Von CDU bis SPD: Korruption hat System

13.01.2025, Lesezeit 7 Min.
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Dass die politischen Eliten in hohem Maße korrupt sind, ist schon lange eine Binsenweisheit. Wir wollen dagegen unabhängige Kandidaturen zur Bundestagswahl aufstellen, die nicht ihren eigenen Geldbeutel füllen.

CDU: Vorreiter in Sachen Korruption

Aus der Corona-Pandemie sind wohl vor allem noch die Masken-Deals und die Aserbaidschan-Affäre in Erinnerung. Die Masken-Deals zeigten, wie Krisen im Kapitalismus zur Selbstbereicherung ausgenutzt werden: während die Bevölkerung unter Existenzängsten litt, kassierten CDU-Abgeordnete wie Georg Nüßlein und Nikolas Löbel Provisionen von bis zu 600.000 € für die Vermittlung von Maskenlieferungen. Gleichzeitig zeigt die 2021 aufgeflogene Aserbaidschan-Affäre, dass auch vor einer Zusammenarbeit mit autoritären Regimen nicht zurückgeschreckt wird. Abgeordnete von CDU und CSU haben sich dabei über mehrere Jahre hinweg von hohen Vertreter:innen aus Aserbaidschan Reisen und teures Essen spendieren lassen, um im Gegenzug den EU-Integrationsprozess zu beschleunigen. Während ihre Parteien also ein Sparprogramm nach dem anderen für die Arbeiter:innen auflegen, vergnügen sich die eigenen Mandatsträger:innen mit Kaviar im Ausland und lassen sich auf unsere Kosten bestechen. 

Auch der aktuelle Kanzlerkandidat der CDU, Friedrich Merz, der sich in den letzten Monaten vor allem durch rechtspopulistische Hetze gegen Bürgergeldempfänger:innen und Geflüchtete hervorgetan hat, weist fragwürdige Verbindungen auf. Als ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Tochtergesellschaft von BlackRock – einem Unternehmen, das den deutschen Staat im Zuge von CumEx um mehrere Milliarden Euro betrogen hat – steht er wie kaum ein Zweiter für die Verflechtung zwischen Politik und Finanzkapital.

Die anderen Parteien? Auch keine Alternative

Aber auch die anderen Parteien des Bundestages haben alles andere als eine weiße Weste. Die AfD ist nicht nur wiederholt durch illegale Parteispenden und Veruntreuung von Steuergeldern zur Wahlkampffinanzierung aufgefallen, sondern hat mit Alice Weidel, einer ehemaligen Goldman-Sachs-Analystin, ihr Pendant zu Friedrich Merz. Auch migrations- und sozialpolitisch passt kaum noch ein Blatt zwischen Merz und Weidel – von einer „Brandmauer“ kann erst recht nicht die Rede sein.

Zwar ist die AfD immer sehr lautstark, wenn es darum geht, die Korruption der „Altparteien“ anzuprangern, wie etwa, als im „grünen“ Wirtschaftsministerium von Robert Habeck mehrere Fälle von Vetternwirtschaft bekannt geworden sind. Doch diese Empörung ist angesichts ihrer eigenen Beteiligung an Dutzenden Korruptionsfällen mehr als heuchlerisch. Sie diente damals offenkundig nur dazu, gegen das Wärmepumpengesetz zu polemisieren und klimafeindliche Positionen durchzusetzen. Die AfD ist keine Alternative zum Status quo von Lobbyismus und Korruption. Aber auch die Grünen und die SPD sind – ebenso wie CDU, FDP und AfD – nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Für das Ausmaß der Korruption in der SPD, bei der es sich einmal um eine sozialistische Arbeiter:innenpartei handelte, kann sinnbildlich Olaf Scholz einstehen. Der aktuelle Bundeskanzler und SPD-Kanzlerkandidat für die nächste Wahl war selbst aktiv an der Cum-Ex-Affäre beteiligt. Als damaliger Finanzminister von Hamburg setzte er sich nach Treffen mit Vertreter:innen der Warburg-Bank persönlich dafür ein, dass die vom Hamburger Finanzamt geforderten Steuernachzahlungen zunächst ausgesetzt wurden. Später gab er an, sich an die Details dieser Treffen – wie auch bei der Wirecard-Affäre – nicht mehr erinnern zu können. Gedächtnisschwund und die damit verbundenen Erinnerungslücken scheinen eine Berufskrankheit zu sein. Jedenfalls sind sie unter bürgerlichen Politiker:innen weit verbreitet.

Die Waffenlobby verdient am Genozid

Zu den dunkelsten Seiten des Lobbyismus gehören jedoch die engen Verstrickungen von bürgerlichen Politiker:innen mit der Waffenlobby. 2023 hat Greenpeace mit „Revolving Doors – wie Politik und Rüstungsindustrie gemeinsame Sache machen“ eine Recherche in Auftrag gegeben. Diese untersucht die engen personellen Verbindungen von „Diener:innen zweier Herren“ wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Wolfgang Hellmich (SPD), Andreas Schwarz (SPD), Siemtje Möller (SPD) und Henning Otte (CDU) sowie „Seitenwechsler:innen“ wie Fritz Felgentreu (SPD), Robert Hochbaum (CDU) oder Gerhard Schindler (ex-BND-Präsident) mit der Rüstungsindustrie und „vermeintlich unabhängigen“ Think Tanks. Darunter Unternehmen wie Lockheed Martin und Raytheon, deren Kampfjets und Bomben auch im aktuellen Genozid in Gaza im Einsatz sind.

