Warum Uni-Beschäftigte zur Vollversammlung gegen Rechts und Repressionen kommen sollten
Am Donnerstag gibt es an der FU Berlin eine Vollversammlung gegen Rechts und Repression. Wenn wir ernsthaft den Kampf aufnehmen wollen, brauchen wir viele Beschäftigte auf der Versammlung. Sie sind auch im Visier der Rechten und sie haben die Macht, wirklich zurückzuschlagen.
Am kommenden Donnerstag, dem 20. Juni, findet an der Freien Universität Berlin (FU) eine Vollversammlung gegen den Rechtsruck und die Repression der letzten Monate statt. Auch wenn es sich offiziell um eine „studentische Vollversammlung“ handelt, ist es zentral, dass Beschäftigte der FU dazukommen, damit Studierende und Beschäftigte gemeinsam über Antworten auf den Rechtsruck und die Repression diskutieren können. Einerseits sind es nämlich auch die Beschäftigten, die im Fadenkreuz der Repression und der Rechten stehen. Andererseits sind sie zentral, um im Bündnis mit den Studierenden eine wirkmächtige Antwort auf die Angriffe gegen die Universitäten entwickeln können.
Die Unis im Fadenkreuz
Erst in der letzten Woche ist bekannt geworden, dass das Ministerium der Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) Bestrafungen von protestierenden Forscher:innen durch Entzug von Fördermitteln hat prüfen lassen. Nachdem daraufhin weit über 1000 Forscher:innen und Dozierende ihren Rücktritt nahegelegt haben, leistet sie nun ein Bauernopfer, indem sie ihre Staatssekretärin fallen lässt. In dieser Affäre zeigt sich: Die Bundesregierung macht die Disziplinierung ihrer Universitäten längst zur Chefsache. Aber der Protest der Universitätsbeschäftigten dagegen kann wirksam sein.
Diesem Angriff ging eine aggressive und verleumderische Hetzkampagne vorher, in der rechte Politiker:innen und die rechte Presse Dozierende, die die Art und Weise der Räumung des Protestcamps an der FU Anfang Mai kritisiert hatten, als „UniversitTÄTER“, Antisemit:innen und Demokratiefeinde beschimpften.
Solche Eingriffe der Politik in die Angelegenheiten der Hochschulen sahen wir in den letzten Monaten immer wieder. Ein anderes besonders gravierendes Beispiel ist die geplante Verschärfung des Berliner Hochschulgesetzes. Die Wiedereinführung des Ordnungsrechts an den Berliner Universitäten soll Zwangsexmatrikulationen und härtere Bestrafungen von Studierenden wieder möglich machen. Dieser Angriff richtet sich zwar unmittelbar erst einmal nur gegen Studierende. Aber auch Beschäftigte sollten besorgt sein angesichts solcher Versuche des Berliner Senats, Maßnahmen der politischen Disziplinierung und der Bekämpfung politischen Protests zurück an die Unis zu bringen.
Wohin die Reise geht, wenn noch rechtere Bündnisse an der Macht sind, zeigt ein Blick nach Bayern. Dort plant die Landesregierung beispielsweise ein „Kooperationsgebot“ der Hochschulen mit der Bundeswehr. Das heißt im Klartext, dass Hochschulen dazu verpflichtet werden sollen, mit der Bundeswehr zusammenzuarbeiten und Forschung zu militärischen Zwecken zu betreiben; Zivilklauseln sollen hingegen verboten werden. Damit will die Regierung von Markus Söder (CSU) die Unis per Gesetz in den Dienst von Militarisierung und Kriegsvorbereitung stellen. Gleichzeitig attackiert er die Freiheit von Lehre und Forschung, indem er sogenannte „Gendersprache“ verbietet.
Kein Vertrauen in die Präsidien
Wenn der Rechtsruck weiter voranschreitet, werden wir solche Vorstöße und noch viel Schlimmeres auch in Berlin und in ganz Deutschland erleben. Dagegen müssen wir jetzt schon kämpfen. Doch dieser Kampf darf sich nicht nur gegen rechte Parteien und Regierungen richten, sondern muss die Leitungen unserer Universitäten selbst ins Visier nehmen. Noch sprechen sie sich zwar in Worten gegen die Angriffe auf die Autonomie der Hochschulen aus. Sie leisten ihnen aber schon jetzt in ihren Taten Vorschub.
So sprach sich beispielsweise das Präsidium der FU in den letzten Monaten immer wieder gegen Eingriffe der Politik in die Aufgaben der Universitäten aus. Schon im Januar kritisierte es zum Beispiel die Tweets von Stark-Watzinger während der Hörsaalbesetzung der FU im Dezember. Gleichzeitig machte Vizepräsidentin Belchinger-Talcott damals schon klar: Die FU sei eine staatliche Institution und stehe deshalb unbedingt hinter der deutschen „Staatsräson“. Entsprechend handelte das Präsidium dann auch im Mai, als palästinasolidarische Studierende Zelte auf dem Theaterhof der FU aufstellten. Ohne auch nur eine Sekunde das Gespräch mit seinen Studierenden zu suchen, alarmierte es die Polizei, was zu einer extrem brutalen Räumung führte. In vorauseilendem Gehorsam setzte das FU-Präsidium um, was der Berliner Senat sonst sowieso von ihm gefordert hätte. Mit so einer handzahmen Universitätsleitung braucht die Regierung wirklich keine Weisungsbefugnis gegenüber den Hochschulen.
