Was Trumps Protektionismus für Deutschland bedeutet
Am Montag waren Trumps Äußerungen über die Europäische Union auf den Titelseiten der wichtigsten internationalen Zeitungen zu lesen. Seine Erklärungen gegenüber Deutschland waren besonders aggressiv. Aber wird er diesen Erklärungen auch Taten folgen lassen, wenn er an der Macht ist?
Trump sprach mit zwei Zeitungen über europäische Fragen: die britische The Times, vertreten durch den ehemaligen konservativen Minister Michael Gove, und die Bild, deren fremdenfeindliche und nationalistische Positionen berühmt-berüchtigt sind. In diesem Interview machte Trump erstmal eine ganze Reihe rassistische Aussagen zu Geflüchteten.
Für Trump ist die angebliche „Willkommenspolitik“ von Angela Merkel in Wirklichkeit ein „äußert katastrophaler Fehler“: „Ich finde, [Merkel] hat einen äußerst katastrophalen Fehler gemacht, und zwar, all diese Illegalen, also diese Leute von wo auch immer aufzunehmen, und niemand weiß überhaupt, wo die alle herkamen.“ Später sagte er zynisch: „Die Leute wollen nicht, dass andere Leute in ihr Land kommen und es zerstören.“ Als wenn die Kriege und das Elend, vor dem die Migrant*innen fliehen, nicht die direkt Verantwortung der imperialistischen Armeen wären, die im Nahen Osten, in Afrika und in der ganzen Welt intervenieren.
Aber Trump blieb dabei nicht stehen. Für ihn ist der Brexit genauso ein Ergebnis der Migrationspolitik der EU: „Menschen, Länder wollen ihre eigene Identität, Großbritannien wollte seine eigene Identität. […] Wenn sie nicht gezwungen worden wären, all diese Flüchtlinge aufzunehmen – so viele, mit all den Problemen, die das mit sich bringt – dann wäre es nicht zum Brexit gekommen.“ Als wenn die „Identität“ einer imperialistischen Macht von einigen Tausend Migrant*innen bedroht wäre.
In Wirklichkeit versucht Trump sowohl in Europa als auch in den USA, die wirklichen Sorgen der armen Massen (Arbeitslosigkeit, Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen usw.) in einen Hass gegen Migrant*innen zu verwandeln, die beschuldigt werden, die Arbeit zu „stehlen“ und für die Leiden der lokalen Arbeiter*innen und armen Massen verantwortlich zu sein. Und wenn das nicht mehr ausreicht, um den Hass der Massen umzulenken, wird Trump nicht zögern, einen „inneren Feind“ auszumachen (Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, festangestellte Arbeiter*innen etc.).
Protektionismus gegen Deutschland
Einerseits hat Trump keinen Zweifel daran, den Brexit als „schlechte Nachricht“ darzustellen, die von den Geflüchteten provoziert wurde, wenn es darum geht, Migrant*innen anzugreifen. Andererseits hat er auch gar kein Problem damit, Großbritannien zu beglückwünschen, für den Brexit gestimmt zu haben… um Deutschland anzugreifen. Im Endeffekt ist für Trump die EU nichts weiter als „ein Vehikel für Deutschland“. Und genau deswegen war der Brexit für Trump eine „intelligente Entscheidung“ der Brit*innen, und er versicherte, dass andere Länder dem folgen würden.
Mit seinen Erklärungen will Trump natürlich kein „anderes Modell“ für die EU vorschlagen, sondern Deutschland und seine Exporte in die USA angreifen. Während der künftige US-Präsident in der vergangenen Woche vor allem Ford, GM und Toyota für ihre Produktion in Mexiko für den US-Markt kritisiert hatte, entschied er sich diesmal dafür, die deutsche Automobilindustrie zu bedrohen. So sagte er: „Ich würde BMW sagen, wenn sie eine Fabrik in Mexiko bauen und Autos in die USA verkaufen wollen ohne eine 35-Prozent-Steuer, dann können sie das vergessen. Wenn Sie Autos für den Rest der Welt bauen wollen, wünsche ich Ihnen alles Gute. Sie können Autos für die USA bauen, aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen. Was ich sagen will, ist dass Sie ihre Fabrik in den USA bauen sollten.“
Natürlich haben diese Aussagen in Deutschland Aufruhr verursacht. Der deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte: „Anstelle die deutschen Autobauer zu bestrafen, sollten die USA bessere Autos bauen.“
Wenn sich dieser Schlagabtausch in eine konkrete Politik verwandelt, ist das Risiko eines Handelskrieges groß. Und im Gegensatz zu den Drohungen in Richtung Mexikos, einem halbkolonialen Land, entschied Trump nun, gegen Deutschland als einer der wichtigsten imperialistischen Mächte der Welt in die Offensive zu gehen. Aber in einem möglichen Wirtschaftskrieg mit protektionistischen Mitteln werden die Arbeiter*innen beider Seiten nichts gewinnen. Stattdessen werden sie die Inflation der Preise für lebenswichtige Güter, Betriebsschließungen wegen „Marktverlust“, und vor allem den wachsenden Nationalismus zu spüren bekommen, der auch zu noch größeren Konflikten zwischen den imperialistischen Mächten führen könnte.
Großbritannien als künftiger „Agent“ Trumps gegen Deutschland?
In dem Interview fand Trump sehr lobende Worte für Großbritannien und zeigte sich interessiert daran, bald ein Wirtschaftsabkommen mit Großbritannien zu erreichen. In dieser konflikthaften Wende gegenüber der EU und besonders Deutschland, scheint Trump in Großbritannien einen bevorzugten Verbündeten in Europa zu sehen.
Nachdem der Brexit ein klares Risiko der internationalen Isolierung und des sinkenden Einflusses des britischen Imperialismus aufwarf, könnte diese politische Wende in den USA im Endeffekt einen neuen Weg für die herrschende Klasse in Großbritannien nach dem Austritt aus der EU bedeuten. Aber diese Option würde eine konflikthaftere Beziehung mit ihren „Partnern-Konkurrenten“ der EU bedeuten, und vielleicht eine größere Abhängigkeit von der Unterstützung einer Europa „feindlich“ gesinnten US-Regierung.
Doch sind das alles nur Hypothesen. Momentan wartet die gesamte Welt darauf zu sehen, was Trumps wirkliche Politik sein wird, wenn er ins Weiße Haus einzieht. In diesem Moment werden wir den Übergang von Tweets und Reden zu konkreten Handlungen sehen. Und erst dann werden die wirklichen Probleme beginnen.
Dieser Artikel bei La Izquierda Diario (spanisch) und Révolution Permanente (französisch)