Was passiert in Venezuela?
Den landesweiten Protesten gegen den Wahlbetrug Maduros wurde von der autoritären Regierung mit brutaler Repression begegnet. Die rechte, USA-freundliche Opposition versucht nun, aus der sozialen und politischen Krise Kapital zu schlagen.
Nach den Wahlen am 28. Juli und dem vermuteten Wahlbetrug der autoritären Regierung Maduros kam es am Montag, den 29. Juli, im gesamten Land zu Protesten. Diese waren an vielen Orten, darunter viele ärmere Viertel und alte Hochburgen des Chavismus, spontaner Ausdruck der extremen Unzufriedenheit mit der Maduro-Regierung und seinen Streitkräften, die eine beispiellose Zerstörung der Rechte und Lebensbedingungen von Beschäftigten vorangetrieben haben und extrem repressiv gegen Arbeiter:innen und Aktivist:innen vorgehen. So auch bei den aktuellen Protesten. Die Regierung versucht, mit einem massiven Aufmarsch von Militärs, Polizei und para-polizeilichen Banden die Menschen einzuschüchtern und jeglichen Widerstand zu verhindern. Sie verbreiten Terror, indem sie in Wohnviertel eindringen und Haus für Haus Demonstrant:innen in Gewahrsam nehmen. Elf Menschen wurden getötet und nach Angaben von Maduro 2.000 Menschen gefangen genommen. So gelang es der Regierung mit einem autoritären Sprung, die sozialen Proteste von Arbeiter:innen und Jugendlichen von der Straße zu fegen.
Aus der politischen Lage versucht die rechte Opposition von María Corina Machado (MCM) und Edmundo González Kapital zu schlagen. Nachdem sie nicht zu den spontanen Protesten am 29. Juli aufgerufen hatten, versuchen sie seit vergangenem Dienstag, die Führung der Proteste zu übernehmen. Den Aufrufen der rechten Opposition folgten am Dienstag und auch am vergangenen Samstag Tausende, die sie als einzige sichtbare Alternative wahrnehmen. Die soziale Krise in Venezuela mit einer extrem hohen Inflation, Arbeitslosigkeit und niedrigen Löhnen treibt die Massen an, für eine Veränderung ihrer Lage aufzustehen. Jedoch verspricht die rechte Opposition keine Verbesserungen. MCM, die ursprüngliche Kandidatin der Opposition, konnte nicht antreten, weil die Regierung sie disqualifizierte. Die Ultrarechte stellte stattdessen Edmundo González auf und versuchte, einen Wahlkampf zu führen, in dem sie ihr politisches Programm stets verheimlichte und sich als Demokrat:innen gegen die Diktatur präsentierte. MCM hatte in der Vergangenheit jedoch bewiesen, dass sie keineswegs eine Demokratin ist. Während der Regierung von Hugo Chávez sprach sie sich für eine Putschlösung aus und erkannte 2004 die Ergebnisse des Abwahlreferendums nicht an, das die Fortsetzung von Chávez’ Mandat beschloss. Im folgenden Jahr boykottierte sie die Parlamentswahlen, weil sie sich weiterhin weigerte, die Regierung anzuerkennen. 2019 forderte MCM eine mögliche militärische Intervention der Trump-Regierung gegen Maduro.
Auch werden González und MCM wenig an der sozialen Lage der Menschen ändern. Wie Maduro stehen sie für ein antisoziales Programm im Dienste des transnationalen Kapitals. Sie wollen die Auslandsschulden auf Kosten des Gesundheitswesens, der Bildung und öffentlichen Dienstleistungen bezahlen und tun nichts für die Verteidigung der Rechte der Arbeiter:innen, die von den Unternehmen mit Füßen getreten werden – im Gegenteil. MCM steht für die völlige Freiheit des Privatkapitals, ohne Rücksicht auf die arbeitenden und armen Massen, und für umfassende Privatisierungen. Außenpolitisch zeichnet sich die rechte Opposition durch die Unterstützung des israelischen Genozids in Gaza und eine Nähe zum US-Imperialismus aus – letzteres im Gegensatz zu Maduro. In diesem Kontext ist es auch nicht überraschend, dass das Weiße Haus nun González als Sieger der Wahlen anerkannt hat, um im venezolanischen Staat mit seinen großen Erdölvorkommen einen Verbündeten zu installieren.
Weder Maduro noch MCM oder González können oder wollen die Massen aus der schweren wirtschaftlichen und sozialen Lage verhelfen. Die Wahlen waren von vornherein undemokratisch mit Disqualifizierungen nicht nur von MCM, sondern vor allem auch der linken Opposition. Die Arbeiter:innenklasse hatte bei den Wahlen keine Kandidat:innen. Dagegen braucht es einen von Maduro, der Rechten und dem Imperialismus unabhängigen Pol, für den unsere Genoss:innen der Liga der Arbeiter:innen für den Sozialismus (LTS) kämpfen.
Wir fordern ein Ende der brutalen polizeilichen Repressionen und parapolizeilichen Organisationen, die Angst und Schrecken in der Bevölkerung verbreiten und die Freiheit für alle Demonstrant:innen. Wir fordern die Veröffentlichung der Protokolle und eine transparente Auszählung der Wahlergebnisse. Gegen die Begleichung der Auslandsschulden, nein zu Militär- und Repressivausgaben, für die Verwendung dieser Ressourcen für Gesundheit, Bildung, Wohnen, Gehälter und andere Grundbedürfnisse. Keine Steuern für die Arbeiter:innen, nieder mit der Mehrwertsteuer, hohe Steuern auf Gewinne, Einkommen und Vermögen. Nein zur Privatisierung der Erdölindustrie und aller anderen staatlichen Industrien und Unternehmen. Diese müssen zu 100 Prozent in Staatsbesitz sein und durch Arbeiter:innen kontrolliert werden.
Wir verfallen aber auch nicht der Illusion, dass die rechte Opposition einen Ausweg für die Bevölkerung bietet. Es besteht die Gefahr, dass die Rechten die aktuelle Lage und den Unmut der Massen nutzen, um sich selbst an die Macht zu manövrieren. Nur eine unabhängige, revolutionäre Linke kann ein Ende der autoritären und antisozialen Politik Maduros und der anderen Agenten des transnationalen Kapitals erreichen und die Bevölkerung aus der schweren sozialen Krise befreien. In diesem Sinnen kämpfen unsere Genoss:innen von der LTS in Venezuela weiterhin für den Aufbau einer revolutionären antikapitalistischen Partei, die allen Vertreter:innen der Bosse gegenübersteht.