Was für eine Gewerkschaft brauchen wir?
ver.di diskutiert über Strukturreformen – wir haben fünf Vorschläge dafür. | Unsere Klasse Nr. 3 als PDF
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft diskutiert über Strukturreformen. Nächstes Jahr geht unser Vorsitzender nach fast 20 Jahren in Rente. Die Frage stellt sich, wie unsere Gewerkschaft demokratischer, durchsetzungsfähiger und kämpferischer werden kann.
Viele von uns haben Erfahrungen mit mangelnder Demokratie bei ver.di gemacht. Wir wollen gemeinsam streiken – doch wir müssen zuerst den Bundesvorstand überzeugen. Wir denken, dass die Basis solche Entscheidungen am Besten treffen kann.
Versammlungen
Ob oder wie gestreikt wird, entscheidet der ver.di-Bundesvorstand. Doch wie demokratisch ist das eigentlich? Immerhin sind es doch wir Beschäftigte, die jeden Tag im Betrieb sind. Wir reden jeden Tag mit Kolleg*innen. Wir kennen die Betriebsabläufe und die Probleme am Besten. Deshalb sollten wir auch entscheiden.
Dafür brauchen wir Versammlungen aller Beschäftigten, in denen demokratisch abgestimmt wird, ob man in den Arbeitskampf gehen soll oder nicht. Diese Versammlungen muss es auch während des Streiks geben. Diskussionen über Streikerfahrungen, über Ideen und Probleme der Auseinandersetzungen helfen der gesamten Belegschaft.
Direkte Wahl
Bundesvorstand und Sekretär*innen werden nicht direkt von uns gewählt – warum eigentlich nicht? Wir wollen damit niemanden persönlich in die Pfanne hauen. Doch am Ende geht es darum, unsere Arbeitsbedingungen zu verbessern und unsere Löhne anzuheben.
Deshalb müssen wir bestimmen dürfen, wer uns in Verhandlungen mit den Bossen vertritt und wer den Streik leitet. Alle Funktionär*innen sollten direkt gewählt werden – und auch jederzeit abwählbar sein. Nur wer uns gegenüber rechenschaftspflichtig ist, wird auch unsere Interessen vertreten.
Arbeiter*innenlohn
Gewerkschaftsfunktionär*innen in Deutschland verdienen ein Vielfaches mehr als einfache Beschäftigte. DGB-Chef Reiner Hoffmann bekommt 13.500 Euro im Monat – beim ver.di-Bundesvorstand sind es 17.000 Euro. Selbst durchschnittliche Sekretär*innen kommen noch auf 4.500 Euro brutto Monatsgehalt oder mehr.
Allein damit nehmen sie eine privilegierte Position gegenüber uns Beschäftigten ein. Denn ihr Monatsgehalt ist nicht daran geknüpft, ob der Streik Erfolg hat oder nicht. Deshalb fordern wir, dass Funktionär*innen einen durchschnittlichen Arbeiter*innenlohn erhalten.
Rotation
Zwei Jahrzehnte auf einem Posten ist zu viel – zwei Jahre sollte das Maximum sein. Nur so können wir verhindern, dass sich eine Bürokratie verselbstständigt. Denn natürlich ist es ein Privileg, die Gewerkschaft vertreten zu dürfen. Dieses Privileg müssen wir durch regelmäßige Rotation begrenzen.
Es gibt auf der Welt Gewerkschaften, deren Vorsitzende aus den Belegschaften gewählt werden, und nach zwei Jahren im Amt wieder an ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückkehren.
Solidarität
Wir müssen die unsägliche Spaltung in Mutter- und Tochterfirmen überwinden. Diese Spaltung dient nur unseren Bossen. Sie umgehen damit Tarifverträge oder drücken die Löhne der gesamten Belegschaft. Deshalb müssen Beschäftigte eines Betriebs für gemeinsame Forderung gemeinsam streiken. Wenn die Therapeut*innen der CPPZ für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, sollten auch alle anderen Beschäftigten der Charité mit streiken. 15.000 Kolleg*innen können zusammen mehr Druck ausüben als 70.