Vier Aufgaben für die Fachschaft der sozialen Kämpfe

18.08.2023, Lesezeit 9 Min.
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Foto: Ricarda Julia

Vorschläge der marxistischen Hochschulgruppe Waffen der Kritik für die Klausurtagungen der Fachschaft für Soziologie an der LMU München.

Wir von Waffen der Kritik in München sind im vergangenen Semester zur Fachschaftswahl am Soziologieinstitut der LMU angetreten und konnten dabei knapp 30 Prozent der Stimmen gewinnen und damit zwei Sitze ergattern. Wir sind dabei mit dem Programm angetreten, aus der Fachschaftsvertretung eine Fachschaft der sozialen Kämpfe zu machen. Nun stehen in den Semesterferien die Klausurtagungen der Fachschaftsvertretung an. Wir wollen hier der Fachschaftsinitiative, gegen die wir angetreten waren und allen Studierenden der LMU insbesondere, aber nicht ausschließlich, in der Soziologie, einen Vorschlag machen, was in den kommenden Monaten getan werden sollte.

1. Landtagswahlen und Kampf gegen Rechts

Die Umfrageergebnisse der AfD sind erschreckend, doch in Zeiten der wirtschaftlichen und politischen Krise nicht verwunderlich. Die Frage des Kampfes gegen Rechts wird also eine längerfristige sein und steht für uns gerade an erster Stelle. Die herkömmliche Politik kann vielen Menschen kein glaubwürdiges Angebot für die Lösung ihrer sozialen Probleme machen. Dabei muss genannt werden, dass der Rechtsruck von allen Parteien getragen wird – man siehe die reaktionäre Asylreform, die die Grünen befürwortet haben. Es ist unsere Aufgabe, dem eine linke Antwort entgegenzusetzen. Dafür ist es notwendig, aktiv zu den Protesten gegen die AfD zu mobilisieren, aber auch an den Orten, an denen wir lernen und arbeiten, eine Debatte, um die Landtagswahlen in Bayern zu starten. Uns dürfte allen klar sein, dass auch die CSU keinen progressiven Ausweg liefern kann. Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir als Studierende, Dozierende und nicht-akademisches Personal der Universität dagegen vorgehen können.

Wir haben bereits zum Beginn des Landtagswahlkampfes gesehen, dass AfD, CSU und Freie Wähler einen “Kulturkampf”-Kurs fahren, der sich stark gegen queere Menschen richtet. Diese Parteien machten aus einer Drag-Lesung in der Stadtbibliothek Bogenhausen eine Kontroverse. Die Fachschaftsinitiative spricht sich in ihrem Selbstverständnis klar gegen Queerfeindlichkeit aus und wir waren zu diesem Anlass gemeinsam mit ihr auf dem Protest gegen die AfD. Was schlägt die Fachschaftsinitiative vor, wie wir diese Praxis weiterführen können? Wie will sie sich also gegen diejenigen Parteien einsetzen, die der Hetze gegen Frauen und Queeres einen organisierten Ausdruck geben, was eben auch CSU und freie Wähler einschließt? Auch andere Fachschaftsvertetungen spielen in diese Hetze mit ein. Wie führen wir einen konsequenten politischen Kampf gegen die Vertreter:innen des RCDS, dem Studierendenverband der Union, aber auch gegen andere Reaktionäre?

2. Klimakrise: Gegen die IAA

Unsere Generation hat Fridays for Future auf die Straße getrieben. Doch die riesigen Mobilisierungen scheinen wenig Effekt gehabt zu haben. Luisa Neubauer wird von Tag zu Tag unglaubwürdiger, viele sind desillusioniert, wieder andere sind inzwischen bei der Letzten Generation, die aber letztlich nur mit der Methode, nicht mit der Logik von FFF bricht. Sie richten sich nur an die Regierung, die mit Lützerath wieder einmal gezeigt hat, dass sie die Klimafrage nicht lösen kann und will, sondern im Dienste der Konzerne regiert.

