Versammlung studentischer Beschäftigter im besetzten Hörsaal

04.05.2023, Lesezeit 4 Min.
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Foto: KGK

Am Dienstag trafen sich im (aktuell besetzten) Emil Fischer-Hörsaal der Humboldt Universität Berlin rund 80 studentische Beschäftigte und Unterstützer:innen, die im Rahmen der TVStud-Kampagne für einen bundesweiten Tarifvertrag mit besseren Arbeitsbedingungen kämpfen wollen.

Eingeleitet wurde die Veranstaltung zunächst durch eine Rede von Stefan, der für das Netzwerk für gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss) und für den akademischen Mittelbau sprach. Er thematisierte die ebenfalls prekäre Lage der wissenschaftlich Angestellten an den Universitäten, die gekennzeichnet ist durch eine hohe Arbeitslast, Überstunden und befristete Verträge – so soll mit dem neuen Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) die Beschäftigungsdauer für Postdocs auf 3 Jahre reduziert werden. In diesem Zuge findet auch eine Aktionswoche vom 12.-16. Juni statt. Zudem erwähnte er die Twitter-Kampagne #ichbinhanna und sprach sich gegen das an den Unis weit verbreitete Outsourcing aus.

Es folgte ein Sprecher der Initiative Genug ist Genug (G!G), die bereits vor 3 Monaten eine Vollversammlung im selben Hörsaal organisiert hatte. Zu den beschlossenen Forderungen dieser VV zählt auch eine ausfinanzierte Universität mit besseren Arbeitsbedingungen. Er betonte die Notwendigkeit von Streiks, die auch zur Erkämpfung des ersten Tarifvertrags für studentische Beschäftigte geführt hatten. Auch wurde zu einer kritischen Auseinandersetzung mit „allzu kompromissbereiten Gewerkschaften“ angeregt.

Die TVStud-Initiative zeigte die prekäre Lage der studentischen Beschäftigten und der Studierendenschaft allgemein auf: Sie bekamen kein Coronageld, bekommen kein Weihnachtsgeld und sind in befristeten Kettenverträgen angestellt. Im Durchschnitt schließt eine SHK 4,6 Arbeitsverträge mit derselben Institution ab. So sind mehr als drei Viertel der SHKs armutsgefährdet, wie eine Studie mit über 11.000 Teilnehmer:innen vom Institut für Arbeit und Wirtschaft Bremen zeigt.

In Kleingruppen wurde die Frage aufgeworfen, was es braucht, um mehr Studierende für TVStud zu mobilisieren. Denn hier gibt es noch viel Potential. Eine Idee war, dass eine Politisierung des Kampfes und eine breite inhaltliche Debatte über die Rolle der Universität in der Gesellschaft und die prekäre Situation der Lehre dazu führen könnte, mehr Studierende zu organisieren. Auch Aktionen wie Demonstrationen könnten dabei helfen, zu mobilisieren.

Der Senat stellte den Berliner Universitäten einen Stundenlohn für SHKs von 14,25 Euro zur Verfügung, diese erhalten davon jedoch weniger als 13 Euro – der Rest wird zur Füllung der Haushaltslücken der unterfinanzierten Universitäten verwendet. Das wirft natürlich die Frage der Finanzierung des Bildungssektors auf, die unweigerlich zu einer Auseinandersetzung mit der massiven Aufrüstung der Bundeswehr, begleitet von den Kürzungsplänen Christian Lindners (FDP) führt. Unser Kampf muss ein Kampf gegen das komplette Prekaritätssystem Uni sein, das nicht von der kapitalistischen Produktionsweise getrennt zu denken ist.

Eingeworfen wurde ebenfalls die Möglichkeit für eine direkte Eingliederung des TVStud in den Tarifvertrag der Länder (TV-L), also für einen gemeinsamen Tarifvertrag für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu kämpfen. Wir halten das für eine zentrale Forderung, denn langfristig kann ein Lohnverfall, wie TVStud Berlin ihn seit 2001/4 erlebte, nur so verhindert werden. Weiterreichend braucht es in dieser Hinsicht auch einen automatischen Angleich der Löhne an die Inflation.

Ergänzend müssen wir die auch von G!G angedeutete Diskussion um die Gewerkschaften aufgreifen. Denn bei aller Unterstützung für die Tarifkampagne haben die Gewerkschaftsführungen ihre ganz eigenen Lebensbedingungen und enge personelle Überschneidungen mit den regierenden Parteien, die gerade Verursacher:innen für die strukturellen Probleme im Bildungssektor sind, in denen wir uns befinden. Beispielsweise ist der Vorsitzende von ver.di, Frank Werneke, selbst Mitglied der SPD, die Vorsitzende des DGB Yasmin Fahimi sitzt im SPD Parteivorstand und war Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, während Jana Seppelt, stellvertretende Parteivorsitzende der Linkspartei, seit 2022 ver.di Landesfachbereichsleitung im Bereich für Bildung und Wissenschaft ist.

Es geht uns nicht darum, das an einzelnen Personen fest zu machen, sondern die strukturelle Verbindung der Gewerkschaftsbürokratie mit der Regierung zu zeigen. Die Bewegung muss selbst die Zügel in die Hand nehmen und demokratisch sowie selbstorganisiert über die Forderungen und Methoden in Versammlungen entscheiden.

Für all diese Elemente gibt es bereits gute Ansätze in der Kampagne, auf denen wir weiter aufbauen können!

Zuletzt möchten wir auf einen zentralen Termin der Kampagne hinweisen: Am 22.05. findet eine offene studentische Mitgliederversammlung von ver.di und GEW statt. Hier wollen wir zahlreich erscheinen, um unsere Kampfbereitschaft aufzuzeigen!

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