Warum verdienen Abgeordnete mehr als Arbeiter*innen?
Politiker*innen betreiben nicht nur illegalen Machtmissbrauch. Sie verfügen darüber hinaus über ein ganzes System aus Privilegien der legalen Korruption, das sie zu einer abgehobenen politischen Kaste im Interesse der Kapitalist*innen macht.
Der im deutschsprachigen Raum umgangssprachlich verwendete Begriff für ein korruptes und undemokratisches politisches System ist „Bananenrepublik“. Mit einer rassistischen Konnotation soll deutlich gemacht werden, wie weit Deutschland von solchen Zuständen entfernt sei. Doch entgegen dieser weit verbreiteten Idee gibt es auch in unseren Breitengraden legale und illegale Korruption, Machtmissbrauch so wie eine Reihe enormer Privilegien.
Diese Tatsache wurde vor wenigen Monaten durch den Fall Petra Hintz deutlich. Hintz war mehr als ein Jahrzehnt SPD-Abgeordnete für Essen im Bundestag. Um an diesen Posten – und seine Privilegien – zu gelangen, hat sie sich als Volljuristin ausgegeben, ohne je das Gymnasium beendet zu haben. Als dies ans Licht kam, wurde von allen Seiten die Mandatsniederlegung gefordert. Doch anstelle als Abgeordnete zurückzutreten, beschwerte sie sich über die Kritiken an ihrer Position und verschleppte die Mandatsniederlegung bis heute.
Dass es sich bei Hintz nicht um einen Einzelfall handelt, beweist ein anderer Skandal, der in der vorletzten Woche wieder hochkam. Es handelt sich dabei um die sogenannte „Montblanc-Affäre“. 2009 kam heraus, wie Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktionen die Bürokostenpauschale von 12.000 Euro im Jahr dazu nutzten, sich mit Luxusgütern wie den Edel-Schreibgeräten von Montblanc auszustatten. Nachdem diese von der Liste der verfügbaren Güter gestrichen wurden, verschwand auch der Skandal aus den Schlagzeilen.
Sieben Jahre danach wurde nun die Liste der beteiligten Abgeordneten veröffentlicht – vermutlich ein Racheakt der Lieferantenfirma, da der Bundestag den Auftrag kündigte. Besonders brisant: Bundestagspräsident Norbert Lammert, der sich jahrelang gegen eine Veröffentlichung dieser Liste (zur Wahrung der Privatsphäre der Parlamentarier*innen) wehrte, ließ sich ebenfalls aus Steuergeldern Montblanc-Produkte bezahlen.
Doch diese Skandale sind nur die Spitze eines Eisberges aus Privilegien, die die Abgeordneten genießen. Monatlich verfügen sie zwischen Abgeordnetendiät, Büropauschale, Krankenkassenzuschuss und steuerfreier Kostenpauschale (für Flüge, Telefonkosten, etc.) über mehr als 14.500 Euro. Damit verdienen Abgeordnete mehr als fünf mal so viel wie der Durchschnittslohn, der aktuell bei 2.700 Euro Netto liegt. Dazu kommen weitere „Kleinigkeiten“ wie ein ausgestattetes Büro, einen Dienstwagen und Gratisfahrten mit der Deutschen Bahn.
Doch auch nach der Karriere im Bundestag können sich die Parlamentarier*innen über ein ausgiebiges Einkommen freuen. Sei es der direkte Übergang zu Riesenkonzernen (Schröder, SPD; Fischer, Grüne; Pofalla, CDU) oder die überdurchschnittlich hohe Abgeordnetenrente.
Begründet wird dieses System aus Privilegien damit, auch Menschen mit weniger einkommenstarken Berufen die Tätigkeit im Bundestag zu ermöglichen. In Wirklichkeit ist es genau umgekehrt. Die herrschende Klasse bezahlt ihre Abgeordneten deshalb so gut, damit sie wie eine abgehobene Kaste weit entfernt von den Interesse der arbeitenden Bevölkerung sind. Somit sichern sich die Kapitalist*innen, dass Gesetze in ihrem Interesse erlassen werden. Die offenste und legale Form der Korruption in der bürgerlichen Demokratie.
Das sieht man beispielsweise dann, wenn Parlamentarier*innen gegen das Streikrecht hetzen – sie brauchen keine Streiks, um Lohnerhöhungen zu bekommen. Oder wenn mit Sparzwang argumentiert wird, um Beschäftigte im öffentlichen Dienst zu entlassen oder die Löhne zu drücken, während die Abgeordnetendiäten immer weiter ansteigen.
Gegen diese verkommene bürgerliche Demokratie, die die Arbeiter*innen „ver- und zertritt“, muss ein radikal-demokratisches Programm erhoben werden, um den Privilegien ein Ende zu setzen. Dazu gehört die Absenkung der Abgeordnetengehälter auf den durchschnittlichen Lohn einer*s Arbeiter*in und die ständige Wähl- und Abwählbarkeit der Mandatsträger*innen.
In Argentinien macht die Front der Linken und Arbeiter*innen (FIT) diese Forderung Realität: Ihre Abgeordneten wie Nicolás del Caño verdienen den Durchschnittsgehalt einer*s Lehrer*in und spenden den Rest an Streikkassen und Arbeitskämpfe. Gleichzeitig unterstützen sie diese solidarisch auf der Straße und treten für die Forderungen der Arbeiter*innen und Massen im Parlament ein. Damit sind sie ein klarer Gegensatz zu den politischen Vertreter*innen der Bourgeoisie.