Das absurdeste Beispiel für den Erfolg der Waffenlobby findet sich auf EU-Ebene und lässt sich bei LobbyControl nachlesen: „Die EU-Kommission möchte Rüstung als nachhaltig einstufen – wegen ihres vermeintlichen Beitrages zum Frieden.“ Eine Schlagzeile, die keines Kommentars mehr bedarf.

Die Korruption hat System

Obwohl die aufgeführten Beispiele nur einen kleinen Abschnitt aus den letzten Jahren abbilden, lässt sich zusammenfassend nur ein Schluss ziehen: Die politische Elite in diesem Land ist korrupt. Während sie sich selbst die Taschen vollstopfen, wird gegen Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger:innen gehetzt und bei den Sozialausgaben gekürzt. 

Mit einem Regierungswechsel und Austausch der Führungsspitze ist es aber nicht getan, denn diese Korruption hat System und durchzieht alle Parteien der bürgerlichen Politik. Sie ist das unmittelbare Resultat der ökonomischen Ausbeutung und sozialen Ungleichheit, die dem Kapitalismus als Klassengesellschaft zugrunde liegt.

Auch wenn kaum noch von Klassen geredet wird, entpuppt sich der Kapitalismus – insbesondere mit Blick auf die Eigentums- und Vermögensverhältnisse – weiterhin als eine zutiefst gespaltene Gesellschaft. In dieser muss die Mehrheit der Bevölkerung ihre Arbeitskraft verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Nur wenige verfügen über die Mittel, andere für sie arbeiten zu lassen, um daraus Profit zu schlagen. 

Formell sind die Arbeiter:innen den Kapitalist:innen zwar gleichgestellt, aber bereits Anatole France schrieb sarkastisch von der „majestätischen Gleichheit des Gesetzes, das Reichen wie Armen verbietet, unter Brücken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln und Brot zu stehlen“. Beide haben gleichermaßen das Recht, von der Ausbeutung von Lohnarbeit zu profitieren und sich mit diesem Geld politischen Einfluss zu kaufen. Und selbst wenn die Korruption die Grenzen der Legalität überschreitet, haben die Politiker:innen meist kaum etwas zu befürchten. Dafür sind die letzten Jahre Beweis genug.

Die sozialistische Antwort auf Korruption und Lobbyismus

Um dem etwas entgegenzusetzen, reicht es nicht aus, bei der nächsten Bundestagswahl zur Wahlurne zu gehen und z.B. ein Lobbyregister zu fordern. Es braucht echte Demokratie von unten in Form von Aktionskomitees und Arbeiter:innenräten, die für eine Welt ohne Klassen und Ausbeutung kämpfen – auf planwirtschaftlicher Grundlage. Auf dem Weg dahin muss die Bewegung eine Reihe von radikaldemokratischen Forderungen aufstellen, um der Korruption und dem Profitlobbyismus bereits im Hier und Jetzt etwas entgegenzusetzen:

–Abgeordnete im Dienste der Bevölkerung: Vollständige Offenlegung aller Einkünfte und Vermögen! Politiker:innengehälter dürfen das Gehalt einer Pflegekraft nicht übersteigen! Jederzeitige demokratische Abwählbarkeit aller Mandatsträger:innen.

–Keine Privilegien, Nebeneinkünfte oder Steuererleichterungen für Abgeordnete und Mandatsträger:innen.

–Unabhängige Untersuchung aller Korruptionsfälle unter Beteiligung der Gewerkschaften!

Für all das braucht es eine revolutionäre sozialistische Partei, die sich keine Illusionen in die Reformierbarkeit des Systems durch Parlamentsarbeit macht, sondern den Bundestag als Bühne nutzt, um für die Kämpfe auf der Straße, in den Betrieben und Universitäten zu mobilisieren.

Zu diesem Zweck haben sich RIO und RSO zusammengetan und treten mit drei sozialistischen Kandidatinnen zur Bundestagswahl an: Leonie Lieb (RIO) in München, Franziska Thomas (RSO) und Inés Heider (RIO) in Berlin. 

Leonie hat sich als Hebamme bereits mit ihren Kolleg:innen gegen die Schließung ihres Kreißsaals in Neuperlach engagiert. Die Sozialarbeiterin Franziska kämpfte gegen die Schließung der Frieda-Mädchenzentren und ist Teil der Initiative Social Workers 4 Palestine. Inés, ebenfalls Sozialarbeiterin, wurde nach Protesten gegen Kürzungen und der Aufklärung über Gewerkschaftsbeitritte fristlos gekündigt, wehrte sich jedoch erfolgreich mit einem Solidaritätskomitee.

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