Von Berlin nach Teheran – studentische Solidarität

24.01.2018, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Bei der studentischen Vollversammlung an der Freien Universität Berlin wurde auch die Solidarität mit den aktuellen Protesten im Iran thematisiert.

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Street Roots: „Unsere gemeinsamen Erfahrungen sind nicht nur in den Straßen Berlins verwurzelt, sondern auch in Teheran“

Protestierende Student*innen!

Wir in Street Roots, eine Berliner Gruppe von linken Aktivist*innen aus dem Iran, die nach vereinzelten Teilnahmen unserer Mitglieder an euren Versammlungen und Protestaktionen von studentischen Beschäftigten in Berlin mitbekommen haben, verkünden unsere Solidarität mit diesen Protesten. Was uns miteinander verbindet, ist nicht unser Wohnort, sondern die systematische Unterdrückung, die in Form der Privatisierung des öffentlichen Raums – unter anderem Bildung, Reduzierung der Arbeitskräfte ohne Lohn-Update – und Verneinung unseres Rechts auf Protest stattfindet. Unsere gemeinsamen Erfahrungen sind nicht nur in den Straßen Berlins verwurzelt, sondern auch in Teheran, Istanbul, Santiago, Beijing, Paris usw.

Vor ein paar Wochen gab es massive Proteste im Iran, wo mehr als hundertfünfzig aktive Student*innen, auf dem Campus, im Café oder im eigenen Schlafzimmer festgenommen wurden; StudentInnen, die gegen Transformation der Studierenden in billige Arbeitskräfte, Privatisierung von Hochschulen und deren Transformation zu den Profit-Unternehmen und zum Treffpunkt von Personalabbau und Sparmaßnahmen für Reduzierung des öffentlichen Budgets, protestiert haben. Sind diese Besorgnisse zu bekannt? Es ist nicht zufällig! Das ist der globale Liberalismus, der zuerst die Leibe von Arbeiter*innen, Lehrer*innen, Rentner*innen und Student*innen von dem wilden Neoliberalismus beißt, um die Nachricht des Tages versichern zu können: „82 Prozent des weltweiten Vermögenswachstums geht an das reichste Prozent der Bevölkerung.“ Solidarität entsteht, wo jede/r Unterdrückte sich unbewusst an die Seite anderer Unterdrückter stellt, und wir dort, wo wir sind, gegen Unterdrückung und Ausbeutung aktiv werden.

Hoch die transnationale Solidarität!

Mina Khani: „Solidarität in Wort und Praxis ist das Schlüsselwort“

Seit Monaten streiken die Arbeiter*innen in verschiedenen Klein- und Großfabriken des Irans. Es geht um nicht ausbezahlte Löhne, Privatisierungen, Neoliberalisierungsmaßnahmen, Korruption und Repressionen des Staates. Während der Massenproteste im Iran wurden halb-organisierte StudentInnen gezielt festgenommen. Es geht dort auch um einen Kampf gegen Privatisierungen, Liberalisierungsmaßnahmen, Unterdrückung etc. – ja den selben Scheiß halt. Es geht um den deutschen und europäischen Imperialismus, genauso wie die Etablierung des Irans als Regionalmacht, es geht um Stellvertreterkriege – und ja, es geht um Profite und Kapital. Haft Tapeh, die größte Zuckerfabrik des Landes, deren Arbeiter*innen seit Monaten einen der progressivsten Arbeiter*innenkämpfe im Iran führen, hat viele Kämpfe angestoßen. Sie haben sich den Massenprotesten angeschlossen und die Solidarität mit den kämpfenden Massen angekündigt. Im Zuge dessen wurde Haft Tapeh selbst radikaler und hat den Staat und die Besitzer*innen der Fabrik mit der Selbstverwaltung der Fabrik bedroht. Die Student*innen, die das Gelände der Teheraner Uni besetzt hatten, riefen: Arbeiter*innen, Student*innen, vereint euch. Haft Tapeh spricht sich gegen die politische Unterdrückung und Repressionen aus.

Na Kolleg*innen? Was können wir aus diesen Kämpfen in einem der Dritte-Welt-Länder lernen? Solidarität in Wort und Praxis ist das Schlüsselwort. Lass uns solidarisieren mit den Student*innen, den Aufständen der Unterschichten, progressiven Arbeiter*innen und kämpfenden Frauen und allen Unterdrückten im Iran, sowie den Geflüchteten, die aus den Ländern wie iran herkommen und als „Wirtschaftsflüchtlinge“ erniedrigt werden – die Geflüchteten, die teilweise dann wiederum für Hungerlöhne hier arbeiten.

Ist die Rede zu politisch? Ist sie zu radikal, ist sie zu „oldschool“, zu orthodox? So reden teilweise Student*innen und Arbeiter*innen im Iran abseits dieser „tollen westlichen Demokratie“ hier, die ihr Leben mit Sanktionen, Kriegen und internationalen Abkommen ruiniert. Wollen wir ihnen Gehör verschaffen?

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