Warum Feminist:innen das palästinensische Volk unterstützen sollten
Angesichts der Bombardierungen und der andauernden israelischen Offensive in Gaza müssen feministische und queere Organisationen, die täglich gegen Unterdrückung kämpfen, ihre Unterstützung für das palästinensische Volk deutlich machen, das seit Jahrzehnten unter einem Apartheidregime leidet.
Etwa drei Wochen nach der Offensive der bewaffneten palästinensischen Organisationen unter der Führung der Hamas setzt Israel seine gewaltsamen Vergeltungsmaßnahmen im Rahmen einer groß angelegten Militäroperation fort. Premierminister Netanjahu spricht vom Beginn der „zweiten Phase des Krieges“. Die massive Bombardierung des Gazastreifens forderte bereits mehr als 7.000 Todesopfer, und seit dem 9. Oktober steht die vollständige Belagerung des Gazastreifens, wodurch die Strom-, Wasser- und Gasversorgung sowie die Nahrungsmittellieferungen an die zwei Millionen Menschen, die keine Fluchtmöglichkeiten haben, unterbrochen wurden. Letzten Dienstag wurden bei einem israelischen Angriff auf ein Krankenhaus im Herzen von Gaza mehr als 500 Menschen getötet. „Wir bekämpfen menschliche Tiere und handeln dementsprechend“, sagte Yoav Galant, Israels Verteidigungsminister: Der Beginn der Bodeninvasion des israelischen Militärs in Gaza, kündigt eine neue Phase der ethnischen Säuberung des palästinensischen Volkes an.
Eine gespaltene oder schweigende Frauenbewegung angesichts des Imperialismus
Die Bilder der palästinensischen Offensive gingen um die Welt. Sie inspirierten einerseits zu Solidaritätsbekundungen mit dem palästinensischen Volk in den Flüchtlingslagern, in den arabischen Ländern und sogar in den USA, andererseits zur Verurteilung durch alle Führer der imperialistischen Länder. Die französische Regierung bezeichnete die Hamas-Operation als „Terrorangriff“ und unterstützte Israels Recht auf „Selbstverteidigung“, ganz im Sinne der Erklärungen der Europäischen Union und der USA. Seitdem werden diejenigen, die den Kampf des palästinensischen Volkes unterstützen, ohne sich zu den Angriffen der Hamas auf die Zivilbevölkerung zu bekennen, wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ angegriffen. Politischen Parteien der französischen Linken wie La France Insoumise, der NPA, Révolution Permanente und Vereinigungen wie dem Collectif Palestine Vaincra oder der Union juive française pour la paix (Jüdische Union für den Frieden), sowie palästinensische Organisationen in Deutschland, droht somit ein Prozess der Auflösung oder Verbote.
In diesem Kontext einer internationalen Kampagne zugunsten Israels, die von allen herrschenden Medien und Intellektuellen aufgegriffen wird, scheint die feministische Bewegung gespalten zu sein.
Auf der anderen Seite sprachen sich in Frankreich Figuren des antirassistischen Feminismus für die Unterstützung des Kampfes des palästinensischen Volkes aus, wie Françoise Vergès, die beschrieb: „Auf der einen Seite eine koloniale Besatzung mit ihrer systemischen Gewalt, ihrem strukturellen Rassismus, ihrer Illusion von Demokratie, Landraub, Folter, auf der anderen Seite ein legitimer Kampf für die Befreiung. Nichts anderes.“ Die Soziologin Kaoutar Harchi bekräftigte: „Jedes Volk auf der Erde hat das Recht auf ein Land, auf ein politisches Dach über dem Kopf. Aber offensichtlich ist das zivile Leben ungleich, ein Zivilist ist nicht gleich ein Zivilist. Sonst würde die Welt den täglichen Tod palästinensischer Zivilisten verurteilen. Aber nur der Tod von israelischen Zivilisten wird verurteilt“. Die antirassistische und Umweltaktivistin Fatima Ouassak nahm ebenfalls Stellung: „In dem Krieg zwischen Siedlern und Kolonisierten muss man (ohne zu zittern) die Seite der Kolonisierten unterstützen“. Die feministische Journalistin Mona Chollet zeigte sich schockiert über die Gewalt des Entmenschlichungsprozesses, der gegen die Palästinenser eingeleitet wurde: „Es ist nun klar, dass sie (zumindest im Westen) endgültig aus der Menschheit ausgeschlossen worden sind. Dies ist nie und wird wahrscheinlich nie die Zeit für ihr Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit sein. Ihr Leid wird niemals eine Heimat finden. Ich muss zugeben, dass diese Erkenntnis für mich ein großer Schock war“.
