VSG-Streik: Krankenhaus und Feuerwehr gemeinsam gegen Sparzwänge

13.04.2018, Lesezeit 5 Min.
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Am Donnerstag fand der zweite Tag des Streiks bei der Vivantes Service GmbH in Friedrichshain statt. Auf Streikversammlungen diskutieren Kolleg*innen, wie sie noch mehr mobilisieren können. Ihre Forderung bleibt: Tarifvertrag für alle! Gleiches Geld für gleiche Arbeit!

Die Beschäftigten der VSG, der Service-Tochter des kommunalen Krankenhauskonzerns Vivantes, hatten gestern ihren zweiten Streiktag. Über 50 von ihnen versammelten sich am Klinikum in Friedrichshain. Der Arbeitskampf läuft bereits seit zwei Jahren. Im Jahr 2016 gab es auch schon erste Erfolge: Ein Teil der Beschäftigten wurde wieder eingegliedert, und in einigen Bereichen wurden auch die Arbeitsbedingungen verbessert – offiziell natürlich ganz unabhängig vom Streik, wie die Geschäftsführung behauptet. Aber die große Forderung bleibt bestehen: TVöD für alle!

Die Streikenden machen etwa ein Fünftel der 300 aufgerufenen Kolleg*innen aus. Die Stimmung ist positiv:  Bei früheren Streiks hat sich die Beteiligung erst langsam gesteigert. Aktuell sind mindestens vier weitere Streiktage angekündigt. Falls es nicht kurzfristig ein sehr gutes Angebot gibt, ist mit einer Fortsetzung in der nächsten Woche zu rechnen.

Der wichtigste Bereich für die Mobilisierung ist der „Steri“, die Sterilisation. An drei Standorten in Friedrichshain, Neukölln und Spandau werden die Instrumente für Operationen an allen neun Vivantes-Kliniken aufbereitet. Wenn diese Abteilung bestreikt wird, können nur noch dringend notwendige OPs durchgeführt werden. Sämtliche verschiebbaren Operationen, mit denen Vivantes üblicherweise viel Geld verdient, fallen dann weg. Am zweiten Streiktag wurde auch angesagt, dass das OP-Programm deswegen heruntergefahren wird.

In den Kliniken Friedrichshain und in Neukölln ist die Streikbeteiligung im Steri bereits spürbar. In Spandau muss noch Überzeugungsarbeit geleistet werden. Aber dafür wird am Freitag das Streiklokal nach Spandau verlegt.

Die zentrale Bedeutung dieses Bereichs ist auch der Gegenseite bewusst. So wurde im letzten Angebot der Geschäftsführung nur den Sterilisationsassistent*innen eine höhere Eingruppierung – und damit etwa 300 Euro zusätzlicher Lohn – angeboten. Doch das Angebot wurde von den ver.di-Mitgliedern abgelehnt. Auch die Kolleg*innen im Steri stimmten mehrheitlich dagegen. Sie wollen solange auf die Lohnerhöhung verzichten, bis es auch für alle anderen höhere Löhne gibt.

Bei der Streikversammlung gab es Austausch über die Streikbeteiligung an den verschiedenen Standorten. Am ersten Tag war das Klinikum Neukölln am stärksten vertreten, am zweiten Tag das Klinikum in Friedrichshain. Aber auch aus anderen Einrichtungen kamen Kolleg*innen: z.B. aus dem Wernkebach Klinikum und dem Augusta-Victoria Klinikum, um nur zwei davon zu nennen. Die VSG ist praktisch durch die gesamte Stadt zerstreut.

Dass noch mehr Aktionen zur Mobilisierung weiterer Kolleg*innen stattfinden müssen, war allen klar. So wurde direkt im Anschluss eine Gruppe Streikender losgeschickt, um auf einigen Stationen Überzeugungsarbeit zu leisten. Mit Erfolg. Am Donnerstag sind wieder neue Kolleg*innen in die Gewerkschaft eingetreten.

Während der Vorstellungsrunde in der Streikversammlung am Mittwoch meldeten sich auch drei Pfleger*innen zu Wort: „Wir sind zur Unterstützung hier“, erklärten sie. Auch andere Kolleg*innen aus dem Krankenhaus statteten den Streikenden Besuche ab. So nutzte ein solidarischer Therapeut seine Mittagspause, um mit Streikenden zu sprechen: „Es ist eine Schande, wie mit den ausgelagerten Beschäftigten umgegangen wird!“ Auch am Donnerstag kamen Therapeut*innen – die bei Vivantes ebenfalls in einer ausgegliederten Tochterfirma sind – zu Besuch.

Solidarität ist auch keine Einbahnstraße. Deswegen sind die VSG-Kolleg*innen am Donnerstag geschlossen zur Mahnwache der Feuerwehr vor dem Roten Rathaus gezogen. Diese Kolleg*innen protestieren rund um die Uhr unter dem Motto #berlinbrennt gegen die katastrophalen Zustände bei sich. Die VSG und die Feuerwehr haben viele ähnliche Probleme: Unter den Sparzwängen des Berliner Senats leiden beide Belegschaften. Und wenn ein Rettungswagen erst nach 40 Minuten nach einem Unfall eintrifft, dann haben die Krankenhausbeschäftigten einen schwierigeren Job.

Unmut gab es darüber, dass die Führung der Gewerkschaft ver.di im ersten Streikaufruf nicht alle „gestellten“ Kolleg*innen – d.h. VSG-Beschäftigte, die schon TVöD-Löhne bekommen – zum Streik aufgerufen hat, sondern nur diejenigen vom Standort, wo jeweils das Streiklokal ist. Nach etlichen Diskussionen bei den Streikversammlungen hat der ver.di-Apparat eine Lösung angeboten: Ab Freitag dürfen bis zu 150 gestellte Kolleg*innen bei der VSG zum Streik kommen, wofür sie einen personalisierten Streikaufruf bekommen werden. Das soll die „Verhältnismäßigkeit“ für einen „Solidaritätsstreik“ wahren – eine von zahlreichen Einschränkungen des Streikrechts in Deutschland.

So können ab jetzt deutlich mehr Kolleg*innen in den Arbeitskampf ziehen. Der Streik wird in den nächsten Tagen wachsen – aber braucht dringend Unterstützung. Am ersten Tag hat nur Klasse Gegen Klasse eine Berichterstattung gemacht; am zweiten Tag kamen Reporter*innen von mehreren bürgerlichen Zeitungen. Vivantes ist weniger bekannt als die Charité, weshalb die Servicetochter VSG auch weniger Aufmerksamkeit bekommt als die CFM. Um das zu verändern, ist die Solidarität von allen Lohnabhängigen in Berlin gefragt.

Die Streiklokale für die kommenden Tage:

Freitag – Klinikum Spandau, 8-14 Uhr, Neue Bergstraße 6, 13585 Berlin

Samstag – Klinikum Neukölln, 9-12 Uhr, Rudower Str 48

Sonntag – Klinikum Friedrichshain, 9-12 Uhr, Landsberger Allee 49, 10249 Berlin

Montag – Klinikum Auguste-Viktoria (Steglitz), 8-14 Uhr, Rubensstraße 125, 12157 Berlin

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