Wie kleine Parteien systematisch benachteiligt werden

20.12.2024, Lesezeit 6 Min.
1
Bild: Tobias Arhelger // shutterstock

Kleine Parteien werden in Deutschland systematisch benachteiligt. Dies ist nur ein Beispiel für die mangelhafte "Demokratie" in diesem Land. Ohne Ausschluss funktioniert sie nämlich nicht.

Parteien, die nicht mit fünf Mandaten im Bundestag vertreten sind, müssen bis zu 2.000 Unterschriften pro Landesliste sammeln, um bundesweit zu einer Wahl anzutreten. Das sind über 27.000 Unterschriften. Diese müssen handschriftlich eingereicht werden und von Wahlberechtigten aus den entsprechenden Bundesländern kommen.

Dabei sind 11,5 Mio. Menschen in Deutschland nicht wahlberechtigt. Vorgestern scheiterte die Klage der ÖdP gegen diese Beschränkung vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Gericht argumentierte, der Charakter der Wahl sei ein Integrationsprozess in der politischen Willensbildung des Volkes. Die Willensbildung werde durch diese Regel gesichert. Dazu kommt noch, dass Parteien mindestens 5 Prozent der Stimmen oder 3 gewonnene Direktmandate brauchen, um überhaupt jemanden in den Bundestag senden zu können.

In klareren Worten: Der Sinn von Wahlen in der BRD ist es, Meinungen auszuschließen. So etwas wie einen Willen des Volkes gibt es nämlich gar nicht.

Wie können Frauen und Queers einen gemeinsamen Willen mit denjenigen haben, die ihre körperliche Selbstbestimmung einschränken wollen, wie Friedrich Merz? Wie können Arbeiter:innen einen gemeinsamen Willen mit ihren Chefs haben, wenn die Einen mehr Gehalt und die anderen mehr Profite wollen? Die Antwort ist, es braucht einen „Integrationsprozess“, in dem systematisch beschränkt wird, welche Positionen überhaupt erst auf dem Wahlzettel landen, welche Positionen danach im Parlament mehrheitsfähig sind und welche dann durch den Bundesrat kommen. Dort sind die Positionen des “Volkes” bereits in 16 Bundesländer zerstückelt worden und Figuren wie Markus Söder können blockieren, was ihnen nicht passt. 

Im Parlament handeln Parteibürokraten, wie Jens Spahn und Sigmar Gabriel und Rechtsberatungsfirmen Minimalkonsense in Form von Gesetzesvorhaben und Koalitionsverträgen aus, die letztlich niemanden zufrieden stellen. Dass dabei lukrative Maskendeals für seine Freunde und Aufsichtsratspositionen bei Rüstungskonzernen für einen selbst rausspringen, ist einfach normaler Teil des Geschäfts, denn von Problemen mit Korruption redet in Deutschland niemand. 

Was es im Gegensatz zum Volkswillen allerdings gibt, sind die Interessen von Banken und Konzernen, nach denen sich die Politik richtet. Diese Skandale zeigen, dass Politiker:innen oft genug mit einem Fuß auf der Kapitalist:innenseite stehen, wenn sie nicht über einen kleinen Umweg direkt das tun, was Wirtschaftsverbände fordern, mit denen sie sich regelmäßig öffentlich treffen. Im effektiven Kampf gegen die AfD tut man sich offensichtlich schwer, doch der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands, MLPD, will die Bundeswahlleitung die Parteifähigkeit absprechen, weil diese ihren Vorstand nicht oft genug wählen. Es gibt in Deutschland hunderte untergetauchte Nazis, aber die Jagd gegen die drei untergetauchten Mitglieder der RAF wurde groß inszeniert. Der Verfassungsschutz möchte seine Gutachten, ob die AfD gesichert Rechtsextrem sei, nicht vor der Wahl herausgeben, weil er die Wahlen nicht beeinflussen möchte, doch die Zeitung “Junge Welt” stufte er als linksextrem ein, damit diese Schwierigkeiten hätte sich zu finanzieren. Ohne MLPD und RAF feiern zu wollen, ist doch klar, dass der Kampf gegen diejenigen die Arbeiter:inneninteressen vertreten wollen dem Staatsapparat sehr leicht fällt.

Das ist die Demokratie, die das Verfassungsgericht verteidigen soll. Doch auch das ist keineswegs politisch neutral. Die Richter:innen werden von Bundesrat und Bundestag gewählt und eine Absprache regelt, dass jeweils drei Richter:innen von SPD und Union und jeweils ein:e Richter:in von FDP und Grünen ernannt werden. Warum die FDP mit ungefähr einem Zwanzigstel der Stimmen ein Achtel des Bundesverfassungsgerichts stellt, bleibt ein Rätsel. 

Auch der bürgerliche Staatsapparat muss das inzwischen anerkennen. Mit Blick auf Polen, Ungarn und wahrscheinlich auch die USA macht man sich Sorgen, welche Rolle die AfD im Verfassungsgericht spielen könnte. Ebenfalls vorgestern stimmte der Bundestag dafür, dass Regeln zur Besetzung des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz festgeschrieben werden. Vorübergehend kann das den Status Quo stabilisieren, aber die politische Situation zeigt, was bürgerliche Demokrat:innen nicht sehen wollen: Demokratie ist keine Frage der richtigen Institutionen, sondern eine gesellschaftlicher Kräfte. Die Ampel ist auseinander gekracht, überall wird das bilden von Koalitionen schwierig, in Sachsen trat diese Woche eine “große Koalition” an, die keine Mehrheit im Landtag bildet. Auf lange Sicht ist das Bundesverfassungsgericht nicht davor geschützt, dass die AfD Richter stellt und schon gar nicht davor, dass die Richter:innen mit den Parteien und der gesamten Gesellschaft nach rechts rücken. 

Wir kandidieren deswegen mit zwei Arbeiter:innen, die im Kampf gegen die AfD nicht auf die politische Kaste vertrauen, sondern ihn in unseren Arbeitsplätzen, Schulen, Universitäten und Vierteln selber organisieren wollen. Inés Heider kandidiert in Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg und Leonie Lieb in München-West/Mitte und benötigen dafür 200 Unterschriften in den jeweiligen Wahlkreisen, um überhaupt auf den Wahlzetteln stehen zu dürfen, und Geld, um die Wahlkampagne zu finanzieren.

Sie wollen dabei aber keineswegs selbst hauptberufliche Politikerinnen zu werden und über 10.000 Euro Gehalt einzufahren, sondern mit euch eine Politik für die Arbeiter:innen und Unterdrückten machen, die gegen den Rechtsruck und die Krise vorgehen kann. Deswegen fordern wir:

Gehalt einer Pflegefachkraft für Politiker:innen! Weg mit den Privilegien für poltiische Eliten:

– Weg mit der 5-Prozent-Hürde – jede Stimme zählt, ohne Verzerrung!

– Abgeordnete im Dienste der Bevölkerung: – Alle Einkünfte und Vermögen offenlegen! Politiker:innen dürfen nicht mehr verdienen als Pflegekräfte! Für jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit aller Mandatsträger:innen.

– Verbot jeglicher Privilegien: Keine Nebeneinkünfte oder Steuererleichterungen für Abgeordnete und Mandatsträger:innen. Großkonzerne raus aus der Politik. Lobbyismus ist Korruption!

– Wahlrecht ab 14 für alle, die hier leben, auf allen Ebenen

– Schaffen wir den Bundespräsidenten ab – echte Kontrolle durch gewählte Gremien!

Kommt mit uns am 11. und 12. Januar nach Riesa, um den AfD-Parteitag zu blockieren!

Mehr zum Thema