Warum fördert die Luxemburg-Stiftung Kongress von Ultra-Antideutschen?

04.04.2025, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Protest von Antideutschen am Al Quds Tag in Berlin / Joel Schalit (Flickr)

Die antideutsche Szene lädt zum letzten Tanz – mit freundlicher Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung. 

Anmerkung der Redaktion: Nach Veröffentlichung des Artikels hat uns die Information erreicht, dass die RLS mutmaßlich die Förderung zurückgezogen hat. Bisher lässt sich das weder auf der Website des Kongresses noch auf der der RLS verifizieren. In jedem Fall fordern wir ein öffentliches Statement der Stiftung, in welchem sie sich zum Gegenform-Kongress äußert und darlegt, wie es zu einer Förderzusage überhaupt hatte kommen können.

Als antiimperialistische:r, antizionistische:r und kommunistische:r Aktivist:in hat man sich in Berlin im Laufe der Jahre an so einiges gewöhnt. Von Hetzkampagnen und Doxxing gegen Genoss:innen durch zionistische Akteure bis zu dem einen Mal, wo die antideutschen Organisator:innen einer linken Queer-Pride Demo die Polizei auf den einzigen migrantischen, palästinasolidarischen Block gerufen haben, um diesen von der Demo auszuschließen. Ein Blick auf die Website für den Kongress von Gegenform – ein „Bündnis gegen autoritäre Formierung“ – kann einen trotzdem ein bisschen sprachlos zurücklassen. Hier will sich der Rest der antideutschen Szene mit ihren vermeintlichen Intellektuellen treffen, um die wichtigsten Themen, die für sie heute auf der Tagesordnung stehen, zu besprechen.

Im Selbstverständnis des Kongresses beschreiben sie, warum dieser Kongress jetzt gerade so wichtig sei. Grund für ihr Zusammenkommen ist den selbsternannten „emanzipatorischen“ Linken nämlich die „manifeste Stärke auf den Berliner Straßen“ von „Antisemit*innen verschiedener Couleur (…), Islamisten, Antiimperialisten und deutsche(n) Nazis“, wie sie sich bei den „jährlichen Veranstaltungen zum ‚Nakba-Tag‘, zum ‚Tag der palästinensischen Gefangenen‘, die anti-israelischen Vereinnahmungen der revolutionären 1. Mai- oder der 8. März-Demonstrationen zeigen“. Währenddessen beobachten sie das Fehlen einer „schlagkräftigen antifaschistischen Gegenwehr“.

Weiterhin beobachten die Veranstalter:innen eine „destruktive Dynamik und Affektivität des antisemitischen Wahns seit dem 7. Oktober“. Vor allem in der „autoritären Linken schlagen die Begründungs- und Rechtfertigungsversuche für das islamistische Massaker nur die allzu bekannten Purzelbäume, um sich schließlich doch wieder dem Zeitgeist anzubiedern, der außer der Dekonstruktion bürgerlicher Errungenschaften im Dienste der Gegenaufklärung wenig bereit hält“ – so heißt es im Selbstverständnis der Veranstaltung. Dieser Analyse entsprechend ist dann auch das Programm des Kongresses ausgerichtet, in dem von Veranstaltungen, wie „Zombie-Che strikes back. Autoritäre antiimperialistische Gruppen im Aufwind“, „Das belastete Erbe. Warum sich die Linke kaum von ihrem Israelhass lösen kann“ oder „Psychoanalyse der Palästina-Soli“ zu lesen ist. 

