Was alles teurer wird – und wie wir das aufhalten können
Die Preise steigen rasant, die Löhne hingegen kaum. Ein Vorschlag, wie wir uns organisieren müssen, um uns dagegen zu wehren.
Die Preise steigen, egal wohin man auch schaut. Angefangen bei den Mieten lässt sich prognostizieren, dass trotz der bestehenden Regularien, die Gesamtkosten für eine Mietwohnung um etwa 15 bis 20 Prozent im Verlaufe des Jahres steigen werden. Dies lässt sich am Beispiel von Vonovia und anhand von Studien beobachten. Trotz Rekordgewinnen plant Vonovia für ihre 500.000 Wohnungen Mieterhöhungen, die sich wohl mindestens auf dem Niveau der Inflation bewegen werden, wenn es nach Konzernchef Rolf Buch geht.
Die durchschnittliche Miete bei Vonovia erhöhte sich bereits in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Schnitt auf 7,40 Euro pro Quadratmeter, Tendenz weiter steigend. Auch die Heiztemperatur der Vonovia-Mieter:innen wird nachts abgesenkt, obwohl es dafür kein Gerichtsurteil gibt, das diese Maßnahme zulässig machen würde. Ein besonders massiver Preisanstieg ließ sich zuletzt in Berliner Studierendenwohnheimen beobachten. Bereits im März wurden dort die Mieten erhöht, dazu sollen jetzt nochmal satte 22 Prozent mehr kommen, für alle Plätze, die neu vermietet werden. Derzeit sind in Deutschland 180.000 Menschen in Notunterkünften untergebracht, da sie sich keine Wohnung leisten können, dazu kommen noch zehntausende mehr, die auf der Straße leben.
Auch die Lebensmittelpreise steigen stark an. Obwohl die Getreidepreise auf den globalen Märkten wieder sinken, gilt dies nicht für die Endprodukte. Bereits 2021 verzeichnete die Welthungerhilfe einen Kostenanstieg von teils 28 Prozent für Essen. Die steigenden Lebensmittelpreise treffen aber nicht alle gleich. In Deutschland steigen die Kosten aller Voraussicht nach dieses Jahr um mehr als 10 Prozent, wobei Forscher:innen davor warnen, dass die stärksten Anstiege noch bevor stünden. Generell sind imperialistische Länder wie Deutschland jedoch noch moderater betroffen sind als arme und abhängige Länder, in vielen dieser liegt die Teuerungsrate weitaus höher als hierzulande. Des weiteren sind auch die Folgen der Krise für die Bevölkerung dort anders. In Deutschland werden etwa 12 bis 30 Prozent des Einkommens für Lebensmittel aufgewandt. In den Ländern des sogenannten globalen Südens liegt der Wert hingegen zwischen 50 und 100 Prozent, was dazu führt, dass sich dort wesentlich mehr Menschen keine Nahrung mehr kaufen können und für andere essentielle Bedürfnisse, wie Bildung, Wohnen und Gesundheit gar kein Geld mehr da ist. Laut der Welthungerhilfe sind es derzeit mehr als 800 Millionen Menschen, die hungern. Die Krise die wir hier in Deutschland erleben, trifft auch die Arbeiter:innen und Armen aller anderen Länder, in der Regel sogar weitaus härter. Am Horn von Afrika beispielsweise ist die Lage besonders akut: Aufgrund der Dürren, Düngerknappheit und Preissteigerungen könnten hier Hunderttausende Menschen verhungern.
Ein Faktor, der die soziale Lage in Deutschland zuspitzt, sind die steigenden Versicherungskosten. Dafür verantwortlich ist unter anderem auch der Klimawandel. Die Versicherungsbeiträge werden dieses Jahr weiter angehoben werden. Inmitten der Debatte über die Rekordinflation und mögliche Entlastungen für die Beschäftigten verkündete Karl Lauterbach eine Erhöhung der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die rund 57 Millionen GKV-Mitglieder sollen insgesamt 16,2 Prozent ihres Bruttolohns an die Krankenkasse abführen. Dieser Wert ist der höchste in der Geschichte der GKV.