Während einige Persönlichkeiten Stellung bezogen haben, herrschte auf Seiten der feministischen und LGBTQI-Organisationen im Allgemeinen Schweigen. Ob vom Kollektiv Nous Toutes auf nationaler Ebene oder von der Coordination Féministe, die feministische Kollektive in ganz Frankreich vereint, gab es bisher keine Stellungnahme zu der Situation. Die einzige Ausnahme ist das Kollektiv Les Inverti-es, das eine Erklärung veröffentlichte, in der es heißt: „Transen, Schwuchteln, Lesben unterstützen Palästina! Die Befreiung von LGBT+ geht über die Befreiung des palästinensischen Volkes“, und das Kollektiv Intersex Activiste prangerte die Verletzung der Rechte von Kindern an, die fast 50 Prozent der Bevölkerung in Gaza ausmachen, und rief die französische Regierung dazu auf, „den Staat Israel zur Einhaltung des internationalen Rechts zu bewegen“.
In Deutschland hat sich ein ähnliches Szenario abgezeichnet, worin sich ein Großteil der „institutionalisierten Feminist:innen“, vor allem NGOs, dessen organische Vertreterin die Außenministerin Annalena Baerbock ist, der bedingungslosen Solidarität Israels verschrieben haben. Dabei findet ebenfalls mehrheitlich ein Schweigen über die Luftangriffe der israelischen Armee sowie der Blockade Gazas statt. Innerhalb dieses Lagers entwickeln sich allerdings kritischere Positionen, die unter Berufung auf das Völkerrecht einen Waffenstillstand fordern. Innerhalb der radikalen Linken hat sich eine Mehrheit der autonomen Feminist:innen, die von antideutschen Positionen dominiert werden, als Ziel die Delegitimierung palästinasolidarischer Organisationen gesetzt, womit sie die imperialistische Linie der Ampel vehement verteidigen.
Während sich besonders in den imperialistischen Zentren feministische und linke Gruppen dem Druck der „bedingungslosen Solidarität” mit dem israelischen Staat beugen und imperialistische Politiker:innen, die sich selbst als Vertreterin für Frauenrechte und Frieden sehen, gegen eine Waffenruhe stimmen und damit den andauernden Genozid an Frauen und Kindern aktiv stützen, gibt doch es jedoch auch viele, die nicht schweigen und sich auch angesichts des enormen Drucks entscheiden auf die Seite der Unterdrückten zu stellen. Und das entgegen der andauernden Hetze, die mit alten Argumenten wie dem reaktionären Charakter der Hamas deklariert, es sei unmöglich, Feminist:in zu sein und für die Befreiung der Palästinenser:innen zu kämpfen.
Dennoch fehlt es in Deutschland an standhaften Positionierungen feministischer Organisationen, die in der Konsequenz eines antiimperialistischen und antikolonialen Feminismus den palästinensischen Widerstand unterstützen. In Frankreich wurde in diesem Sinne eine Erklärung von über 80 feministischen und queeren Organisationen sowie von zahlreichen bekannten Persönlichkeiten veröffentlicht.
