer Redaktion dieser Bericht eines rassistischen Vorfalls beim Amt für Wohnen und Migration zugesandt, mit der Bitte, ihn zu veröffentlichen. Wenn ihr ähnliches erlebt habt, kontaktiert uns gerne!
Am 22. Dezember 2022 rief ich beim Amt für Wohnen und Migration unter der Nummer 0 an. Das Gespräch dauerte 25 Minuten lang. Eine Frau nahm den Hörer ab. Ich habe sie gefragt, warum ich einen Bescheid mit 90 Punkten erhalten habe. Vorher hatte ich 100 Punkte und auch diesem habe ich ja widersprochen. Die Angestellte fragte mich, ob ich Türke sei. Ich sagte, dass ich Kurde bin und türkisch kann und fügte hinzu, dass türkisch besser für mich ist. Die Angestellte sagte, dass sie uns 100 Punkte gegeben haben, weil meine Frau schwanger war, und jetzt, wo das Kind geboren ist, haben sie 90 Punkte gegeben. Sie sagte, dass es nicht zu ändern sei.
Ich erwiderte ihr, dass sie meine Frage falsch beantwortet hatte und dass der Grund für den Anstieg meiner Punktzahl darin lag, dass ich vor zwei Jahren einen Gehirntumor hatte.
Sie hat mich gefragt, in wie vielen Zimmern ich wohne? Ich erzählte ihr, dass ich in einem Haus mit zwei Zimmern wohne, meine Frau und meine Kinder im selben Bett schlafen und ich auf dem Boden im Wohnzimmer schlafe. Ich wurde schwer operiert, der Tumor war drei Zentimeter groß. Mein Arzt sagte, es sei ein Makrotumor, er sei entfernt worden, aber die Wurzel sei geblieben. Ich soll jedes Jahr eine MRT und eine Tomographie machen und der Verbleib sollte weiterhin beobachtet werden, ob er wachse oder nicht, oder ob er langsam wachse. Letztendlich soll ich mich von Stress fernhalten.
Mein kleiner Sohn wurde operiert und meine Frau knirscht mit den Zähnen nachts. Sie ist deswegen in Behandlung. Ich habe der Dame am Telefon erzählt, dass meine jüngste Tochter oft an Polypen erkrankt ist. Ich sagte, dass die Ignoranz und das Nichtstun des Amtes, wie eine Folter ist. Ich habe ihnen bereits Dutzende von Arztberichten geschickt. Außerdem fragte ich sie, wer sie liest und wer sie auswertet, ob es Ärzte seien oder einfache Mitarbeiter? Die Angestellte sagte mir, dass die Mitarbeiter sie lesen und bewerten. Sie fügte hinzu, dass ich ihr beweisen soll, dass ich einen Gehirntumor habe. Daraufhin wiederholte ich, dass das in den bereits eingesendeten Akten steht. Man müsste sie einfach nur noch anschauen. Jedoch war all dies ohne Erfolg. Also fragte ich sie, wie ich meine Situation sonst noch beweisen könne, ich war fassungslos. Die Angestellte sagte mir, ich solle ins Internet gehen, die Kontaktformulare aufrufen und dort beantragen. Ich sagte, ich verstehe nicht und ich habe Schwierigkeiten, online Anträge auszufüllen. Daher soll sie mir bitte einen Brief senden. Ich sagte, es ist besser für mich, ich verstehe nicht viel im Internet, ich werde sehr schnell müde.
Die Angestellte sagte: „Wenn du es hier nicht schaffst, geh in die Türkei und lebe dort.“
Ich war fassungslos und sagte, dass sie beleidigend und rassistisch sei, dass sie mir die Worte der Nazis sagt. Die Angestellte wiederholte noch einmal, dass ich, wenn ich es nicht schaffe, in die Türkei gehen und dort leben sollte.
Daraufhin sagte ich, dass ich Kurde bin und fragte, warum ich in der Türkei leben sollte, wenn ich hier leben will. Ich habe gesagt, sie macht Propaganda für Rassismus, Faschisten und Nazis. Ich spürte, wie die Sprecher:in in Panik geriet. Sie lag auf. Die Situation fügte mir solchen mentalen und emotionalen Schmerz zu, dass ich immer noch nicht ganz bei Sinnen bin. Ich wurde von einer türkischen Frau aus dem Amt rassistisch beleidigt. Rassismus ist ein Verbrechen. Ich warte bis heute auf eine Erklärung.
Update: Auf Druck der:des Autor:in, hat sich inzwischen das Amt gemeldet und vom Vorfall distanziert. Das Amt kündigte auch eine interne Untersuchung des Vorfalles an. Doch können wir uns weder in diesem Fall noch sonst auf die Selbstkontrolle staatlicher Institutionen verlassen. Falls ihr ähnliches erlebt habt, kontaktiert uns, damit wir es öffentlich machen können.