Auch der Preis für Strom steigt astronomisch an, so ist von etwa 40 Prozent mehr auszugehen. Das alles führt dazu, dass die Armut in Deutschland ansteigt. Inzwischen leben 13,8 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Die gravierende Lage zeigt sich aktuell besonders deutlich an den Tafeln. Diese versorgen mit 2 Millionen Menschen so viele wie noch nie zuvor. 60 Prozent der Tafeln verzeichnen einen Zuwachs von bis zu 50 Prozent bei ihrer Kundschaft, bei vielen Ausgabestellen hat sich die Zahl der Bedürftigen mehr als verdoppelt. Haushalte in Deutschland sind unterschiedlich stark von der Inflation betroffen. Am stärksten erwischt die Teuerungswelle ärmere Familien. Studierende und Menschen mit geringem Einkommen, Rentner:innen, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger:innen. Da diese einen besonders großen Teil ihres Einkommens für Lebensmittel und Energie, sowie Strom, Heizöl oder Sprit aufwenden müssen, spüren diese Gruppen die Inflation in der Regel besonders deutlich. Die reale Inflationsrate liegt für ärmere Menschen also weitaus höher als für einkommensstärkere Teile der Gesellschaft.
Neben der Verarmung gibt es auch Krisengewinner. Die Reichen profitieren im Moment trotz oder sogar wegen der Krise, so stieg die Zahl der Milliardäre in Deutschland um 35,2 Prozent im vergangenen Jahr. Auch die Anzahl der Millionäre stieg um insgesamt 97 Tausend, Prognosen gehen auch dieses Jahr von einem Wachstum des Vermögens der Reichen aus.
Die Maßnahmen des Staates, wie bspw. das 9 Euro Ticket reichen nicht ansatzweise, um den Folgen, welche die Krise des globalen Kapitalismus für die Arbeiter:innenklasse bedeutet, entgegenzuwirken und den Arbeiter:innen und Armen in Deutschland ein Leben ohne Existenznot zu ermöglichen. Die kommende Periode wird geprägt sein, von wachsender Armut und vielen Angriffen der Kapitalist:innen auf die Rechte und die materielle Situation der Arbeiter:innen.
Wir müssen uns daher organisieren und gemeinsam gegen die Krise kämpfen. Unseren Gewerkschaften kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. In vielen Tarifrunden kämpfen tausende Kolleg:innen für Abschlüsse, die mindestens einen Inflationsausgleich beinhalten. Es gibt jedoch auch große Druck seitens der Regierung, besonders der SPD auf die Gewerkschaftsspitzen, um Streikbewegungen in Grenzen zu halten und somit den Reichen und Unternehmen zu gute zu kommen. So gab der ver.di Vorsitzende Frank Wernecke einen Inflationsausgleich in den kommenden Tarifrunden als ein “sportliches Ziel” aus. Als positives Beispiel für die Kämpfe der nächsten Zeit, sind die Hafenstreiks zu nennen, die mehr als nur einen Inflationsausgleich fordern, sich ein stück weit der sozialpartnerschaftlichen Logik entgegenstellen und sich weiterhin nicht von den repressiven Gerichtsurteilen und Polizeieinsätzen unterkriegen lassen.
Was wir brauchen sind Großdemonstrationen und Aktionen der Gewerkschaften für einen Preisstopp der Energiepreise, Lebensmittel und allen weiteren lebensnotwendigen Gütern, sowie eine massive Erhöhung der Sozialhilfen und Investitionen in Soziales, die durch Vermögenssteuern finanziert werden müssen. Der DGB und ver.di stellen bereits diese Forderungen auf, jedoch fehlt es an Aktionen, um Druck auf die Bundesregierung aufzubauen. Anstehende Tarifrunden wie beim TVöD in Berlin, oder der IG-Metall ab Herbst sollten mit politischen Demonstrationen begleitet werden. So können wir eine Bewegung aufbauen, die nicht nur die tariflich organisierten Teile unserer Klasse umfasst, sondern auch Arbeitslose, Rentner:innen, Studierende und allen, die von der Inflation betroffen sind.
Wenn wir nicht wollen, dass die Krise auf unserem Rücken ausgetragen wird, müssen wir parallel zu den Gewerkschaften eine neue revolutionäre sozialistische Kraft aufbauen, die in die verschiedenen Kämpfe interveniert, um den Klassenkampf weiter zu entwickeln. Diese Kraft muss einen offenen und konsequenten Kampf gegen die Bürokratie der Gewerkschaften führen, die uns in unseren Kämpfen einschränkt. Dafür müssen wir unabhängig von Kräften wie der Linkspartei sein, die ebenfalls Kämpfe institutionalisiert, bremst und ihnen Wind aus den Segeln nimmt. Um zu verhindern, dass weitere Millionen in die Armut abrutschen, müssen wir konsequent für Preisstopps für Lebensmittel, Energie und Mieten kämpfen und eine starke Bewegung gegen die Krise aufbauen.
Wir müssen uns unser Leben leisten können, Preisstopp jetzt!