An eine antiimperialistische feministische Tradition anknüpfen
Die schwache Reaktion der feministischen Bewegung auf die andauernden ethnischen Säuberungen in Palästina ist untrennbar mit dem politischen Druck verbunden, den die Regierung, die Rechte und die extreme Rechte in den letzten Tagen zugunsten des Staates Israel – ihres strategischen Verbündeten im Nahen Osten – entfaltet haben. Unter Berufung auf Szenen von Geiselnahmen und Übergriffen auf israelische Zivilist:innen, insbesondere Frauen und Kinder, versuchen sie, jede Form des Protests gegen das den Palästinenser:innen auferlegte Schicksal zu ersticken, indem sie linke Organisationen, einschließlich Feminist:innen, Nähe zum „Terrorismus“ vorwerfen.
Diese Art von Rhetorik ist nicht neu. Wie die feministische Aktivistin Angela Davis in Freedom is a Constant Struggle (2016) erklärt:
Die Frage der Gewalt in den Vordergrund zu stellen, ermöglicht es, die Herausforderungen zu verschleiern, die im Zentrum emanzipatorischer Kämpfe stehen. Dies war bereits in Südafrika während des Kampfes gegen die Apartheid der Fall. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass Nelson Mandela, der als größter Friedensstifter unserer Zeit gefeiert wurde, bis 2008 auf der schwarzen Liste der Terroristen in den USA stand. Die wahren Herausforderungen des Kampfes für die Befreiung Palästinas werden so von denen, die uns glauben machen wollen, dass der palästinensische Widerstand gegen die israelische Apartheid mit Terrorismus gleichzusetzen ist, heruntergespielt und verschleiert.
Doch angesichts der Manöver der Verteidiger des Imperialismus war die Frauenbewegung nicht immer so still. Im Laufe der Geschichte, vom Kampf für die Befreiung der Schwarzen in den USA über den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika bis hin zur Verurteilung der US-Intervention im Irak, hat sich in der Frauenbewegung eine internationalistische und antiimperialistische Tradition herausgebildet. Im Herzen der größten imperialistischen Weltmacht haben sozialistische und feministische Aktivistinnen folgenden Grundsatz nach Audre Lorde auf die Tagesordnung gesetzt: „Ich bin nicht frei, solange noch eine einzige Frau ihrer Freiheit beraubt wird, auch wenn ihre Ketten ganz anders sind als meine“.
Heute für die Freiheit aller Frauen auf der Welt zu kämpfen, bedeutet, den Kampf des palästinensischen Volkes gegen den Kolonialstaat Israel zu unterstützen. Weil die palästinensischen Frauen als Erste das Elend trifft, das durch die andauernde ethnische Säuberung verursacht wird, genauso wie sie als Erste von den Kriegen, den Zwangsumsiedlungen und der Apartheid betroffen sind, die dem palästinensischen Volk seit mehr als 70 Jahren aufgezwungen werden. Aber auch, weil die Befreiung von Frauen auf der ganzen Welt notwendigerweise den Kampf gegen den Imperialismus erfordert: Palästinenser:innen, die für ihre Selbstbestimmung kämpfen, sind die Verbündeten von Frauen und LGBTQI in Deutschland und den USA gegen den Imperialismus. Diese imperialistischen Staaten unterstützen den Staat Israel als Verbündeten im Nahen Osten, wie sie auch im Inland verschiedene soziale Gruppen unterdrücken und gegeneinander ausspielen. Sie verfolgen dabei dasselbe Ziel: ein patriarchalisches kapitalistisches System zu schützen, in dem eine Minderheit auf Kosten der großen Mehrheit, der unterdrückten Völker, der Frauen und der LGBTQI lebt.
