VSG: Gespräch mit einem Streikbrecher
Warum gibt es Kolleg*innen, die sich nicht am VSG-Streik beteiligen? Wir haben haben mit mehreren Streikbrecher*innen gesprochen und wollen hier auf die häufigsten Einwände gegen den Streik antworten.
„Ich kann mir einen Streik nicht leisten.“
Kannst du dir ein gutes Leben von den derzeitigen Löhnen leisten? Sicher: Streiken bedeutet kurzfristig Entbehrungen und weniger Geld. Ganz ohne Geld stehst du im Streik aber nicht da. Wenn du ver.di-Mitglied bist, bekommst du Streikgeld. Auch wenn du gerade erst beitrittst. Die Höhe des Streikgeldes richtet sich nach dem Mitgliedsbeitrag, den du zahlst. Du musst vielleicht für ein paar Wochen den Gürtel etwas enger schnüren, aber hast dann in den nächsten Jahren jeden Monat mehr Kohle in der Tasche!
Du fragst dich, warum du dieses Risiko eingehen sollst, wenn es am Ende doch eh mehr Lohn für alle gibt? Ob sich die Löhne erhöhen und die Arbeitsbedingungen verbessern hängt nicht von den anderen ab: Es hängt davon ab, was du machst. Ob du Seite an Seite mit deinen Kolleg*innen stehst und zusammen kämpfst, oder nur meckerst und sogar durch Streikbruch den Kampf deiner Kolleg*innen sabotierst. Alleine sind wir nichts, zusammen sind wir alles!
„Ich werde von den Chefs eingeschüchtert. Mir wird mit Konsequenzen gedroht.“
Die Chefs haben kein Recht, dich zu benachteiligen, weil du gestreikt hast. Doch leider probieren sie immer wieder auf verschiedenste Weise, uns einzuschüchtern. Wenn dir Nachteile angedroht werden, wende dich damit bitte an die Tarifkommission oder den Betriebsrat. Diese werden gegen jede Einschüchterung vorgehen. Das Ziel von Einschüchterungsversuchen ist, uns Angst zu machen und den Streik zu schwächen. Wenn wir aber zusammenstehen, werden die Arbeitgeber*innen bald viel mehr Angst vor uns haben, als wir vor ihnen!
„Wenn ich nicht arbeite, sind Menschenleben in Gefahr!“
Nicht der Streik, sondern die Sparpolitik des Berliner Senats gefährdet Menschenleben. Unser Kampf für bessere Arbeitsbedingungen in den Kliniken dient auch den Patient*innen. Nur wenn in den Krankenhäusern gute Arbeitsbedingungen herrschen, kann eine gute Versorgung für alle garantiert werden. Eine Notdienstvereinbarung garantiert während des Streiks, dass niemand zu Schaden kommt.
„Bisher haben die Streiks nichts gebracht. Warum sollte das jetzt anders sein?“
Wir haben schon einiges erreicht im Arbeitskampf. Unter anderem wurden die TVöD-Beschäftigten der VSG zurück in den Mutterkonzern geholt.
Sicher: Die Streiks letztes Jahr sind alles andere als gut gelaufen. Erst wurde uns unser Streikrecht vor Gericht verweigert, und dann hat der ver.di-Apparat vor den Bundestagswahlen die Streiks ausgebremst. Nur drei, vier Tage Streik bringen nichts. Wir müssen länger und effektiver streiken, um der Geschäftsführung zu Zugeständnissen zu zwingen. Wie lange der aktuelle Streik dauert, hängt von uns ab. Davon, wie stark wir werden und was wir Streikende für die beste Streikstrategie halten. Auf den täglichen Streikversammlungen wollen wir darüber mit allen diskutieren. Das sollte auch der Ort sein, an dem wir über eine Verlängerung oder einen Abbruch des Streiks entscheiden.
„Ich bekomme doch TVöD. Warum soll ich denn noch streiken?“
Nicht nur zur Unterstützung deiner Kolleg*innen solltest du streiken. Solange die VSG existiert, ist sie auch eine ständige Bedrohung für deine Löhne und Arbeitsbedingungen. Wenn immer mehr neue Beschäftigte dieselbe Tätigkeit für wesentlich weniger Lohn machen, dann giltst du irgendwann als „zu teuer“. Die VSG existiert überhaupt nur aus einen Prinzip: Teile und Herrsche. Eine gespaltene Belegschaft kann sich schlechter gegen Angriffe auf Löhne und Arbeitsbedingungen wehren. Deshalb ist der Kampf um gleichen Lohn für gleiche Arbeit auch im Interesse der Besserverdienenden.
„Ich finde es eine Schweinerei, dass die Gestellten nicht zum Streik aufgerufen werden.“
Ja, das ist schlimm, da es die Beschäftigten der VSG spaltet. Die ver.di-Hauptamtlichen und die Verwaltung wollten kein Risiko eingehen, dass es eventuell eine Klage der Arbeitgeber*innen gegen den Streikaufruf gibt. Seitens der Tarifkommission gab es aber großen Widerstand gegen den Ausschluss der Gestellten aus dem Aufruf. Daraufhin genehmigte die ver.di-Führung für den neuen Streikaufruf, dass nun doch alle in die VSG gestellten Kolleg*innen am Streik teilnehmen dürfen.
„Ver.di hat uns doch nur verarscht und den Streik letztes Jahr abgewürgt. Warum soll ich bei diesem Verein noch mitmachen?“
Wie der Streik letztes Jahr vom ver.di-Apparat abgewürgt wurde, ist ein Skandal. Doch die Gewerkschaft sind wir Mitglieder, und nicht die Hauptamtlichen, die von unseren Beiträgen bezahlt werden. Sie sollen unsere Interessen vertreten und nicht ihre eigenen.
Natürlich kannst du jede Entscheidung – von wem sie auch immer getroffen wird – kritisieren. Von der Debatte lebt jede Demokratie. Doch wenn du nur im stillen Kämmerlein oder in der Pause vor dich her meckerst, ändert sich nichts. Wir machen täglich Streikversammlungen, wo wir alle diskutieren, wie es mit dem Arbeitskampf weiter geht. Bring hier deine Vorschläge ein!
Spreche mit deinen Kolleg*innen darüber, was sich ändern muss, damit der Streik ein Erfolg wird. Tragt eure Meinungen zusammen in die Streikversammlung und helft, die Entschlüsse der Versammlung umzusetzen. Nur gemeinsam sind wir stark! Ver.di sind wir! Zusammen mit unserer Kraft und unseren Ideen werden wir mehr Lohn und Sicherheit für uns erkämpfen.
Komm raus, streike mit!
Dieser Text erschien in einer Sondernummer des Flugblatts „Unsere Klasse“. Dieses Flugblatt wird von und für Arbeiter*innen gemacht, in Zusammenarbeit mit der Online-Zeitung Klasse Gegen Klasse.