Wahlprogramme allein werden uns gegen die AfD nicht weiterhelfen

27.08.2024, Lesezeit 4 Min.
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bild: KGK/Maxi

Die AfD vertritt ein durch und durch neoliberales Programm mit Sozialangriffen. Ohne jedoch eine tatsächliche Alternative auf der Straße, in den Betrieben und den Parlamenten anzubieten, kann man ihre soziale Basis nicht entziehen. Kommentar eines ver.di Mitglieds in einer Berliner Großklinik.

Die zunehmenden Wahlerfolge der AfD versetzen viele Menschen in Aufruhr. Besonders erschreckend ist, dass viele Arbeiter:innen und sogar Gewerkschaftsmitglieder die sogenannte Alternative für Deutschland wählen. Dabei vertritt die AfD überhaupt nicht die objektiven Interessen der Arbeiter:innenklasse, sondern steht ganz im Gegenteil für weitere Kürzungspolitik und neoliberale Reformen, die den Wirtschaftsstandort Deutschland für das Kapital attraktiver machen soll. Im Gegenzug hetzt sie gegen Geflüchtete, Menschen mit Migrationshintergrund und andere Minderheiten, die sie für die soziale Misere verantwortlich macht. 

Trotzdem reicht es eben nicht aus, bloß auf die neoliberale Agenda der sogenannten Alternative für Deutschland zu verweisen. Denn die Wahlerfolge der AfD stützen sich weniger auf ihre rassistische Politik und ihre neoliberale Agenda, als vielmehr auf die Niederlagen im Klassenkampf der letzten 30 Jahre. Diese sind das Produkt des fast schon permanenten Verrats durch die reformistische Bürokratie, die sich mehr um ihre eigene Stellung im Regime kümmert, als tatsächliche Verbesserungen für die Arbeiter:innenklasse zu erkämpfen.

Im Kampf gegen die AfD verweist eben jene Bürokratie gerne auf das unsoziale Programm der sogenannten Alternative für Deutschland. Ohne jedoch eine tatsächliche Alternative im Interesse der Arbeiter:innenklasse anzubieten, ruft man damit bloß indirekt zur Wahl der etablierten Parteien auf, die in den letzten 30 Jahren die Interessen der Arbeiter:innenklasse mit Füßen getreten haben. Darum ist es wenig verwunderlich, dass solche Appelle bloß ungehört verhallen.  

Die Resignation innerhalb der Arbeiter:innenklasse ist angesichts der letzten drei Jahrzehnte so groß, dass in großen Teilen wenig Hoffnung auf eine tatsächliche Alternative im Interesse der Arbeiter:innenklasse besteht. Wir müssen daher auch konkrete Schritte in die Richtung unternehmen. Viel wichtiger als auf das neoliberale Programm der AfD zu verweisen, ist es, mit allen Aktivist:innen, die sich im Kampf gegen die AfD engagieren, über die Notwendigkeit und den Aufbau einer tatsächlichen Alternative im Interesse der Arbeiter:innenklasse zu diskutieren. Zum Beispiel durch die Schaffung einer sozialistischen Wahlfront, die sich mit einem revolutionären Programm und Verankerung in den Betrieben dem Reformismus entgegenstellt.

Gleichzeitig müssen wir an Orte gehen, wo die Arbeiter:innenklasse kämpft und konkrete Angebote schaffen. Beispielsweise sind in der PCK-Raffenerie in Schwedt infolge des Ukrainekriegs und der Sanktionen gegen Russland bis zu 2.000 Arbeitsplätze bedroht. In dieser einstigen SPD-Hochburg konnte die AfD zunehmend Stimmen gewinnen. Mit ihrem prorussischen Programm konnte sie als einzige aus der Sorge der Menschen um ihren Arbeitsplatz politischen Profit schlagen. 

In Südkorea konnte die Gruppe “March to Socialism” mit Beschäftigten aus dem Energiesektor, die gegen die Schließung ihres Kraftwerks kämpfen, ein Komitee gründen, um für eine Energiewende im Interesse der Beschäftigten zu kämpfen. Damit konnte sie zu einer führenden Kraft im Kampf um Klimagerechtigkeit werden. Sie könnte als Vorbild im Sinne einer hegemonialen Politik für die demokratische Umgestaltung der Wirtschaft dienen. 

Weiterhin stehen kommende Tarifrunden im öffentlichen-Dienst in Deutschland an, an denen hunderttausende Beschäftigte beteiligen werden. Die Perspektive muss darin bestehen, dass wir r die Streiks für mehr Lohn und weniger Arbeitszeit mit einer politischen Protestbewegung gegen die Regierung und gegen die Rechte verbinden müssen. 

Eine solche gewerkschaftliche Protestbewegung braucht auch soziale Forderungen an die Bundesregierung, um möglichst viele Schichten der arbeitenden Bevölkerung und der Jugend hinter sich zu holen. Milliarden-Investitionen in Bildung, Gesundheit, Klima und Soziales statt Militarisierung, massive Steuern auf Gewinne und Vermögen der Banken, Konzerne und Superreichen sowie ein Ende aller Kürzungsvorhaben. Ebenfalls braucht es die Beteiligung der Gewerkschaften und Betriebsgruppen an Aktionen gegen die AfD und Rechte. Falls die Nazis 1000 Leute mobilisieren, müssen wir ihnen mit 10.000 entgegentreten. 

Nur wenn die Menschen sehen, dass eine tatsächliche Alternative im Interesse der Arbeiter:innenklasse gegen die Regierung, Konzerne und Bankiers möglich ist, kann die AfD erfolgreich zurückgeschlagen werden.

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