Während also feministische Organisationen, die sich auf die „Intersektionalität der Kämpfe“ berufen, sich heute weigern, für Palästina Stellung zu beziehen, als wäre dies eine Frage außerhalb des feministischen Kampfes, ist es dringend notwendig, an die antiimperialistische Tradition des feministischen Kampfes anzuknüpfen. Wie Angela Davis erklärte: „Auch heute sind wir herausgefordert, zu verstehen, wie untrennbar Begriffe wie Rasse, Klasse, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Nationalität oder Behinderung miteinander verbunden sind. Wir müssen lernen, diese Kategorien zu überwinden, um die Wechselwirkungen zwischen Ideen und Prozessen zu beleuchten, die scheinbar getrennt und unverbunden sind. Die Betonung der Konvergenzen zwischen den Kämpfen gegen Rassismus in den USA und den Kämpfen gegen die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel ist aus dieser Sicht ein feministischer Ansatz. (…) So wie der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika von Menschen auf der ganzen Welt unterstützt wurde und zu einem vorrangigen Ziel für viele fortschrittliche Bewegungen auf der ganzen Welt geworden ist, muss die Frage der Solidarität mit Palästina zu einem zentralen Thema für emanzipatorische Organisationen und Bewegungen auf der ganzen Welt werden.“
Nach 75 Jahren kolonialer Unterdrückung kämpft das palästinensische Volk, das in Flüchtlingslagern in Nachbarländern wie dem Libanon, Syrien oder Jordanien, aber auch im Westjordanland, wo es einer in den letzten Jahren verstärkten Siedlungspolitik ausgesetzt ist, und andererseits im Freiluftgefängnis in Gaza, verstreut ist, weiterhin für sein Recht auf Selbstbestimmung. In einer Zeit, in der diese Unterstützung kriminalisiert wird, sollte sich die feministische und LGBTQI-Bewegung laut und deutlich auf die Seite derjenigen stellen, die unter einem kolonialen Joch leiden und das Recht auf Selbstbestimmung und ein Leben in Würde fordern.
Dieser Kampf ist untrennbar mit dem Kampf gegen die Zweckentfremdung des feministischen Kampfes verbunden. Immer wieder wird dieser umgeleitet, um nur einer Minderheit von Frauen der Oberschicht in den imperialistischen Ländern zu dienen. Um politische Kraft zu gewinnen, muss die feministische Bewegung wieder die Frage nach der Befreiung aller Frauen, aller Unterdrückten beantworten. Diese Aufgabe stellt den Feminismus frontal gegen den Imperialismus. Der Kampf für die Emanzipation der Frauen ist untrennbar damit verbunden, das imperialistische Projekt, das die Menschen in den kolonisierten Ländern unterdrückt, nicht nur moralisch, sondern auch strategisch zu zerschlagen, um die Mehrheit der Bevölkerung für das feministische Projekt zu gewinnen.
Israels Pinkwashing
An diese Tradition anzuknüpfen bedeutet auch, Israels Versuche, sich als Verbündeter von Frauen und LGBTQI darzustellen, lautstark anzuprangern. Die Professorin für Queer Studies Jasbir Puar und Sarah Schulman, eine ehemalige Aktivistin von Act Up New York, haben die Versuche Israels dokumentiert, sein Image seit mindestens 2005 auf internationaler Ebene aufzupolieren, indem es die Rechte von Frauen und LGBTQI instrumentalisiert. Die Kampagne „Brand Israel“, die in jenem Jahr vom Staat Israel zusammen mit Kommunikationsagenturen ins Leben gerufen wurde, zielte darauf ab, ein „modernes“ und „fortschrittliches“ Image für einen Staat aufzubauen, der bis dahin vor allem als „militaristisch“ und „religiös“ galt, um die Bevölkerung in den imperialistischen Ländern für das zionistische Projekt zu gewinnen. Die Kampagne beinhaltete unter anderem die Finanzierung kostenloser Exkursionen nach Israel für europäische und nordamerikanische Kultureliten, die in der Lage waren, ihre Reisen zu dokumentieren und sie an das Publikum in ihren jeweiligen Ländern weiterzugeben. „Die Herausforderung für Brand Israel war immens“, schreibt Schulman. „In einem EastWest-Ranking zur Wahrnehmung von Nationen lag Israel 2009 auf Platz 192 von 200, hinter Nordkorea, Kuba, dem Jemen und dem Sudan.“
In den frühen 2010er Jahren, so Schulman weiter, setzte das israelische Tourismusministerium im Zuge der Rebranding-Bemühungen auf queeren Tourismus in Städte wie Tel Aviv, die als progressive Enklaven mit einer dynamischen und lebendigen queeren Szene beworben werden. Es wird geschätzt, dass das Tourismusministerium und die Stadtverwaltung von Tel Aviv im Jahr 2011 über 94 Millionen US-Dollar in den queeren Tourismus investiert haben. Die Kampagne „Brand Israel“ finanziert den „Israel Pride Month“ in der Stadt San Francisco, die ein Symbol für die LGBTQI-Gemeinschaft in den USA ist.
