Wahlen an der LMU München: Ein Sitz für marxistische Hochschulgruppe und die Frage: Wie kämpfen wir nun gegen den Rechtsruck?

01.07.2024, Lesezeit 6 Min.
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Wahlstand am IfS an der LMU

Nach einer von der Palästinafrage politisierten Wahl am Institut für Soziologie der LMU, kann Waffen der Kritik einen Sitz halten, während die Fachschaftsinitiative einen Sitz gewinnt. Angesichts des Vormarsches der AfD stellt sich nun die Frage: Wie können wir vom Institut heraus gegen den Rechtsruck kämpfen?

Die Fachschaftswahlen an der LMU München sind vorbei und die Ergebnisse der Wahl nun öffentlich sichtbar. Aufgrund der beschränkten demokratischen Rechte von Studierenden in Bayern, dem einzigen Bundesland ohne eine verfasste Studierendenschaft, erfährt diese Abstimmung meist wenig Beachtung. Die Fachschaften werden somit in der Regel durch eine niedrige Wahlbeteiligung legitimiert und fokussieren sich vorwiegend neben der Studienbegleitung auf Partys und seltene inhaltliche Veranstaltungen. In einer Zeit der politischen Polarisierung, der Militarisierung und des Rechtsrucks findet jedoch ein Sinneswandel statt.

Am Institut für Soziologie drückte sich dies offenkundig aus: die Wahlbeteiligung erhöhte sich seit unserem ersten Antritt als WdK von 10,32 Prozent (2022) auf 13,28 (2023) und dieses Jahr erneut auf 16,26 Prozent (2024). Insbesondere die Palästinafrage und der andauernde Genozid in Gaza politisierte die Hochschulwahlen am Soziologieinstitut der LMU.. Nachdem letztes Semester erstmals seit Jahren zwei Wahllisten wählbar waren, sah die Fachschaftsinitiative Soziologie (FiS) dieses Jahr sogar die Notwendigkeit, einen echten Wahlkampf mit Plakaten und einem Wahlstand zu machen. 

Wir von Waffen der Kritik konnten unsere Kraft am Institut halten – trotz massiver Hetze gegen unsere Organisation von bürgerlichen Medien, der Institutsleitung, der Fachschaftsinitiative Soziologie und den Kommiliton:innen in der Studierendenbürokratie. Kilian Gremminger, der in den Medien aufgrund seines Engagements für Palästina persönlich diffamiert wurde, behält damit seinen Sitz als Fachschaftsvertreter. Durch ihre Anstrengungen und die allgemeine rechte Hetze gegen uns gelang es der FiS dieses Jahr besser alle nicht-linken Soziologiestudierenden hinter sich zu vereinen und gewann dadurch einen Sitz.  

Auf den ersten Blick können die Programme der FiS und von WdK ähnlich wirken, doch hinter den oberflächlichen Ähnlichkeiten, dass man sich gegen Rassismus, Sexismus und Faschismus stellt, verbergen sich tiefe strategische Unterschiede. Die FiS hat immer wieder betont, dass sie unsere Interessen in „guter Zusammenarbeit in den Gremien“ (dem Leitungsgremium des Instituts, dem Fakultätsrat, sowie dem Konvent der Fachschaften) vertreten wollte und sieht ihre Legitimation darin seit Jahren als einzig wählbare Liste von einigen wenigen Prozent der Studierenden abgesegnet zu werden. Die gute Kommunikation mit diesen Gremien allein bringt den Kampf gegen Sexismus, Rassismus und allgemeiner gegen Rechts aber keinen Schritt weiter. Die Arbeit nach den undemokratischen Regeln der bayerischen Institutionen legitimiert diese Verhältnisse nur. Es bedeutet vielmehr, sich ihnen unterzuordnen. Die Fachschaftsvertretungen zu Mitverwaltern eines Systems, das Studierende systematisch ruhigstellen soll – ob das nun ihre Absicht ist oder nicht. 

