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Voith: Wie will die SPD den Betrieb retten?

12.05.2020, Lesezeit 7 Min.
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Die Arbeiter*innen von Voith in Sonthofen sind im Streik gegen die Schließung ihres Werkes. Trotz schwarzer Zahlen und voller Auftragsbücher soll es geschlossen werden. Auch Werke in Zschopau und Mülheim sind betroffen, die Produktion soll an andere Orte verlegt werden. Was sagt die Politik dazu?

Bild: Carlos Gil, 2. Bevollmächtigter der IGMetall, SPD-MdB Ulrike Bahr und Winfried Engeser, Sonthofener SPD-Stadtrat, unterzeichnen das Solidaritätsbannner vor der bestreikten Werk. 

SPD will CSU und FDP überzeugen

Die SPD Allgäu Bodensee hat ihre Politik, wie sie die Schließung des Betriebes in Sonthofen verhindern will, bereits vorgestellt. Sie sagt: „Wenn Voith Unterstützung aus Bundes- oder Landesmitteln wegen der Corona-Krise bekommen sollte, dann nur unter der Bedingung, dass der Standort Sonthofen erhalten bleibt.“ Ferner führt sie aus: „Die Bayerische Staatsregierung muss sich mit aller Macht für einen Erhalt des Standortes in Sonthofen einsetzen.“ Wie soll Voith in Sonthofen erhalten werden? Das ist die Frage. Staatliche finanzielle Unterstützung für die Konzerne tauchen jetzt in der Diskussion auf. Schauen wir uns dieses Thema näher an.

Die SPD äußerte sich zum Thema der staatlichen Finanzierung von Unternehmen auch in Bezug auf die Lufthansa. Dieser Konzern hatte bereits erklärt, dass er sich nicht mehr aus eigener Kraft aus der Corona-Krise retten könne. Deshalb ist ein milliardenschweres Hilfspaket in Aussicht gestellt. Der parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, kommentierte: „Der Staat ist nicht der dumme August, der das Geld gibt und dann nichts zu melden hat.“

Während die Lufthansa vorgibt, durch die Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten zu kommen, rote Zahlen schreiben werde und deshalb auf staatliches Geld angewiesen sei, hat Voith schwarze Zahlen geschrieben und bekommt trotzdem Geld vom Staat. Die SPD sollte für die Offenlegung sorgen, wie viel Geld Voith vom Staat bekommt. Die SPD-Logik greift dennoch kurz, weil Voith zum Beispiel weitere Standorte in Deutschland hat und seinen Anspruch auf staatliche Hilfen mit Hilfe der bürgerlichen Parteien aufrechterhalten wird. Laut abgeordnetenwatch.de ist der Voith-Konzern ein mehrfacher Parteispender der Grünen.

Für die Unternehmensführung von Voith scheinen die Kosten der Schließung der Werke in Sonthofen, Zschopau und Mülheim und die geforderte Kürzung der staatlichen Gelder nicht wichtig zu sein, weil sie mit dem Plan der sogenannten „Umstrukturierung“, d.h. der Schließung der Standorte, mehr Profit zu machen hofft. Bereits jetzt finanziert der Staat die Kurzarbeit bei Voith. 2013 versuchte Voith Steuervergünstigung im Ausland in Wert von 41 Millionen Euro in Deutschland anerkennen zu lassen.

Wie widerspruchsvoll die Vorstellung der SPD ist, zeigt sich in der bayerischen Landespolitik. Die SPD Allgäu will die bayerische Regierung durch einen Appell an die Vernunft erreichen und ignoriert damit den kämpferischen Druck der Beschäftigten. Der von der SPD Allgäu als Helfer für die Voith-Arbeiter*innen herbeigerufene CSU-Chef Markus Söder will die Lufthansa finanziell unterstützen. Der Staat soll hier als stiller Teilhaber, nicht als Aktionär auftreten. Unter anderem Markus Söder, Peter Altmaier und FDP-Fraktionsvize Michael Theurer haben sich gegen eine Verstaatlichung des Konzerns ausgesprochen. Sie halten die Verstaatlichung für fast identisch mit dem Mitspracherecht des Bundes im Fall der staatlichen Unterstützung, was die SPD derzeit vertritt.