Noch deutlicher wurde das bei der Besetzung des sozialwissenschaftlichen Instituts der Humboldt-Universität Berlin (HU) Ende Mai. Nachdem das Präsidium zuerst auf Dialog mit den Studierenden gesetzt hatte, gab es direkte Gespräche der Landesregierung mit der Hochschulleitung und der Berliner Polizei. Das Ergebnis war, dass HU-Präsidentin von Blumenthal tat, wie ihr befohlen wurde, und die Besetzung ebenfalls brutal räumen ließ. Wenn die Präsidien jetzt schon vor dem Senat einknicken, wie sollen wir daran glauben, dass sie die Freiheit unserer Universitäten verteidigen, wenn die Angriffe härter werden?
Aber die Angriffe des Präsidiums der FU beschränken sich nicht auf Repression gegen protestierende Studierende. Es betreibt zum Beispiel auch aktives Union Busting. So wurde der Vorstand der FU-Betriebsgruppe der Gewerkschaft ver.di abgemahnt, weil die Betriebsgruppe in einem öffentlichen Statement davon sprach, dass die FU „im Ergebnis“ „den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD“ fördert, indem sie gewerkschaftliche Organisierung und demokratische Mitbestimmung bekämpft. Die Betriebsgruppe geht derzeit gerichtlich gegen die Abmahnungen vor.
Dabei hat die Betriebsgruppe vollkommen Recht: Die FU verstößt systematisch gegen Tarifverträge, hat wichtige Sektoren der Beschäftigten wie Reinigung und Sicherheit outgesourct und betreibt so eine aktive Spaltung der Beschäftigten. Die Frustration, die sie so schafft, spielt letzten Endes den Rechten in die Taschen. Auch deswegen kann das Präsidium kein Verbündeter im Kampf gegen Rechts und Repression sein.
Die Macht der Beschäftigten
Es braucht stattdessen ein anderes Bündnis: das zwischen Studierenden und Beschäftigten. Die offenen Briefe von Hochschulbeschäftigten in den letzten Monaten haben deutlich gezeigt, dass ihre Stimme Gehör findet, wenn sie sich gemeinsam organisieren. Protestierende Studierende kann man ignorieren und von der Polizei vom Campus prügeln lassen. Gegenüber Lehrenden und Dozierenden fällt das offensichtlich sehr viel schwerer. Selbst das Bundesbildungsministerium sieht sich zur Zeit gezwungen, auf die Anklage seitens tausender Lehrender zu reagieren.
Aber noch viel zentraler als das Gewicht ihrer Meinung im öffentlichen Diskurs ist die materielle Kraft der Beschäftigten. Sie sind es, die die Universität jeden Tag am Laufen halten. Dabei geht es nicht nur um akademisches Personal: Wenn niemand die Seminarräume aufschließt, die Medientechnik betreut oder an den Mensakassen sitzt, dann geht an der Uni auch nichts. Und genau diese Rolle können und müssen die Beschäftigten sich zunutze machen: Streiks gegen die Angriffe der Regierungen, gegen das Kaputtsparen unserer Uni oder gegen das Einknicken des Präsidiums sind das einzige Mittel, um die Autonomie unserer Universitäten zu verteidigen und für selbstbestimmtes Lehren, Forschen, Arbeiten und Studieren aller Hochschulangehörigen zu kämpfen. Über diese Perspektive muss am Donnerstag auf der Vollversammlung diskutiert werden.
Der Kampf gegen die Repression und die Einschränkung von Forschung und Lehre muss letztendlich einhergehen mit einer Diskussion darüber, in wessen Dienst die Universitäten stehen sollen. Anstatt einer Universität, an der Studierende zu Arbeiter:innen geformt werden und die Forschung dem Kapital und der Regierung dient, braucht es eine wirklich freie Uni im Dienste der Ausgebeuteten und Unterdrückten. Anstatt die Unterdrückung der Palästinabewegung mitzutragen, könnten die Unis Orte sein, an denen ein kritischer Diskurs zur Geschichte des Zionismus und über Perspektiven für die Befreiung Palästinas stattfindet. Anstatt für Rüstungskonzerne zu forschen, könnten an den Universitäten die wichtigen gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit wie die Klimakatastrophe angegangen werden. Dafür braucht es eine unabhängige Universität, in der Lehrende, Forschende, andere Beschäftigte und Studierende gemeinsam darüber debattieren und entscheiden, was geforscht und was gelehrt wird.
Ob Studierende, Dozierende, Lehrende, Mensa- oder Security-Beschäftigte, Betriebshandwerker:innen, Medientechniker:innen, Tierpfleger:innen oder andere Beschäftige: Kommt diese Woche Donnerstag, am 20. Juni, ab 16 Uhr in den Elisabeth-Schiemann-Hörsaal in der Königin-Luise-Straße 12-16 und diskutiert mit darüber, wie wir gemeinsam als Mitglieder der FU gegen die Repression und den Rechtsruck an unserer Uni kämpfen können!