Warum Palästinasolidarität an den Unis antimilitaristisch sein muss

04.06.2024, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Bundeswehr - Sebastian Wilke / Creative Commons

Genozid in Gaza, Bundeswehr an Schulen und Unis, Aufrüstung - die gesamte Gesellschaft soll militarisiert werden. Studierende müssen sich an ihren Universitäten gegen Militarisierung und den deutschen Imperialismus stellen.

Der nun fast acht Monate andauernde Genozid in Gaza reiht sich ein in eine Zeit, in der die Welt vor dem Umbruch steht. Eine Krise folgt der Nächsten: Corona, der Krieg in der Ukraine, Inflation und Klimakrise. Die Regierung versucht durch Aufrüstung und Kriegstreiberei ein falsches Gefühl von Sicherheit und Kontrolle zu vermitteln. 100 Milliarden werden in die Bundeswehr gepumpt, während das Sozial- und Gesundheitssystem verkümmert. Der bayerische Landesvater Markus Söder fordert sogar, die Investitionen in die Bundeswehr von 2% des BIP auf 3% zu erhöhen, sowie einen „Masterplan für die Einführung der Wehrpflicht“. 

Das Militär soll aufpoliert und das Soldatsein soll wieder modern gemacht werden, und es wird nicht zurückgeschreckt, in den Schulen dafür Werbung zu machen, um Minderjährigen den Krieg schmackhaft zu machen. Die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger fordert außerdem „Zivilschutzübungen“ an den Schulen, um die Kinder auf einen möglichen Krieg vorzubereiten. Während es viel zu wenige Lehrer:innen gibt, fällt der Bildungsministerin nichts anderes ein, als die Jugend auf eine imaginäre Katastrophe vorzubereiten. Auch der Präsident des deutschen Lehrerverbandes meint, „jetzt muss im Politik-Unterricht zum Ukraine-Krieg und zur gesamteuropäischen, ja globalen Bedrohungslage gelehrt werden.“

Auch bei uns an den Universitäten ist die Kriegstreiberei angekommen. Während einige Bundesländer sich mit einer Zivilklausel verpflichten, an Universitäten nur für zivile Zwecke zu forschen, soll in Bayern die Militärforschung nicht nur erlaubt, sondern sogar obligatorisch werden. Die Zivilklausel soll verboten und ein Kooperationsgebot erlassen werden, welches Unis und Hochschulen zur Kooperation mit der Bundeswehr verpflichten würde. Das ist nicht nur eine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit, sondern soll Forschung und Lehre in den Dienst der Bundeswehr und der NATO stellen. Dass die LMU nicht nur für zivile Zwecke forscht, ist kein Geheimnis. Seit Jahren fördert das Pentagon Forschung an der LMU zu Chemikalien für neue Sprengstoffe. Das Kooperationsgebot würde diese Zusammenarbeit aber nicht bloß fortschreiben, sondern viel umfassender ausbauen. 

Imperialismus und Palästina

All dies sind keine singulären Events, sondern Auswüchse des deutschen Imperialismus und seinem Versuch, seine Stellung zu sichern, in einer Welt, in der die europäischen Mächte nach einer wichtigeren geopolitischen Rolle streben. Ein Teil ihrer Antwort auf die neue globale Blockbildung ist also Militarisierung nach außen, aber auch nach innen. Denn die Ausweitung von Waffenlieferungen wird vor allem von der Palästinasolidarität kritisiert, die in ihrer Kritik an der Mittäterschaft Deutschlands am Genozid in Gaza harte Repressionen erfährt. Die Polizeigewalt, das Verbot von Kundgebungen und beispielsweise das Verbot des Palästina-Kongresses in Berlin werden dabei unter dem Deckmantel des Antisemitismus legitimiert, wobei Jüd:innen durch stärkere innere Militarisierung vor Linken und dem sogenannten „importieren Antisemitismus“ geschützt werden sollen. Dieser vermeintliche Schutz bedeutet aber Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Androhung von Exmatrikulationen und Abschiebungen sowie brachiale physische Repression, wie die Polizeigewalt mit Stockschlägen und Pfefferspray bei der friedlichen Besetzung der Freien Universität am 7. Mai zeigte. 

An diesen Beispielen erkennt man: gegen Militarisierung und Polizeigewalt heißt, für Palästina in der Uni und auf der Straße zu kämpfen. Denn der Genozid ist nur mithilfe finanzieller und ideologischer Unterstützung der imperialistischen Staaten wie Deutschland und USA möglich, für die Israel eine direkte Einflussnahme in den Nahen Osten bedeutet. So diente Israel als Stützpunkt für zahlreiche NATO-Operationen im Iran, Irak, Afghanistan und Syrien und durch Israels ökonomische Abhängigkeit behalten die imperialistischen Staaten weiterhin Kontrolle in der Region. 

Konkret bedeutet das an der Uni, die unterschiedlichen Führungen der Studierendenvertretungen herauszufordern, die aktuell entweder neutral oder reaktionär auf die Studierendenproteste antworten, indem sie entweder keine Stellungnahme zu den Repressionen der palästinasolidarischen Bewegung an den Unis abgeben oder den Protest sogar durch Falschaussagen diffamieren, wie es der freie Zusammenschluss studierender erst kürzlich bezüglich der Besetzung an der FU Berlin tat. 

Für uns als Studenten heißt gegen Zionismus zu kämpfen, also auch gegen Imperialismus zu kämpfen und andersherum. Und dies können wir an den Unis am besten, indem wir uns gegen die Militarisierung und den Rechtsruck positionieren.

Dies setzten mehrere Studierende, Beschäftigte, Schüler:innen und Organisationen (Unikomitee für Palästina, Queers for Palestine, Palästina Spricht, Klasse Gegen Klasse) am 13. Mai in Tat um, und errichteten am Professor-Huber-Platz vor der LMU ein Protestcamp, um sich der internationalen Studierendenbewegung anzuschließen. Die Bewegung explodierte vor einigen Wochen an der Columbia Universität in New York, wo mittlerweile 48.000 Beschäftigte für einen Solidaritätsstreik mit den Studierenden votiert haben. Die Uni wird durch die internationalen Proteste direkt als Mittäter des Genozids in Gaza anerkannt und herausgefordert, so auch in München. Die Forderungen des Camps wurden demokratisch diskutiert und beschlossen. Wir erwarten von der Universitätsleitung, sich diese Forderungen anzuschauen und umzusetzen. „Nie wieder“ heißt „Nie wieder für alle!“

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