Antideutsche: Ein Phänomen der deutschen – und wirklich nur der deutschen Linken

Die ideologische Tradition, die in diesen Zeilen zum Ausdruck kommt, ist in einer tiefen Krise. Anders als sie vielleicht dachten haben die Geschehnisse seit dem 7. Oktober nämlich nicht dazu geführt, dass breite Teile der gesellschaftlichen Linken in den zionistischen Freudentaumel über zehntausende tote Palästinenser:innen mit einstimmen, sondern dazu, dass immer mehr (vor allem junge, neu politisierte) Menschen das Leid der Menschen in Gaza in einen historischen und politischen Kontext mit dem siedlerkolonialen Projekt Israel stellen. Damit ist die Solidarität mit dem palästinensischen Volk zwar leider immer noch nicht unbedingter Konsens in der deutschen Linken (anders als quasi überall anders auf der Welt), hat sich aber soweit verbreitet, dass die vormals in vielen Studierendenvertretungen, Szenekiezen und linken Treffpunkten (z.B. Rote Flora oder Rigaer94) hegemonialen Antideutschen ganz schön an Unterstützung verloren haben.

Selbst wenn es also als verzweifelte Maßnahme des antideutschen Milieus im Stadium seines Todes gesehen wird, ist es schon erstaunlich, was sich hier herbei fantasiert wird: In einer Aufzählung wird ganz im Vorbeigehen eine politische und inhaltliche Nähe zwischen Nazis und Kommunist:innen erfunden, in bester bürgerlich-demokratischer Hufeisenmanier. Das Selbstverständnis dieses Kongresses, in welchem man eine zu einer theoretischen und praktischen „Kritik“ der von den Organisator:innen beobachteten Verhältnisse formulieren will, baut auf der extrem scharfsinnigen Behauptung auf, dass Islamisten, Antiimperialisten, Nazis quasi nur Marginalien trennen – der Antisemitismus und Israelhass vereinigt sie ja. Eine Analyse, die nicht besser im Verfassungsschutzbericht hätte präsentiert werden können. 

Diese Nähe zur politischen Logik des herrschenden Establishments, die diese vermeintlichen Linken an den Tag legen, wird dann umso offensichtlicher, wenn man von einer „Anbiederung an den Zeitgeist“ lesen muss, die diesen „autoritären“ Gruppen vorgeworfen wird, während man selbst mit jeder Faser seiner politischen Haltung das Vertritt, was in den letzten anderthalb Jahren unter dem Begriff der Staatsräson gefasst wird. Worin auch immer die beobachtete „Anbiederung“ bestehen soll, selbst sind die Organisator:innen längst über „Anbiederung“ hinaus, dort wird nicht mehr angebiedert, sondern man verkörpert die Staatsräson, und das nämlich ist der Zeitgeist, der dieser Tage Deutschland dominiert. Damit steht man selbst auf einer Seite mit allen bürgerlichen Parteien und der Polizei, die eben im Namen der Staatsräson unsere Demos verbieten, uns verprügeln wenn wir dann dich demonstrieren dürfen und nicht zuletzt die bedingungslose Unterstützung der Staatsräson zur Bedingung an ein Leben in Deutschland knüpfen, um einfach abschieben zu können was sich dem nicht unterwerfen will, genau so wie es jetzt vier palästinasolidarischen Studierenden ergehen soll. Damit entlarven sich die „Anti“-deutschen mal wieder als die deutschesten der Deutschen. 

Und das traurige Highlight von allem: Dieses Gruselkabinett des kümmerlichen Restes der antideutschen Szene wird stolz gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Selbst mit der Position eine linke Stiftung müsse auch verschiedene linke Strömungen finanziell und ideologisch fördern kann das keine Legitimation dafür darstellen so ein reaktionäres Schaulaufen in irgendeiner Weise zu unterstützen. Was die politische Linie dieser Veranstaltung angeht könnte die RLS ihre Gelder direkt an das Innenministerium abgeben. Am Ende zeigt diese Unterstützung aber doch mal wieder eins: Auch die LINKE und die Institutionen, die mit ihr verbunden sind, machen sich nicht frei von der Staatsräson, sondern schwimmen mal mehr und mal weniger auffällig in ihrem Fahrwasser. Wer das aber tut, kann am Ende des Tages kein echter Verbündeter von palästinasolidarischen, antirassistischen und kommunistischen Linken sein.

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