Warum treiben die Benzinpreise die Mexikaner*innen auf die Straße? [mit Video]
Die mexikanische Regierung erhöhte vor einer Woche die Benzinpreise um 20 Prozent. Das führte zu einer allgemeinen Preiserhöhung, die den Unmut der Bevölkerung zum Überkochen brachte. Massenproteste und Plünderungen im ganzen Land sind die Folge.
Brennende Autoreifen auf den Straßen, Blockaden der Tankstellen, leergeplünderte Supermärkte – das sind nur einige der Reaktionen der Bevölkerung auf die Benzinpreiserhöhung, die die Regierung zum Jahresbeginn durchgesetzt hatte. Der Anstieg der Treibstoffpreise um bis zu 20 Prozent machte nämlich nicht nur das Autofahren teurer, sondern führte zu einer allgemeinen Preiserhöhung, von der die Stromtarife genauso wie die Lebensmittel betroffen sind.
Deshalb war die als „gazolinazo“ bezeichnete Benzinpreiserhöhung der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Im ganzen Land gingen die Menschen auf die Straße, da sie sich nun noch weniger von ihrem niedrigen Lohn kaufen konnten. Besonders in ärmeren Regionen breiteten sich angesichts der Teuerung die Straßenblockaden und Plünderungen aus. Diese wurden jedoch zum Teil gezielt von bürgerlichen Politiker*innen angestachelt, um den Einsatz von Polizei und Militär zur Niederschlagung der Proteste zu rechtfertigen.
Seit dem Wochenende fanden eine Reihe massiver Demonstrationen statt. So gab es am Samstag Mobilisierungen in 17 Bundesstaaten und am Montag wurde eine Großdemonstration in der Hauptstadt Mexiko-Stadt organisiert. Dabei vermischten sich die Rufe nach dem Ende des „gazolinazo“ mit der Forderung des Rücktritts von Präsident Peña Nieto.
Tatsächlich steht seine Regierung der Partei der institutionellen Revolution (PRI) schon seit Jahren in der Ungunst breiter Teile der Arbeiter*innen und Jugendlichen. 2014 griff eine breite Massenbewegung die Regierung für das Verschwinden von 43 Lehramtsstudierenden, ihre Verbindung mit dem Drogenhandel und die Militarisierung des Landes an.
Seitdem liegt Peña Nieto bei Umfragewerten unter 20 Prozent und musste bei Landtagswahlen herbe Niederlagen einstecken müssen. Korruptionsskandale auf regionaler und nationaler Ebene brachten die PRI-Regierung in eine tiefe Krise. Und im vergangenen Jahr streikten die Lehrer*innen in zahlreichen Bundesstaaten gegen die neoliberale Bildungsreform und erhielten die Unterstützung wichtiger Teile der arbeitenden Massen.
Doch die Regierung setzte die Bildungsreform gegen den Protest mit harter Repression durch. Denn sie gehört zu den „Strukturreformen“, auf die sich die drei traditionellen Parteien – PRI, PAN und PRD – zu Beginn Peña Nietos Amtszeit geeinigt hatten. Dazu gehört auch die Energiereform, die in Zusammenarbeit mit dem US-Außenministerium, damals unter Führung von Hillary Clinton, ausgearbeitet wurde und die die Teilprivatisierung des staatlichen Ölkonzerns Pemex vorsah. Diese führt neben Massenentlassungen und Lohnsenkungen zu den aktuellen Benzinpreiserhöhungen.
Deshalb steht der „gazolinazo“ in direkter Beziehung zur verstärkten Unterwerfung unter den US-Imperialismus, zu der Peña Nieto bereit ist. Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten lässt dunkle Wolken über der mexikanischen Wirtschaft aufkommen: Von durchschnittlichen 5 Prozent Wachstum in den vergangenen Jahren wird für 2017 nur noch ein Wachstum von 1,7 Prozent erwartet. Seit den US-Wahlen befindet sich die nationale Währung, der Peso, in freiem Fall und wichtige Automobilkonzerne wie Ford sagen Milliardeninvestitionen in Mexiko aufgrund von Trumps Aussagen über eine „Grenzsteuer“ und die Neuverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta ab. Diese zunehmende imperialistische Bedrohung soll nun von der mexikanischen Bevölkerung bezahlt werden.
Die massiven Proteste im ganzen Land stellen den pro-imperialistischen Kurs der Regierung offen infrage. Deshalb und aufgrund der Vielzahl beteiligter sozialer Sektoren – von kleinen Händler*innen bis hin zu den ärmsten Schichten der Bevölkerung – könnte diese Krise die weitreichendste Regierungskrise sein. Die Fernsehansagen von Peña Nieto in den letzten Tagen und die mediale Hetze gegen die Proteste kündigen an, dass die Regierung die Empörung in Repression ersticken wird, wie es schon so häufig in den vergangenen Jahren der Fall war. Es ist deshalb nötig, dass sich die Arbeiter*innenklasse an die Spitze der Proteste stellt und einen Generalstreik organisiert, um die Benzinpreiserhöhungen mit der Regierung zu Fall zu bringen.