Wir von Waffen der Kritik nehmen uns dagegen ein Beispiel an den internationalen und historischen Studierendenbewegungen, die die Politik ihrer Länder immer mitprägen und mitgeprägt haben. Wir setzen auf die Mobilisierung und die Einheit von Studierenden und Beschäftigten gegen die reaktionären Verhältnisse an den Unis. Wir können uns auf keinen deutschen Status quo einlassen, der durch Kettenbefristung und eine allgemeine Kultur des Schweigens dafür sorgt, dass Dozierende und Studierende sich nicht trauen, sich politisch zu äußern, weil sie berufliche Konsequenzen fürchten. 

Dass die Interessenvertretung durch bloße Kooperation mit den Hochschulgremien nicht funktioniert, haben die jüngsten Ereignisse wieder einmal bewiesen. Die Staatsregierung versucht AfD-Positionen mit dem Genderverbot und dem Kooperationsgebot mit der Bundeswehr gesetzlich zu verankern und bereitet mit der politischen Exmatrikulation einen Angriff auf palästinasolidarische Studierende vor. Die Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger wollte gegen unliebsame Forscher:innen vorgehen, weil diese sich gegen Polizeigewalt an palästinasolidarischen Studierenden ausgesprochen hatten. In dieser Situation attackierte die Hochschulleitung die FiS und das Referat gegen Faschismus mit einem Verbot ihrer „Booty shaken gegen Rechts“-Party. Sogar die Vorbereitung auf den CSD in Uniräumen wird untersagt, was ein eindeutiger Angriff auf queere Rechte ist und klarmacht, dass die Hochschuleitungen keinen Kampf gegen Rechts tolerieren wird. Anstatt die Studierenden zu informieren, dieses Vorgehen zu skandalisieren und ihre Kommiliton:innen im Protest gegen die Hochschulleitung zu mobilisieren, schweigt die FIS bis jetzt dazu, was geschehen ist. Trotz vermehrter Nachfrage, erreichten uns die Informationen zu den Geschehnissen absurderweise über einen Instagram-Post der Fachschaft Theaterwissenschaften, die die Party nicht mitorganisiert hatte. Darüber, welche Rolle der Wahlkampf letzte Woche für dieses Vorgehen der FiS gespielt hatte, können wir nur spekulieren. 

Als Waffen der Kritik wollen wir dazu beitragen, eine breite Front gegen diese Angriffe, die Teil des Rechtsrucks sind, zu organisieren und rufen die FiS, genauso wie alle Studierenden und Fachschaftsverter:innen dazu auf, unsere historische Verantwortung in Angriff zu nehmen. Unsere Fachschaften dürfen nicht als ständische Interessenvertretungen fungieren, die komplett isoliert von der Gesellschaft die schwerwiegenden Veränderungen passiv beobachten. Wir müssen Initiativen praktisch unterstützen, wie den Aufbau der Betriebsgruppe an unserem Institut, genauso wie andere soziale Kämpfe von Beschäftigten in unserer Stadt, wie wir es in den letzten anderthalb Jahren in Unterstützung mit den Kolleg:innen der Neuperlacher Geburtshilfe taten.

Diese Verantwortung dürfen wir nicht an eine imaginäre Sphäre des „Allgemeinpolitischen“ abgeben, weshalb wir alle Kommiliton:innen, die uns gewählt haben oder mit unseren Ideen sympathisieren, dazu aufrufen, in Kontakt mit uns zu treten. Wir sind Teil einer Generation, die heute in den multiplen Krisen und Kriegen die Folgen der kapitalistischen Welt sehen kann, in die wir hineingeboren wurden. Eine Generation, die dadurch einerseits der rechten Demagogie zuläuft – wie zuletzt bei den EU Wahlen sichtbar wurde – und andererseits in eine tiefe Resignation verfällt. Wir sind jedoch ebenso Teil einer Generation, die weltweit ihre Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen durch zahlreiche Aufstände und Revolten ausdrückte. Lasst uns eine Kraft aufbauen, die der vermeintlichen Alternativlosigkeit dieses ausbeuterischen Systems den Rücken zukehrt und an der Seite der Arbeiter:innenklasse, auf die großen Fragen unserer Zeit eine sozialistische Antwort gibt.

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