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Verkauft und verraten: Arbeiter*innen ziehen Bilanz über rot-rot-grün in Berlin

12.06.2017, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Letzten Donnerstag im Berliner Gewerkschaftshaus: 300 Beschäftigte hörten sich Beiträge von SPD, Grünen und Linkspartei an. Seit einem halben Jahr regiert eine rot-rot-grüne Koalition. Und die Meinung der Beschäftigten kam deutlich zum Ausdruck – mit Buh-Rufen. Viele Krankenhaus-Mitarbeiter*innen waren im Publikum. Ingo Müller, Beschäftigter im Krankenhaus Vivantes, hat seine Eindrücke für Klasse Gegen Klasse aufgeschrieben.

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Anfänglich herrschte eine entspannte Stimmung, die sich jedoch immer mehr in eine enttäuschte, sogar eine wütende Stimmung entwickelte. Die kurzen Einschätzungen zur Halbjahresbilanz des Senats seitens der Grünen, der Linken und von ver.di wurden teilweise mit Beifall bewertet. Dann sprach der Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen für die SPD.

Seine Rede ist mit Spannung erwartet worden. Einige seiner Ausführungen wurden begrüßt – so sollen immer mehr Turnhallen wieder genutzt werden können, da Geflüchtete in ordentliche Unterkünfte umziehen. Zustimmung fand auch die Tatsache, dass das Sozialticket in Berlin billiger wird.

Die ersten Zwischenrufe kamen jedoch, als es um Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst ging. Denn die steigenden Mietpreise fressen jede Erhöhung wieder auf. Empörung gab es auch seitens der studentischen Beschäftigten – ihnen ist nach 16 Jahren eine Lohnerhöhung um 44 Cent pro Stunde angeboten worden – ist das alles? Daraufhin sagte Kollatz-Ahnen, dieses Angebot sei noch nicht das Ende der Fahnenstange.

Die Hälfte der Anwesenden kam von der Charité Facility Management, da sich die CFM gerade wieder im Streik befand. Auf die Bemerkung von Kollatz-Ahnen, dass die CFM bis 2019 als eine 100-prozentige Tochtergesellschaft vom Land Berlin übernommen wird, regten sich schon die ersten Gemüter. Denn gleichzeitig stellte der Finanzsenator fest, dass es in den Berliner Krankenhäusern „weiterhin Tochtergesellschaften geben wird und muss“ – da war der Tumult nicht mehr aufzuhalten.

Die Angestellten von der CFM und Vivantes sahen sich als verkauft und verraten an. Eine Therapeutin von Vivantes stellte die Frage in den Raum: Wann wird endlich die Arbeit der Therapeut*innen aufgewertet? Darauf sind die Parteien gar nicht erst eingegangen.

Voll war das Fass, als dann noch Susanne Stumpenhusen von ver.di Berlin-Brandenburg der Aussage von Kollatz-Ahnen zustimmte, dass es der richtige Weg sei, wenn die CFM erst als eine Tochtergesellschaft wieder in die Charité eingegliedert wird – und dass es Tochtergesellschaften geben müsse.

Daraufhin verließen einige Zuhörer*innen unter lautem Protest den Saal. Alexander Fischer, Staatssekretär für Arbeit und Soziales von den Linken, blamierte sich aufs Ganze mit seiner Bemerkung über die Angleichung der Löhne bei den Tochterunternehmen an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Das ist zwar im Koalitionsvertrag versprochen worden, doch: „Über die Interpretation muss man zukünftig sprechen“, so Fischer.

Nach der Veranstaltung sehen sich viele meiner Kollegen*innen von Vivantes und der CFM als Verlierer*innen.

Jetzt gilt es umso mehr, alle Leute zu mobilisieren, noch härter für unsere Ziele zu kämpfen: TVöD für Alle, Rückführung der Töchter in die Mutterkonzerne und mehr Personal!

Wir geben nicht auf. Auch wenn wir es bei Vivantes zur Zeit etwas schwieriger haben, da wir von ver.di nicht die Unterstützung bekommen, die wir gern hätten. Doch wer aufgibt, hat bereits verloren. Letztendlich haben wir das Zepter in der Hand. Wir lassen uns nicht unterkriegen.

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