Besondere Anstrengungen werden auch der Neugestaltung des Images der IDF gewidmet, der israelischen Armee, die sich der Kriegsverbrechen und der Tötung palästinensischer Zivilisten schuldig gemacht hat. Da die Wehrpflicht in Israel nicht nur für Männer gilt, versucht der israelische Staat, seine Armee zu legitimieren, indem er die Stellung weiblicher Soldaten als Zeichen der Fortschrittlichkeit anpreist. In großen US-amerikanischen Medien wie Vice werden Artikel veröffentlicht, in denen „die intimen Fotoporträts der weiblichen IDF-Soldaten“ hervorgehoben werden, die das Image der Armee des kolonialen Staates mildern sollen. Das zionistische Medium Times of Israel veröffentlichte ein Interview mit einer lesbischen Soldatin der IDF, in dem die israelische Armee als eine der „fortschrittlichsten der Welt“ dargestellt wird, die sogar dem Staat selbst „voraus“ sei. „Ich liebe die IDF. Ich denke, die Armee ist der einzige Ort, an dem man nicht diskriminiert wird, wenn es um das Gehalt geht. Ob du ein männlicher oder weiblicher Offizier bist, du bekommst das gleiche Gehalt“, schwärmt die Soldatin.
Auf TikTok schließlich führen die weiblichen Soldaten der IDF seit Jahren eine regelrechte Desinformationskampagne über den Konflikt durch, indem sie wie Influencer:innen in den sozialen Netzwerken aktiv sind. Sie sind das neue Gesicht der nationalistischen Pro-Kriegs-Propaganda.
So betreibt Israel seit fast zwei Jahrzehnten mit der Unterstützung der imperialistischen Länder eine Propaganda, die den Siedlerstaat als liberale Demokratie darstellen soll, die nach dem Vorbild der Länder Europas und Nordamerikas an der Spitze der Queer- und LGBTQI-Befreiung gestanden habe. Doch wie Schulman schreibt, existieren in Israel die mageren Fortschritte nur für einen Teil der israelischen Bevölkerung. So ist die gleichgeschlechtliche Ehe ist zum Beispiel immer noch verboten. Die Fortschritte gelten hauptsächlich für LGBTQI-Tourist:innen aus den Oberschichten der imperialistischen Länder. Diese Fortschritte neben der brutalen Unterdrückung der Palästinenser, sowohl innerhalb als auch außerhalb des israelischen Staates.
Der Glitzer der Tel Aviv Pride kann weder die rassistische Segregation noch die Inhaftierung Tausender politischer Gefangener oder die Bombardierung von Zivilist:innen reinwaschen. Die demokratische Darstellung der Unterstützung für feministische und LGBTQI-Kämpfe kann nicht die Situation eines Kolonialstaates verschleiern, der die Palästinenser:innen unterdrückt und von den westlichen Großmächten unterstützt wird, um eine strategische Position des Imperialismus im Nahen Osten zu sichern.
Feminist:innen und antiimperialistische LGBTQI-Aktivistinnen: Unterstützen wir den Kampf des palästinensischen Volkes!
Im Mai 2021, während bewaffneter Zusammenstöße im Gazastreifen – bei denen die IDF 256 Palästinenser:innen tötete, darunter 66 Minderjährige – richtete das in den USA ansässige Palästinensische Feministische Kollektiv einen Aufruf an Feminist:innen auf der ganzen Welt: „Palästina ist eine feministische Angelegenheit. Wir bejahen das Leben und fordern Feminist:innen auf der ganzen Welt auf, sich zu äußern, sich zu organisieren und sich dem Kampf für die Befreiung Palästinas anzuschließen“.
