Unterstützung für Russland: Wird Nordkorea Kriegspartei?

25.10.2024, Lesezeit 4 Min.
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Nordkoreanisches Militär. Foto: Wikimedia Commons

Verschiedenen Geheimdienstquellen suggerieren, dass Pjöngjang zur Unterstützung seines russischen Verbündeten etwa 12.000 Soldat:innen auf ukrainischem Gebiet stationieren wird, von denen sich bereits etwa 1.500 auf osteuropäischem Gebiet befinden sollen. Dies könnte eine weitere Eskalation des Konflikts bedeuten.

Nordkorea hat Russland bereits 13.000 Container mit Granaten und Raketen sowie mit fast acht Millionen 122-mm- und 152-mm-Artilleriegranaten zur Unterstützung des Krieges in der Ukraine geliefert. Neben der wirtschaftlichen und logistischen Zusammenarbeit, bei der diese große Menge an Artilleriemunition und Raketen geliefert wird, gibt es noch die Abkommen zwischen Russland und Nordkorea, die Kim Jong-un und Wladimir Putin im Juni in Pjöngjang beschlossen. Nach Angaben der Unterzeichner handelt es sich dabei um eine „umfassende strategische Partnerschaft“, die auch einen Vertrag über die gegenseitige Verteidigung im Falle einer Aggression umfasse.

Der ukrainische Präsident Wolodymir Selenskyi hatte bereits in einer Rede in Brüssel gewarnt, dass Nordkorea 10.000 Soldaten zum „Kampf“ gegen die Ukraine bereithalte. „Nach unseren Geheimdiensten haben wir Informationen, dass Nordkorea taktisches Personal und Offiziere in die Ukraine in vorübergehend besetzte Gebiete geschickt hat“, sagte Selenskyi.

Eine Formation nordkoreanischer Staatsangehöriger, das „Burjaten-Spezialbataillon“, operiere nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes bereits auf russischem Territorium. Es bestünde aus etwa 3.000 Soldat:innen, die in Burjatien ausgebildet wurden, einer russischen Region mongolischer Abstammung, die sprachliche und kulturelle Gemeinsamkeiten mit Korea aufweist.

Die Entsendung regulärer Truppen wäre ein gewaltiger Schritt, nicht weniger als ein direktes Eingreifen nordkoreanischer Staatstruppen auf ukrainischem Territorium. Anders ausgedrückt würde dies bedeutent: Russland marschiert gemeinsam mit Nordkorea in Osteuropa ein, mit allen geopolitischen Konsequenzen, die dies mit sich bringen könnte.

Südkoreas Spionagebehörde, der Nationale Nachrichtendienst (NIS), berichtete, dass russische Marineschiffe zwischen dem 8. und 13. Oktober 1.500 nordkoreanische Spezialeinheiten in die Hafenstadt Wladiwostok gebracht haben.

In derselben Stadt werden sie eine „Anpassungsschulung“ erhalten, bevor sie an die Front verlegt werden. Quellen aus Kiew zufolge sollen sie in die westrussische Region Kursk geschickt werden, wo die ukrainische Armee im August einmarschiert ist und nun einen Teil des Gebiets kontrolliert.

Nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes sollen die in Wladiwostok eingetroffenen nordkoreanischen Soldat:innen russische Militäruniformen und Waffen erhalten haben, um unerkannt zu bleiben. Derselben Quelle zufolge wurden ihnen sogar falsche Ausweispapiere ausgehändigt, als seien sie russische Staatsangehörige, die in Jakutien und Burjatien, zwei Regionen Sibiriens, geboren wurden.

Russland und Nordkorea streiten diese Behauptungen ab. Natürlich ist es sehr schwierig, genau zu wissen, was und in welchen Mengen Nordkorea nach Russland schickt und was es im Gegenzug erhält.

Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol erklärte auf einem Sicherheitstreffen, dass die internationale Gemeinschaft mit „allen verfügbaren Mitteln“ auf den Kriegseintritt des nordkoreanischen Regimes reagieren müsse. Zudem schlug er vor, Truppen sowie Angriffs- und Verteidigungsmaterial nach Kiew zu entsenden, was er bisher vermieden hat, indem er sich auf humanitäre Hilfe und die Unterstützung westlicher Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschränkte. Südkorea ist besorgt darüber, was das Regime in Pjöngjang im Gegenzug für seine Unterstützung Russlands in Bezug auf sein Atom- und Raketenprogramm erhalten könnte.

Die Absicht Seouls, diese „rote Linie“ zu überschreiten, könnte für eine Eskalation des Konflikts ausschlaggebend sein, da Südkorea der neuntgrößte Waffenexporteur der Welt ist und über eines der größten Artillerie-Munitionsarsenale der Welt verfügt.

Die Vereinigten Staaten haben durch ihren Verteidigungsminister Lloyd Austin bestätigt, dass sich nordkoreanische Truppen in Russland aufhalten. Der Auftrag dieser Soldat:innen sei unbekannt, aber es wäre „sehr, sehr ernst“, wenn sie sich darauf vorbereiten würden, an der Seite der russischen Armee im Krieg in der Ukraine zu kämpfen. Sowohl die NATO als auch die Europäische Union warnten, dass ein solcher Fall eine ernsthafte Eskalation des Konflikts bedeuten würde.

Die baltischen Staaten, die am ehesten direkt in den Krieg involviert werden könnten, erinnerten an Macrons Vorschlag, Truppen in die Ukraine zu entsenden. Sie argumentieren, dass Nordkorea dem Westen zuvorkomme.

Nordkorea verfügt mit mehr als 1,3 Millionen Soldat:innen über die viertgrößte Armee der Welt und verfügt über ein beträchtliches Waffenarsenal, sodass ein Eintritt in den Krieg in der Ukraine keine Kleinigkeit wäre und die gesamte Dynamik des Konflikts verändern könnte.

Zweifellos eröffnet sich eine neue und gefährliche Phase in dieser kriegerischen Dynamik, die zu einer Eskalation der Militarisierung und einer stärkeren Internationalisierung des Krieges führen könnte, wobei sich die in dem Konflikt erkennbaren Neuausrichtungen festigen und neue Akteure aktiv einbezogen werden.

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