Vor 100 Jahren gründete Trotzki die Rote Armee

28.01.2018, Lesezeit 4 Min.
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Am 28. Januar 1918 wurde die Rote Armee gegründet. Ihr erster Kommandant war Leo Trotzki. Die Soldaten schworen auf "das große Ziel der Befreiung aller Arbeitenden" und "die Sache des Sozialismus".

Am 28. Januar 1918 wurde die Rote Armee gegründet. Drei Monate früher hatte ein Kongress der Arbeiter*innen- und Soldatenräte („Sowjets“ auf Russisch) eine sozialistische Republik etabliert. Nun schlug die Konterrevolution zurück: Ehemalige zaristische Generäle bildeten „weiße Armeen“ und insgesamt 21 imperialistische Mächte schickten Interventionsarmeen, um die Räte zu stürzen. Die Revolution musste sich nun bewaffnen.

Kriegskommissar der Sowjetrepublik war Leo Trotzki, zusammen mit W.I. Lenin eine zentrale Figur der Oktoberrevolution. Während des russischen Bürger*innenkriegs fuhr Trotzki in einem eisernen Zug von Front zu Front – insgesamt über 100.000 Kilometer. Nach mehreren Jahren und unvorstellbaren Entbehrungen konnte die Rote Armee an allen Fronten siegen – durch den Enthusiasmus der Rotarmist*innen, und auch mit praktischer Unterstützung der Arbeiter*innenbewegung in vielen Ländern.

Die Rote Armee war nicht mit bürgerlichen Armeen zu vergleichen. Es gab keine Dienstgrade, keine Rangzeichen und sonst keine Privilegien für die Offiziere. In Gefechtssituationen herrschte militärische Disziplin – aber parallel dazu konnten die Soldat*innen ihre Vertreter*innen wählen, die auf Kongressen die Politik der Rote Armee debattierten. Den internationalistischen Geist der Roten Armee kam in der Eidesformel zum Ausdruck, die am 22. April 1918 vom Rat der Volkskommissare (der Sowjetregierung) beschlossen wurde:

1. Ich, Sohn des arbeitenden Volkes, Bürger der Sowjetrepublik, nehme den Namen eines Kriegers der Arbeiter- und Bauern-Armee an.

2. Vor den arbeitenden Klassen Rußlands und der ganzen Welt verpflichte ich mich, diesen Namen in Ehren zu tragen, die militärische Tätigkeit gewissenhaft zu erlernen und wie den Augapfel das militärische und Volksvermögen vor Schaden und Raub zu hüten.

3. Ich verpflichte mich, streng und unentwegt die revolutionäre Disziplin zu beobachten und ohne Widerspruch die Befehle der durch die Macht der Arbeiter- und Bauern-Regierung eingesetzten Führer zu befolgen.

4. Ich verpflichte mich, mich selbst und die Genossen von Handlungen abzuhalten, die die Würde eines Bürgers der Sowjetrepublik herabsetzen, und mein ganzes Tun und Denken auf das große Ziel der Befreiung aller Arbeitenden zu richten.

5. Ich verpflichte mich, auf den ersten Ruf der Arbeiter- und Bauern-Regierung mich zur Verteidigung der Sowjetrepublik gegen Gefahren und Anschläge seitens aller ihrer Feinde zu stellen und im Kampfe für die russische Sowjetrepublik, die Sache des Sozialismus und der Völkerverbrüderung weder meine Kräfte noch selbst mein Leben zu schonen.

6. Sollte ich durch bösen Vorsatz von diesem feierlichen Gelübde abfallen, so sei die allgemeine Verachtung mein Los und strafe mich der harte Arme des revolutionären Gesetzes.

Die bürokratische Konterrevolution, die zehn Jahre später unter Josef Stalin einsetzte, machte vor der Roten Armee nicht halt. Rangzeichen wurde wieder eingeführt, zusammen mit absurden Titeln („Marschall“), und zahlreiche Offiziere aus der Zeit des Bürger*innenkrieges liquidiert. 1939 wurde eine neue Eidesformel eingeführt: Die Soldaten schworen nicht mehr auf „das große Ziel der Befreiung aller Arbeitenden“ und „die Sache des Sozialismus“, sondern stattdessen auf das „Vaterland“.

Die stalinistische Führung sabotierte die Verteidigung gegen Nazideutschland: Durch den Hitler-Stalin-Pakt, durch die Dezimierung des Offizierskorps der Roten Armee, durch das Ignorieren mehrerer nachrichtendienstlicher Warnungen über die bevorstehende Operation Barbarossa. Doch die Sowjetunion blieb ein Arbeiter*innenstaat, trotz der bürokratischen Degeneration, und die Rotarmist*innen verteidigten die Errungenschaften der Revolution mit Leidenschaft. Die noch bestehende Planwirtschaft machte die erfolgreiche Kriegsführung möglich.

Von stalinistischer Seite gab es endlose Versuche, die Geschichte der Roten Armee zu verfälschen. Angeblich sei Trotzki, der Kommandant der Roten Armee bis 1925, bereits seit 1917 ein Agent der Weißen gewesen. Die gleiche Verleumdung traf die große Mehrheit der bolschewistischen Führung zur Zeit der Oktoberrevolution. Diese Behauptung ist offensichtlich absurd: Wie hätte eine Armee, die komplett unter Führung von feindlichen Agent*innen stand, überhaupt siegen können?

Wie Trotzki 1935 aus seinem Exil heraus kommentierte, konnte eine solche Verleumdungskampagne innerhalb der Armee nur eine Folge haben: „Untergrabung des Vertrauens zur Führung, zur alten wie zur neuen, zu überhaupt jeder Führung.“ Und trotzdem ist die Rote Armee auch 100 Jahre nach ihrer Gründung ein lebendiges Beispiel für die Macht der Arbeiter*innen, wenn wir uns organisieren.

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