Feminist:innen und LGBTI-Aktivist:innen haben die politische Pflicht, diesem Aufruf zu folgen und unseren Feminismus in das Erbe der Kämpfe von Frauen einzuschreiben, die gegen den deutschen, französischen und britischen Kolonialismus, gegen die rassistische Segregation und Apartheid in den USA und in Südafrika gekämpft haben. Nach Jahrzehnten des Pinkwashing ist es an der Zeit zu zeigen, dass LGBTQI-Aktivist:innen nicht die Rolle des Bürgen eines Kolonialstaates spielen werden. Stattdessen stützen wir uns auf die Kämpfe und Arbeiten der vielen feministischen und LGBTQI-Aktivist:innen, die die Notwendigkeit betont haben, diese Kämpfe mit dem Antiimperialismus zu verknüpfen.
Der homosexuelle Schriftsteller und Bürgerrechtler James Baldwin, der seit Ende der 1940er Jahre in Paris im Exil lebte, fühlte sich vom algerischen nationalen Befreiungskampf tief betroffen und schrieb in No Name In The Street (1972): „Ihr Schicksal war irgendwie mit meinem verbunden, ihr Kampf war nicht nur ihr Kampf, sondern auch meiner, und es wurde für mich zu einer Frage der Ehre, nicht zu versuchen, der Last dieser Realität auszuweichen“. Ähnlich äußerte sich später Leslie Feinberg, ein:e nordamerikanische kommunistische, jüdische LGBTQI-Aktivist:in: „Ich glaube nicht, dass unsere Sexualität, unsere geschlechtliche Identität und unsere Körper befreit werden können, ohne dass eine heftige Mobilisierung gegen imperialistischen Krieg und Rassismus ein integraler Bestandteil unseres Kampfes ist. Der Grad der Progressivität oder Revolution einer Bewegung wird daran gemessen, wie unabhängig sie von den Spitzen der Gesellschaft ist, die sie zu verändern sucht.“
Angesichts des imperialistischen Drucks, etwas zu legitimieren, was nichts anderes ist als eine ethnische Massensäuberung, die als „Militäroperation gegen den Terrorismus“ getarnt ist, müssen feministische Organisationen den nationalen Befreiungskampf des gesamten palästinensischen Volkes gegen den Kolonialstaat Israel bedingungslos unterstützen. Um das Apartheidregime zu beenden, ist es dringend notwendig, die Perspektive eines massiven Kampfes des gesamten palästinensischen Volkes zu verteidigen, an der Seite der Arbeiter:innen, Jugendlichen und Frauen in allen Ländern der Region, die sich erheben, wie kürzlich im Iran nach dem Mord an Mahsa Amini, aber auch an der Seite der israelischen Arbeiter:innen und Arbeiter, die mit dem Zionismus brechen und sich dafür entscheiden, dem Staat Israel als ihrem eigenen Ausbeuter und Unterdrücker gegenüberzutreten.
Das grundlegende Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung erfordert die Zerschlagung des zionistischen Staates Israel und seiner Militärmaschinerie. Das legitime nationale Streben der Palästinenser:innen kann nur dann wirksam und umfassend garantiert werden, wenn mit revolutionären Mitteln ein freies und sozialistisches Palästina auf dem gesamten historischen Territorium errichtet wird, in dem die arabische und die jüdische Bevölkerung friedlich und gleichberechtigt zusammenleben können.
@klassegegenklasse „Wir denken, dass die Befreiung Palästinas auch ein feministischer Kampf ist!“ Rede von @sasha anxty von @Revolution Permanente ♬ Originalton – Klasse Gegen Klasse
Dieser Artikel erschien erstmals am 17. Oktober 2023 bei Révolution Permanente.