USA: Sechs Tote nach dem Einsturz eines Amazon-Lagers inmitten eines Tornados
Mindestens sechs Amazon-Mitarbeiter:innen starben durch den Einsturz eines Lagerhauses, während eine Reihe Tornados über sechs Bundesstaaten hinweg fegte. Die Amazon-Chefs in diesem Lagerhaus wussten von der Bedrohung und trafen keine Vorkehrungen, um die Arbeiter:innen zu schützen.
Als jüngste Manifestation der sich verschärfenden Klimakrise zogen in der Nacht zum Freitag Tornados durch sechs Bundesstaaten und töteten mindestens 90 Menschen. Unter den Toten waren auch sechs Amazon-Mitarbeiter:innen, die beim Einsturz eines Amazon-Lagers in Edwardsville, Illinois, ums Leben kamen. Derzeit berichten die Medien, dass die Gesamtzahl der in dem Lagerhaus beschäftigten Personen nicht bekannt ist, so dass die Rettungskräfte nicht genau wissen, nach wie vielen Personen sie suchen. Wenn man jedoch bedenkt, wie penibel Amazon seine Mitarbeiter:innen überwacht, um sicherzustellen, dass sie nicht „faulenzen“, ist es schwer vorstellbar, dass die Unternehmensleitung nicht weiß, wie viele Mitarbeiter:innen sich zum Zeitpunkt des Tornados in dem Lagerhaus befanden. Deswegen muss diese Information sofort veröffentlicht und den Rettungskräften zur Verfügung gestellt werden, falls dies noch nicht geschehen ist.
Obwohl schon Stunden vor dem Eintreffen des Tornados eine Sturmwarnung für Madison County herausgegeben wurde, herrschte im Amazon-Lagerhaus, das sich mitten im Schichtwechsel befand, als der Tornado zuschlug, normaler Betrieb. Doch dies ist keine unübliche Situation für Amazon. Laut der Soziologin Nantina Vgontzas hat sich Amazon in der Vergangenheit immer wieder geweigert, Lagerhäuser als Reaktion auf extreme Wetterereignisse vorübergehend zu schließen. In den vergangenen Monaten wurden Amazon-Fahrer:innen von Nutzer:innen sozialer Medien dabei gefilmt, wie sie Pakete auslieferten, während sich über ihnen ein Tornado zusammenbraute, was dies belegt.
Nach dem Einsturz des Lagers gab Amazon eine Erklärung ab: „Die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Mitarbeiter und Partner hat für uns im Moment oberste Priorität.“
Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein:
Amazon-Mitarbeiter:innen dürfen in den Lagerhallen keine Mobiltelefone mit sich führen, so dass sie keine Wetterwarnungen erhalten und ihre Angehörigen sie im Notfall nicht kontaktieren können. Es wird erwartet, dass die Amazon-Mitarbeiter:innen in der Anlage gegenüber dem eingestürzten Lagerhaus am nächsten Tag zur Arbeit zurückkehren. Ein anderer Amazon-Mitarbeiter schrieb auf Facebook, er sei gewarnt worden, dass er bestraft würde, wenn er eine Schicht versäume. Auch nachdem die Polizei ihn aufgefordert hatte, nach Hause zu gehen. In der Zwischenzeit war es Jeff Bezos egal was passierte; er war damit beschäftigt, sein neuestes Weltraumprojekt zu feiern, während seine Mitarbeiter:innen durch den Tornado vermisst sind oder getötet wurden.
Die unmenschlichen Arbeitsbedingungen bei Amazon sind ein Beispiel dafür, wie die herrschende Klasse die Arbeiter:innen endlos ausbeutet. Amazon ist immer wieder unter Beschuss geraten, hat aber dafür, dass die Zahl der Verletzungen und Todesfälle unter den Arbieter:innen zugenommen hat, wenige bis gar keinen Konsequenzen tragen müssen, obwohl das Unternehmen seine Angestellten und „Auftragnehmer:innen“ dazu drängt, Pakete in Rekordgeschwindigkeit auszuliefern. Amazon-Lagerarbeiter:innen und -Fahrer:innen haben nicht einmal genug Zeit, um Toilettenpausen zu machen, was sie oft dazu veranlasst, in Flaschen zu urinieren, um die Produktivität zu maximieren, da jede Sekunde ihrer Arbeit überwacht wird. Diese Verfolgung dient nicht nur der Produktivitätssteigerung, sondern ist auch ein wirksames Disziplinierungsinstrument, um die Arbeiter:innen an der kurzen Leine zu halten. Durch die Anwendung einschüchternder gewerkschaftsfeindlicher Taktiken wie diskreditierende private Nachrichten, Anti-Gewerkschafts-Schulungsveranstaltungen und Überwachung hat Amazon bewiesen, dass sie der Arbeiter:innenklasse gegenüber feindlich eingestellt sind.
Amazon ist nur ein Beispiel für diese ungeheuerliche Ausbeutung. Dutzende von Menschen wurden während der Tornados am Freitag getötet, als eine Kerzenfabrik in Mayfield, Kentucky, zusammenbrach. Die Fabrik war während der Weihnachtszeit rund um die Uhr in Betrieb und zahlte ihren Arbeiter:innen gerade einmal 8 Dollar pro Stunde. Unter der Belegschaft befanden sich auch Häftlinge, die dann auch noch bei den Rettungsarbeiten halfen. Einmal mehr zeigt sich, dass die prekärsten und am stärksten ausgebeuteten Sektoren die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu spüren bekommen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Arbeiter:innen die Kontrolle über ihre eigenen Schutzmaßnahmen bei Umweltkatastrophen wie Tornados erhalten. Im Falle einer Tornadowarnung sollten die Beschäftigten beispielsweise die Möglichkeit haben, sich schnell zu versammeln und gemeinsam zu entscheiden, ob der Arbeitsplatz geöffnet bleiben soll und wenn ja, welche Vorkehrungen zu treffen sind. Amazon hat seinen Beschäftigten nicht nur dieses Recht verweigert, sondern offenbar auch keine Anpassungen am Betriebsablauf vorgenommen, um auf die Bedrohung zu reagieren (z. B. hätte man den Beschäftigten erlauben können, die Situation über ihre Telefone zu überwachen), und nun sind mindestens sechs Beschäftigte tot.
Jeff Bezos und Kapitalist:innen wie er werden nicht einfach eines Tages mit einem moralischen Kompass aufwachen und sich plötzlich um ihre Arbeiter kümmern. Während sich die Auswirkungen der Klimakrise abzeichnen und die Pandemie weiter auf der ganzen Welt wütet, hat die herrschende Klasse bereits die Kolonisierung des Weltraums ins Auge gefasst, anstatt hier sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen. Sie werden weiterhin alles aus den Arbeitnehmer:innen und diesem Planeten herausholen, was sie können, egal was es an menschlichem Leid oder Leben kostet. Angesichts dieser kapitalistischen Krisen und der Zunahme extremer Wetterereignisse ist es dringend erforderlich, dass sich die einfachen Arbeiter:innen gegen diese Ausbeutung und für die Kontrolle ihrer Arbeitsbedingungen zusammenschließen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterseite Left Voice.