Weltweite Unterstützung für den Kampf der „Löwinnen von PepsiCo“
Der US-amerikanische Lebensmittelkonzern schließt eine Fabrik in Argentinien. Dagegen wehrt sich die Belegschaft – und bekommt Unterstützung von tausenden Menschen aus der ganzen Welt.
Am Dienstagabend zogen tausende Menschen durch Buenos Aires. „Wir sind alle PepsiCo!“, riefen sie. Eine bizarre Werbeveranstaltung? Nein, das genaue Gegenteil. Es handelte sich um eine Demonstration gegen die Schließung einer PepsiCo-Fabrik im Industriegürtel nördlich der Stadt (Zona Norte). Die Zeitungen berichteten von 5000 Teilnehmer*innen – die Organisatoren von bis zu 30 000.
Die Schließung betrifft die Arbeitsplätze von 691 Menschen, unter ihnen viele Frauen. Am Ende der Demonstration errichteten Arbeiter*innen auf dem Platz vor dem Nationalen Kongress ein riesiges Zelt. Es soll „den Konflikt und die herrschende Ungerechtigkeit sichtbar machen“, so eine Stellungnahme. Man wolle „nie wieder Familien auf der Straße“ sehen.
Die Auseinandersetzung hatte am 20. Juni begonnen, als die Belegschaft zur Frühschicht kam und ein Schild am Werkstor vorfand, das die sofortige Schließung der Fabrik verkündete. PepsiCo will ein neues Werk in Mar de Plata, über 400 Kilometer südlich von Buenos Aires, aufbauen. Nur 155 Arbeiter*innen dürfen dorthin mitkommen, wenn sie zum „Umzug“ bereit sind.
Als Begründung für die Schließung nannte der Konzern zu hohe Produktionskosten in der Hauptstadt. Doch PepsiCo machte 2016 weltweite Gewinne von 10,3 Milliarden US-Dollar, davon acht Prozent in Argentinien. „Sie behaupten, dass sie in einer wirtschaftlichen Krise stecken“, sagte Leandro Gómez, einer der entlassenen Arbeiter*innen, gegenüber der Zeitung La Nación. „Aber das ist eine Lüge, denn momentan fliegen sie Kartoffelchips aus ihren Werken in Chile ein.“
Wahrscheinlicher ist, dass es PepsiCo darum geht, einen kämpferischen Betriebsrat loszuwerden. Denn die Zona Norte von Buenos Aires ist das Epizentrum einer starken gewerkschaftlichen Basisbewegung, die auf demokratische Versammlungen und direkte Aktionen setzt. Die Arbeiter*innen von PepsiCo stehen seit Jahren in der ersten Reihe, wenn die Panamericana-Autobahn blockiert wird. Deswegen sind sie auch als „die Löwinnen von PepsiCo“ bekannt.
Die Gewerkschaft der Lebensmittelbranche unter Führung von Rodolfo Daer – ein mafiöser Bürokrat, wie er im Buche steht – hatte die Schließung sofort akzeptiert. Die betroffenen Arbeiter*innen bezeichneten das als Verrat und beschlossen wenige Tage nach der Schließung, das Werk zu besetzen.
Am 13. Juli dann räumten 500 Polizisten die Fabrik mit Gummigeschossen und Tränengas. Paradoxerweise urteilte nur zwei Stunden später das nationale Arbeitsgericht, dass die Schließung gegen argentinisches Arbeitsrecht verstößt. Alle Beschäftigten seien wiedereinzustellen, so das Gericht – aber bisher ist das nicht passiert.
Der Arbeitskampf ist indes zu einem Politikum geworden. Wahlen stehen im Oktober an und in der Auseinandersetzung um PepsiCo äußert sich die Unzufriedenheit mit Entlassungen sowie Kürzungen unter der neoliberalen Regierung von Mauricio Macri. Doch auch die Mitte-Links-Opposition unter der Führung von Ex-Präsidentin Cristina Kirchner kann schwer davon profitieren – in einer sehr ähnlichen Situation in der benachbarten Lebensmittelfabrik von Kraft im Jahr 2009 hatte Kirchner ebenfalls eine gewaltsame Räumung angeordnet. Es ist die Front der Linken und Arbeiter*innen (FIT), ein trotzkistisches Wahlbündnis mit mehreren Parlamentsabgeordneten, die sich an die Spitze dieses Kampfes stellt.
Zu den Unterstützern der PepsiCo-Arbeiter*innen gehört auch die feministische Bewegung NiUnaMenos (NichtEineWeniger). Am 8. März dieses Jahres waren PepsiCo-Beschäftigte in einen Streik gegen Sexismus getreten.
Bei PepsiCo sind viele alleinstehende Frauen, die mit ihrem Einkommen einen ganzen Haushalt versorgen müssen. „Wir sind alleinstehende Mütter und unsere Körper sind nach Jahren der immer gleichen schweren Tätigkeiten kaputt“, sagte die Arbeiterin Natalia im Gespräch mit der Onlinezeitung LaIzquierdaDiario. „Wo werden wir noch Arbeit bekommen mit solchen Gesundheitsproblemen?“
Ein Aufruf zur Unterstützung wird zudem vom britischen Filmemacher Ken Loach und Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel unterstützt. Aus Deutschland hat unter anderem der Bundestagsabgeordnete Niema Movassat (Linke) den Appell unterschrieben.
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