Dieses Jahr wird in München wieder die Internationale Automobilmesse stattfinden. Unsere Stadt wird im Interesse der Großkonzerne abgesperrt. Doch es gibt Gegenwind. Große Teile der Klimabewegung mobilisieren gegen die Großindustrie, die den Klimawandel zu verantworten hat. Letztes Jahr haben wir die massive Repression gegen Klimaaktivist:innen gesehen, die das extrem repressive bayrische Polizeiaufgabengesetz (PAG) erlaubt – ein Trend, der sich mit der Präventivhaft der Aktivist:innen der Letzten Generation fortsetze. Man muss sich dagegen stellen. Wir werden dort mit der Losung der Enteignung der Autokonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle im Sinne unseres Programms auftreten: Für eine Fachschaft des antikapitalistischen Kampfes gegen die Klimakrise. Wir fordern die Fachschaftsinitiative dazu auf, zu den Protesten zu mobilisieren und sich gemeinsam mit uns an ihnen zu beteiligen. Das bedeutet auch, sich öffentlich klar gegen jede polizeiliche Repression auszusprechen.

3. Unterstützung Sozialer Kämpfe an der Uni und in ganz München

Zuvor haben wir die wirtschaftliche und politische Krise erwähnt. In diesen Zeiten flammt der Klassenkampf in ganz Europa wieder auf, wie wir es an der Streikwelle in Großbritannien und den Massenprotesten in Frankreich gesehen haben. Die Arbeiter:innen können nicht ausharren, wenn ihre Lebensgrundlage angegriffen wird. Auf Bundesebene werden in allen Ressorts außer der Rüstung Sparmaßnahmen angekündigt. Diese Sparmaßnahmen werden die Universitäten treffen, während weiter in künftige Kriege investiert wird. Wir müssen an den Universitäten darüber reden, wie wir uns gegen Sparmaßnahmen wehren können. Wir fordern die Fachschaft dazu auf, zu Versammlungen aufzurufen, in denen wir dies kollektiv tun können, und sich aktiv an ihnen zu beteiligen. Es ist dabei zentral, alle Informationen, die wir über hochschulpolitische Gremien erhalten, öffentlich zu teilen, um rechtzeitig auf informierter Basis diskutieren zu können.

Die Beschäftigten an den Universitäten werden in den Tarifauseinandersetzungen um den Tarifvertrag der Länder (TV-L) in den Streik treten. Diese Streiks richten sich gegen die oben genannten Sparmaßnahmen und die Reallohnverluste, die uns aufgezwungen werden. Die Arbeitsbedingungen unserer Dozierenden sind unsere Lernbedingungen. Der Zustand der Universitätskrankenhäuser ist der Zustand unserer Gesundheitsversorgung. Deswegen müssen wir den Streikenden im TV-L tatkräftig zur Seite stehen. Außerdem werden gleichzeitig die Auseinandersetzungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder um den Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV-Stud) stattfinden. Wir müssen uns als Studierendenvertreter:innen für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen von Studierenden einsetzen. Wir stehen voll und ganz hinter der Kampagne. Der Konvent der Fachschaften hat dabei begrüßenswerterweise die Forderungen nach einem TV-Stud unterstützt. Allerdings mit einer Ausnahme: Mindestvertragslaufzeiten von einem Jahr. Gerade laufen Verträge für studentische Hilfskräfte normalerweise nur wenige Monate. Die Begründung war dabei weiterer Diskussionsbedarf. Die Fachschaftsinitiative hat für diesen Beschluss gestimmt. Ist sie also gegen Mindestvertragslaufzeiten für studentische Beschäftigte? Wir fordern eine Erklärung für diese Abstimmung, die klar gegen die Interessen der Studentischen Beschäftigten ist, und eine Revidierung dieser Position. Wir fordern zudem die Fachschaftsinitiative dazu auf, die Studierenden über den Verlauf der Kampagne zu informieren, um eine hohe Streikbeteiligung, sollte es zu Streik an der LMU kommen, zu ermöglichen.

