US-Abgeordnete Ilhan Omar: Von Margaret Thatcher inspiriert
Die progressive Demokratin Ilhan Omar bezeichnete die frühere Premierministerin des Vereinigten Königreichs als Heldin. Das ist auf den Punkt gebrachter liberaler Feminismus.
Bild: LeftVoice
Ilhan Omar, eine Abgeordnete aus Minnessota, gilt als eine der fortschrittlichsten Repräsentantinnen im Kongress der Vereinigten Staaten. Ihrer Art, den US-Imperialismus anzuklagen, verdankt sie ihren Ruf, das radikalste Mitglied von „The Squad“ zu sein – einer Gruppe von vier nicht-weißen Repräsentantinnen des Kongresses, die Teil des progressiv-linken Flügels der Demokratischen Partei sind.
Neulich überraschte die Demokratin die Zuhörer eines Interviews im National Public Radio mit ihrer ausgedrückten Bewunderung für Margaret Thatcher – die neoliberale britische Premierministerin, die von 1979 bis 1990 amtierte.
Ist es nicht spannend? Man schreibt uns so oft vor, welchen Beispielen wir folgen sollen. Mich, als Frau, inspiriert es, wie sie einfach gesagt hat „Ja, ich kann das!“ – und das zu einer Zeit, in der es weit und breit keine Frau an der Macht gab.
Wenn ich meine eigene Entwicklung analysiere, denke ich auch daran, wie auch viele in meinem Umfeld die Ansicht vertraten, Jungs und Männer müssten die Initiativen ergreifen. Ich habe eine Art Vorbild gebraucht. Und ja, es ist offensichtlich, dass sie ein dunkles Kapitel der Geschichte geschrieben hat. Aber wir können nicht von der Hand weisen, wie inspirierend ihre Tapferkeit war, ihr Glauben daran, dass sie, als Frau, eine führende Persönlichkeit ihrer Zeit werden konnte.
In der Tat war Thatcher eine Wegbereiterin. Aber welche Bedeutung hat das für die Gender-Politik wirklich?
Schulter an Schulter mit dem US-amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan führte Thatcher eine weltweite Offensive gegen die Arbeiter*innenklasse an. Ihr Programm bestand aus Kürzungen der Sozialausgaben, Privatisierungen und Steuersenkungen für Reiche – Neoliberalismus pur.
Ihr jahrelanger Kampf gegen die National Union of Mineworkers (Minenarbeiter*innengewerkschaft in UK, A.d.Ü.) brach das Rückgrat der britischen Arbeiter*innenbewegung. Ihre Versuche, die kostenlose Milch für Schüler*innen zu streichen, brachte ihr in der britischen Arbeiter*innenbewegung den Spitznamen „Milk Snatcher“ (dt.: „Milchdiebin“) ein.
Thatcher war auch eine Kriegstreiberin. Ihr Krieg gegen Argentinien im Jahr 1982 diente dazu, die imperialistische Hegemonie Großbritanniens wiederherzustellen. Thatcher verschärfte auch den schmutzigen Krieg Großbritanniens in Nordirland. 1981 traten irische politische Gefangene für ihre Forderungen in einen Hungerstreik, und Thatcher ließ zehn von ihnen verhungern. Während seines Hungerstreiks wurde Bobby Sands zum Abgeordneten gewählt, kurz vor seinem Tod. Der Komiker Eric André brachte es in einem Interview mit Mel B von den Spice Girls auf den Punkt:
Glaubst du, Margaret Thatcher hatte Frauenpower? Glaubst du, sie hat die Frauenpower gut genutzt, als sie illegale paramilitärische Todesschwadronen in Nordirland finanziert hat?
Seit 1968 führen Arbeiter*innen und Unterdrückte auf der ganzen Welt revolutionäre Kämpfe gegen die Kapitalist*innen im Westen und die Bürokrat*innen, die die degenerierten Arbeiter*innenstaaten im Osten regierten. Thatcher war eine Führerin der Gegenoffensive der Bourgeoisie.
Thatchers Vermächtnis ist größeres Elend der Arbeiter*innen auf der ganzen Welt, vor allem der Frauen. Ihre Kürzungen sind bis heute spürbar, wenn in Großbritanniens überfüllten und unterfinanzierten Krankenhäusern Tausende an COVID-19 sterben. Es überrascht nicht, dass die Arbeiter*innen ihren Tod feierten.
Was genau findet Ilhan Omar denn so inspirierend? Ihre Worte fassen den liberalen Feminismus perfekt zusammen: Der Kapitalismus ermöglicht es, dass acht Individuen über so viel Wohlstand verfügen wie die halbe Menschheit – und Liberale fordern, dass vier dieser acht Personen weiblich sind. Der Liberalismus stützt ein auf Ausbeutung und Unterdrückung basierendes System, indem er Zugang zu Führungspositionen für Angehörige von Minderheiten fordert.
In Anbetracht dessen ist es nicht verwunderlich, dass Omar eine Unterstützerin von Joe Biden ist – der nicht nur für seine sexuelle Übergriffigkeit, sondern vor allem für seinen eifrigen Neoliberalismus bekannt ist. Seine Politik trieb unzählige Arbeiter*innen in den Ruin und Millionen von Nichtweiße in die Gefängnisse.
„The Squad“ sind, trotz ihrer linken Attitüde, verlässliche Mitglieder der Demokratischen Partei – einer der ältesten kapitalistischen Parteien der Welt. Echte Sozialist*innen dagegen kämpfen dafür, dass sich die Arbeiter*innen unabhängig von der herrschenden Klasse organisieren.
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