Was ist eine Schlichtung und die Schlichtungsvereinbarung in TVöD?
Schlichtungen bei Tarifverhandlungen bedeuten eine Einflussnahme der Regierung auf den Gewerkschaftskampf. In Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst (TVöD) könnte sie in Einsatz kommen. Warum wir mögliche Schlichtungen und Schlichtungsergebnisse ablehnen und in Erzwingungsstreik gehen sollten.
Bei Tarifauseinandersetzungen kommt es oft zu keiner Einigung zwischen Tarifkommissionen (TK) und den Arbeitgeberverbänden (AV) in Verhandlungen, die von Warnstreiks begleitet werden. Gewerkschaften und die Tarifkommissionen haben in der Regel dann die Wahl, entweder die Verhandlungen für gescheitert zu erklären und eine Urabstimmung zu einem unbefristeten Erzwingungsstreik einzuleiten oder sich bereit für eine Schlichtung erklären – auf freiwilliger Basis. Falls beide Seiten sich für eine Schlichtung aussprechen, wird eine von beiden Seiten akzeptierte “Schlichter:in” für die weiteren Schlichtungsverhandlungen eingesetzt. Während der Schlichtung darf dann nicht mehr gestreikt werden.
Hierbei mischt sich die Politik in einen Tarifkonflikt ein. Es ist kein Zufall, dass aus solchen Schlichtungen oft nichts Gutes herauskommt, da die Schlichtungsperson oft aus Regierungsparteien kommt. Denn bei den Parteien spielen die finanziellen Spenden großer Firmen und ganzer Industrien eine große Rolle. So spenden beispielsweise Arbeitgeberverbände wie die Metall- und Elektroindustrie Gelder in knappen Millionenbeträgen an Regierungsparteien im Bundestag alljährlich.
Besonders sinnlos erscheint hierbei auch eine vom ver.di-Bundesvorstand mitgetragene Schlichtungsvereinbarung im TVöD, die 2011 in Kraft trat. Sie sieht vor, dass ver.di im TVöD in eine Schlichtung gehen muss, sobald der Arbeitgeber dazu aufruft. Für die Kündigung dieser Schlichtungsvereinbarung gab es bei der ersten Berliner TVöD-Delegiertenversammlung am 27.01.23 einen Antrag, der mit großer Mehrheit angenommen wurde. Hier ist ein Ausschnitt aus der Begründung des Antrags:
[Die Schlichtungsvereinbarung] sieht vor, dass man sich darauf einlassen muss, sobald eine Seite die Schlichtung aufruft. Die Entscheidung, sich auf eine Schlichtung einzulassen, liegt somit nicht mehr bei den Streikenden, sondern allein aufseiten der Arbeitgeberverbände in Bund und Kommunen. Die Schlichtungsvereinbarung gibt das stärkste Druckmittel, den Arbeitskampf aus der Hand und unterbindet zudem jegliche Aktionen, die „zu einem Scheitern“ der Schlichtung führen könnten, also möglicherweise auch Aktivitäten außerhalb des Streiks.
Damit bindet sich unsere Gewerkschaft selbst die Hände, diese wichtige Auseinandersetzung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu führen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass, sobald ein Schlichterspruch verkündet wird, dieser immer ein Kompromiss zulasten der Kolleg:innen ist, aber der öffentliche Druck zur Annahme dieses Schlichterspruchs enorm wächst. Die mögliche Aufnahme des Erzwingungsstreiks nach der Schlichtung wird somit enorm erschwert.
Leider hat die Bundestarifkommission (BTK) diese Schlichtungsvereinbarung noch nicht gekündigt, sodass es wahrscheinlich ist, dass im Falle von keiner Einigung bei der dritten Verhandlungsrunde eine de facto erzwungene Schlichtung zu erwarten ist. Nach der Ankündigung des Scheiterns der aktuellen Verhandlungen hat der Arbeitgeber 24 Stunden Zeit zur Schlichtung aufzurufen.
Um so wichtiger ist es also, diese undemokratische Schlichtung und Erpressung seitens der Arbeitgeber entscheiden, abzulehnen und zu sagen, dass die BTK kein Angebot oder Schlichterspruch annehmen soll, ohne die gesamte Kampfkraft auszuschöpfen – also unbefristete Erzwingungsstreiks einzuleiten. Noch während der möglichen Schlichtung sollte die Urabstimmung für die Einleitung eines Erzwingungsstreiks vorbereitet werden.
Um über ein mögliches Angebot, die Schlichtung und Erzwingungsstreiks zu diskutieren, brauchen wir nach der dritten Verhandlungsrunde in allen Bundesländern Streik- und Mitgliederversammlungen. In Berlin finden solche Delegiertenversammlungen seit dem Anfang des Kampfes statt, was ein Vorbild für andere Bundesländer sein sollte.
Verschiedene ver.di Mitglieder und Streikende der aktuellen Tarifbewegungen haben im Zuge der Verhandlungen bei der Post und TVöD eine gemeinsame Petition gestartet. Die Petition fordert somit: “Es darf keine Abschlüsse unter Inflationsausgleich und 12 Monaten Laufzeit geben und es darf kein Ergebnis geben, ohne die ganze Kampfkraft ausgeschöpft zu haben. Deshalb sind wir der Meinung, dass ver.di sich auf allen Ebenen auf Urabstimmung und Erzwingungsstreik bei Bund und Kommunen vorbereiten sollte.”
Als KGK-Workers und Aktive in der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) unterstützen wir diese Petition. Sie kann hier unterschrieben werden.