Warum sollen die Unternehmen in dieser Phase mit Staatsgeld finanziert werden? SPD, CSU und FDP unterstützen dieses Modell. Sie sind nur nicht einig, ob der Staat stiller oder kleinlauter Teilhaber sein sollen. Wie ineffektiv solche Gedanken sind, gibt der Wirtschaftsminister selbst zu: “Wir können Unternehmen nicht daran hindern, Jobs zu streichen. Wir haben aber alle Voraussetzungen geschaffen, dass das nicht notwendig ist.“ Wie wir bei Voith sehen, wird aber auch ohne „Notwendigkeit“ geschlossen. Voith folgt der kapitalistischen Logik, den Profit zu erhöhen, indem die Arbeitsplätze gestrichen oder verlagert werden.

Warum ist die CSU gegen eine Verstaatlichung?

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagt, man habe bei anderen Großunternehmen mit Staatsbeteiligung gesehen, dass den Firmen die Flexibilität genommen wurde. Flexibles Handeln ist in dieser Logik für den wirtschaftlichen Erfolg notwendig.  Dabei verschweigt er, dass die Lufthansa bis 1963 ein fast vollständig staatliches Unternehmen war und erst 1997 wurde sie vollständig privatisiert. Die Staatsbeteiligung hatte nicht offensichtlich nicht verhindert, dass die Lufthansa ein Weltunternehmen wurde. Kurz zuvor, 1996, wurde das heutige Voith-Werk in Sonthofen vollständig privatisiert, welches unter dem Namen BHS damals noch ein staatliches Unternehmen des Freistaats Bayern war.

Anders als Andreas Scheuer behauptet, sind staatliche Unternehmen nicht etwa nicht flexibel genug. Tatsächlich sind es die kapitalistisch geführte Konzerne, die sich selbst und viele Arbeitsplätze zerstören. Sie zerstören Arbeitsplätze sogar dann, wenn das Werk Gewinne macht, wie bei Voith in Sonthofen. Weil Konzerne sowohl Arbeitsplätze als auch die Umwelt zerstören, standen im vergangenen Jahr Diskussionen über Verstaatlichungen auf der politischen Tagesordnung. So haben die SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sich für die Verstaatlichung der großen Stromautobahnen ausgesprochen, um die Blockaden beim Leitungsausbau von Nord nach Süd zu überwinden. Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert warf die Verstaatlichung des Großkonzerns BMW auf.

Bei den zwei aktuell so wichtigen Themen, Voith und Lufthansa, schreckt die SPD vor der einzigen Maßnahme, um die Arbeitsplätze zu erhalten, zurück – vor der Verstaatlichung. Bei der Lufthansa war es die Partei Die Linke, die die Verstaatlichung forderte. Mit den unbefristet streikenden Arbeiter*innen von Voith erklärt sich die Partei zwar solidarisch, thematisiert die Verstaatlichung aber nicht.

Angesichts der Rekordzahlen bei der Kurzarbeit und der großen Gefahr von Schließungen von Großbetrieben, damit die Geschäftsführung auf Kosten der Arbeitsplätze auf dem Markt konkurrenzfähig bleibt, ist ein Umdenken notwendiger als je zuvor. Gerade in Krisenzeiten sind staatliche Maßnahmen nicht nur praktikabel, sondern unabdingbar. Im Gesundheitssektor ist offenkundig geworden, dass die jahrelange neoliberale Politik der Privatisierung großen Schaden angerichtet hat. Die Versorgung hat sich in diesen Jahrzehnten nicht verbessert, obwohl die technischen und medizinische Möglichkeiten große Fortschritte gemacht haben.

So ähnlich ergeht es den Arbeiter*innen in Sonthofen. Obwohl ihr Werk Profite macht und sie ihre Arbeit gut verrichten, sollen sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Sozialpläne, die höchstens die Arbeitslosigkeit verwalten, können die Arbeitsplätze nicht ersetzen. Endlich müssen die Sorgen und Interessen der Beschäftigten behandelt werden und nicht die Interessen der Unternehmen, die Arbeiter*innen in Corona-Zeit entlassen. Die Sicherung der Arbeitsplätze ist für die Arbeiter*innen elementar für ihr Leben. Daher sind sie die einzige Kraft, die diesen Betrieb kontrollieren und ausführen sollten. Jetzt sehen wir, wie überflüssig eigentlich die Familie Voith, eine der reichsten Familien des Landes, ist.  Alle Beschäftigten des Betriebes streiken. Sie sind es, die in den letzten Jahren den Betrieb zum Gewinn geführt haben. Die Arbeiter*innnen könnten also in diesem Betrieb auch ohne die Familie Voith und ihre Vertretung in der Konzernführung produzieren. Die Verstaatlichung unter Arbeiter*innenkontrolle ist sowohl für Voith als auch für Lufthansa die Forderung, um aus der Situation herauszukommen.

Stimmen der Beschäftigten

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