VW: Wie kann der Streik gewonnen werden?
Fast 100.000 VW-Beschäftigte streikten am Montag gegen geplante Werksschließungen und Lohnkürzungen. Wie kann der Kampf erfolgreich werden?
Am Montag legten fast 100.000 VW-Beschäftigte ihre Arbeit nieder. Im Rahmen der aktuellen Tarifverhandlungen hatte die IG-Metall zum ersten Mal seit 2018 zu flächendeckenden Warnstreiks an allen zentralen VW-Standorten aufgerufen. Diese dauerten jeweils etwa zwei Stunden und sollten in jeder Schicht wiederholt werden. In Wolfsburg, Zwickau, Emden, Chemnitz, Dresden, Salzgitter, Hannover und Braunschweig drückten die Beschäftigten auf kämpferischen Streikkundgebungen ihre Wut über die geplanten Angriffe des VW-Konzerns aus und skandierten „Vorstand raus!“.
Seit September befinden sich die IG-Metall und VW in vorgezogenen Tarifverhandlungen, nachdem die Konzernspitze den Haustarifvertrag inklusive der Jobgarantie und der Übernahmepflicht für Azubis aufgekündigt hatte. Am 1. Dezember endete die Friedenspflicht. Der VW-Vorstand hat sich bisher nicht bewegt und hält an seinen Plänen, Werke zu schließen, Jobs abzubauen und die Löhne um zehn Prozent zu kürzen, fest. Währenddessen wird für das Geschäftsjahr 2024 ein Gewinn von 18 Milliarden Euro prognostiziert, noch im Juli wurden 4,5 Milliarden Euro Dividenden an die Aktionär:innen ausgeschüttet.
Wenn die Konzernspitze mit ihren Plänen durchkommt, wäre das nicht nur eine Katastrophe für die rund 125.000 Beschäftigten von VW. Die Schließungen würden sich auf die zahlreichen Zulieferbetriebe und ganze Regionen auswirken und müssen als Angriff auf die gesamte Arbeiter:innenklasse verstanden werden.
Die große Beteiligung an den Warnstreiks und die energiegeladene Stimmung auf den Protestaktionen zeigte die große Bereitschaft unter den Belegschaften, konsequent dagegen zu kämpfen. Verbal gibt sich auch die Führung der IG-Metall unerbittlich: „Volkswagen sollte diese Warnzeichen sehen. Zehntausende Beschäftigte gegen sich aufzubringen, führt nicht dazu, dass man die Zukunft positiv gestaltet. Werksschließungen, Massenentlassungen und die Giftliste müssen vom Tisch, ansonsten war das heute erst der Anfang!“, so Verhandlungsführer und SPD-Mitglied Thorsten Gröger.
Die kämpferische Rhetorik darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die IG-Metall-Führung keine Strategie hat, um den Großangriff von VW zu verhindern. So einigte sich die Verhandlungsführung in der kürzlich stattgefundenen Tarifrunde der Metall- und Elektrobranche nach nur kurzer Phase der Warnstreiks auf einen miserablen Abschluss.
In der dritten Tarifrunde mit VW machte die Verhandlungsführung bereits einen Vorschlag für einen faulen Kompromiss, der große Zugeständnisse an den Konzern auf dem Rücken der Beschäftigten beinhaltete. Der von ihr vorgelegte Plan hätte Lohnverzichte von 1,5 Milliarden Euro, im Gegenzug zum Erhalt der Standorte, bedeutet. Dass VW diesen Vorschlag abgelehnt hat, zeigt umso deutlicher, dass die auf sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit ausgerichtete Strategie der Gewerkschaftsführung eine Sackgasse ist.
Damit der Kampf gegen die Schließungen und Lohneinbußen erfolgreich wird, darf er nicht in den Händen der IG-Metall-Spitze verbleiben, die zu weitgehenden Zugeständnissen auf Kosten der Beschäftigten bereit ist. Stattdessen braucht es Versammlungen in allen Werken, auf denen die Belegschaften selbst bindende Entscheidungen für die Führung des Arbeitskampfes treffen. Nur so kann ein erfolgreicher Kampfplan zum Erhalt aller Arbeitsplätze ohne Lohnverzicht ausgearbeitet werden.
Die Warnstreiks am Montag waren zwar ein wichtiges Signal, können aber nur der Anfang bleiben. Sie müssen den Ausgangspunkt für einen unbefristeten, werksübergreifenden Streik und weitergehende Maßnahmen bis zur Blockade und Besetzung von Werken bilden. Die Beschäftigten müssen Einsicht in die Geschäftsbücher fordern, um die Behauptungen der Manager:innen unabhängig überprüfen zu können. Schließende Standorte müssen entschädigungslos enteignet und die Produktion unter die Kontrolle der Beschäftigten gestellt werden.
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