Wir haben im vergangenen Semester gemeinsam mit der Fachschaftsinitiative unsere Genossin und Hebamme Leonie Lieb an das Institut geholt, um über den Kreißsaalkampf im Krankenhaus Neuperlach zu diskutieren. Hier ging es um die Schließung ihres Arbeitsplatzes im Rahmen der Umstrukturierung der städtisch-geführten München Kliniken. Diese Umstrukturierungen sind Teil von Sparmaßnahmen in der Gesundheitsversorgung, die wir nicht hinnehmen können. Wir diskutierten mit Leonie und interessierten Studierenden auch über feministische Fragen und Care-Arbeit, die in die Arbeit einer Hebamme einfließen – wichtige Themen unseres Faches. Leonie wurde, in einem Versuch von Union Busting, von der Geschäftsführung dafür ermahnt, dass sie öffentlich ihre Meinung über gewerkschaftliche Organisierung geäußert hatte. Sie lässt sich das nicht gefallen und klagt dagegen. Wir fordern die Fachschaftsinitiative dazu auf, sich aktiv am Soli-Komitee für den Kreißsaalkampf zu beteiligen, das zu ihrem Gütetermin am 12. September um 9 Uhr eine Kundgebung abhält. Der Vorbereitungstermin ist am 22. August um 18 Uhr.

4. Von einer Fachschaftsvertretung zu einer selbst-handelnden Fachschaft

Soziale Kämpfe können nur von breiten materiellen Kräften gewonnen werden. Im Zuge dessen sehen wir es als zentral an, eine solche Kraft am Institut für Soziologie der LMU insgesamt aufzubauen. Dafür ist die breitest mögliche Demokratie von Studierenden und Arbeiter:innen der Universität nötig. Es muss zu unserer normalen Arbeitsweise werden, zu jedem wichtigen Thema, dass sich am Institut ergibt, Institutsversammlungen mit allen Studierenden, Dozierenden und nicht-akademischen Beschäftigten abzuhalten, in denen frei über die Belange des Instituts und der einzelnen Statusgruppen gesprochen wird. Nur so können wir aus der Stellvertreter:innenlogik herauskommen und ein Verständnis des Selbst-Handelns anstatt des Verantwortung-Abgebens schaffen.

Dafür müssen wir ein Klima der Diskussion schaffen, in dem Positionen, die sich unter verschiedenen Gruppen von Studierenden unterscheiden, klar dargestellt werden. Nur dann können sinnvolle Entscheidungen über das Vorgehen getroffen werden. Wir stehen für die breitestmögliche Demokratie von Studierenden und Arbeiter:innen der Universität (ob akademisch oder nicht akademisch), für deren Grundlage wir freie Diskussion auf Institutsweiten und universitätsweiten Versammlungen halten. Die Entscheidungen der Versammlungen müssen souverän sein und von den Vertreter:innen umgesetzt werden. Daher setzen wir uns für imperative Mandate und die ständige Wählbarkeit und Abwählbarkeit von Vertreter:innen ein.

Was hat die Fachschaftinitiative für ein Demokratieverständnis? Wie will sie gewährleisten, dass die Studierenden tatsächlich in die Entscheidungsprozesse der Universität einbezogen werden. Wie will sie Druck aufbauen, um die Interessen der Studierenden im Zweifelsfall auch gegen die Hochschulleitung durchzusetzen? Will sie einfach aufgeben und sich unterordnen? Das war, was die Fachschaftsvertretung Soziologie – damals in anderer Besetzung – und der größte Teil der Fachschaftsvertretungen der LMU bei der bayerischen Hochschulreform machten. Das kann nicht unser Anspruch für die Zukunft sein.

Wir Soziologie-Studierenden von Waffen der Kritik wollen diese Themen auf der Klausurtagung der Fachschaftsvertretung mit der Fachschaftsinitiative diskutieren. Wir fordern die Fachschaftsinitiative aber auch auf, öffentlich zu antworten, um den Studierenden im Sinne der demokratischen Repräsentation eine Klarheit über ihre Positionen und Aktivitäten zu geben.

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