Unser Hafen, nicht euer Casino!

14.11.2023, Lesezeit 6 Min.
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Bild: KGK

Nach dem wilden Streik der Hafenbeschäftigten gegen die Teilprivatisierung des Hamburger Hafens riefen sie am vergangenen Samstag zusammen mit der Gewerkschaft ver.di zu einer kämpferischen Kundgebung auf. Auch wir als Studierende zeigten unsere Solidarität.

Die Kundgebung diente den Hafenbeschäftigten und ver.di zur Kontaktaufnahme mit den in Hamburg lebenden Menschen. Da die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) noch zu 69 Prozent der Stadt Hamburg gehört, ist es ein zentrales Anliegen der gesamten Stadt, die Teilprivatisierung zu verhindern. Der Hafen ist nicht nur das Herzstück der Stadt, sondern finanziert auch den sozialen und öffentlichen Sektor mit. Sie betonen, dass sich die Hamburger Öffentlichkeit jedes Mal aufs Neue gegen den Ausverkauf des Hamburger Hafens ausgesprochen hat, sie jedoch kein Mitspracherecht an der Entscheidung haben, ebenso wenig wie die Hafenarbeiter:innen.

Ein Arbeiter der Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft (GHB) positionierte sich deutlich:

Deshalb haben sie alle vorher geschwiegen, weil ihnen klar ist, dass das, was gegen die Interessen der Menschen durchgesetzt werden soll, nicht funktioniert, wenn wir uns äußern. Und deshalb ist es so wichtig zu verstehen, dass es nicht nur um uns Hafenarbeiter geht, sondern es geht hier um alle.

Der Vorstand und der Aufsichtsrat der HHLA haben am vergangenen Montag die Unterstützung zur Teilprivatisierung ihres Unternehmens bekannt gegeben, wodurch der städtische Anteil an der HHLA auf 50,1 Prozent sinken würde. Die weiteren 49,9 Prozent des Unternehmens sollen an die schweizerisch-italienische Mediterranean Shipping Company (MSC) verkauft werden.

Seit die Pläne zur Teilprivatisierung im vergangenen September veröffentlicht wurden, zeigen sich die Hafenbeschäftigten kämpferisch. Kurz nach der Veröffentlichung versammelten sich rund 2.500 Beschäftigte und solidarische Menschen an der HHLA. Rund 400 Beschäftigte zogen damals bis zum Rathausmarkt, was durch Absperrungen oder die Polizei verhindert werden sollte, und bekundeten auch dort ihre Forderungen. Sie haben auch eine Petition ins Leben gerufen, auf die sie auch auf der Kundgebung aufmerksam  gemacht haben. Doch der Höhepunkt des bisherigen Kampfes war der wilde Streik in der vergangenen Woche, der die Selbstorganisation und Streikdemokratie zum Ausdruck brachte. In einer Versammlung der HHLA-Beschäftigten am Dienstagmorgen wurde beschlossen, dass der am Montagabend begonnene wilde Streik weitergeführt wird. Trotz der aufgeladenen Situation, in der die Hafenbeschäftigten Repressalien wie Abmahnungen bis hin zu Kündigungsdrohungen ausgesetzt sind, haben sie den wilden Streik gemeinsam durchgezogen, bis sie selbst die Wiederaufnahme der Arbeit beschlossen haben.

Große Kritik gilt der SPD, die mit den Grünen zusammen den Hamburger Senat bildet. Sie sprach sich vor rund 20 Jahren als Teil der Opposition noch klar gegen einen Verkauf und somit einer Privatisierung des Hamburger Hafens aus. Im September wurden dann die Pläne bekannt gemacht, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wurden – weder die Beschäftigten des Hamburger Hafens, noch der Betriebsrat oder die Gewerkschaftsführung von ver.di wurden vorher davon in Kenntnis gesetzt. Bei der nachfolgenden Kundgebung verteidigte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) den Teilverkauf und versprach den Schutz der Arbeitnehmer:innenrechte. Dass solche Versprechungen oft nicht eingehalten werden, zeigt die Privatisierung in anderen Branchen, wie zum Beispiel bei der Deutschen Bahn.

Studentische Solidarität

Auch wenn auf der Kundgebung am Samstag weniger Hafenbeschäftigte waren als erhofft, kamen rund 600 Beschäftige und Unterstützer:innen zusammen. Grund dafür können die angedrohten Repressionen wie Abmahnungen und Kündigungsdrohungen sein. Auch wir von Waffen der Kritik besuchten die Kundgebung solidarisch, denn als Studierenden ist uns klar: Wir führen den gemeinsamen Kampf an der Seite der Arbeiter:innen. Wie schon zum wilden Streik am Montagabend unterstützen auch die studentischen Beschäftigten vom TVStud Hamburg, die in diesem Streiksemester für die Aufnahme in den Tarifvertrag der Länder (TV-L) kämpfen, die Hafenarbeiter:innen. In einem solidarischen Redebeitrag bekräftigten sie die Notwendigkeit des wilden Streiks. Sie klagten die Scheinargumente der Landesregierung gegen ihre Forderungen an – dieselbe Landesregierung, gegen die auch die Hafenarbeiter:innen kämpfen.

Nicht nur die Beschäftigten der HHLA richteten sich gegen die Teilprivatisierung, sondern auch Beschäftigte aus allen anderen Terminals des Hamburger Hafens, wie das Eurogate Container-Terminal Hamburg oder die Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft. Sogar die ver.di-Landesbezirksleitung Hamburg stellt sich auf die Seite der Beschäftigten und kritisierte ihren Bundesvorstand, der sich für die Teilprivatisierung des Hamburger Hafens aussprach. Doch es wurde sich nicht nur gegen die kommende Teilprivatisierung ausgesprochen, sondern auch dafür, dass die frei gehandelten Aktien von der Stadt zurückgekauft werden sollen. Es wurden die gescheiterten Versprechungen der Neoliberalisierung angeklagt, wo möglichst viel öffentliches Eigentum in private Hand verkauft werden soll.

Dagegen wandte sich auch der Kollege von der GHB in seiner Rede:

Dass alles was staatlich ist, verscherbelt werden muss, ist gescheitert und das nicht nur einmal. Jedes einzelne Beispiel, an dem öffentliches Eigentum verschachert worden ist, ist ein Desaster.

Außerdem wurden Solidaritätsbekundungen von anderen Hafenarbeiter:innen verlesen, zum Beispiel aus der Türkei. Dort ist die Privatisierung extrem fortgeschritten, zum Nachteil der dortigen Hafenbeschäftigten. Sie berichten von Einschnitten ihrer Arbeitnehmer:innenrechte. Auch die „De volle Lading“, eine Zeitung von und für Hafenarbeiter:innen aus Rotterdam bekundete ihre volle Unterstützung für die Hamburger Kolleg:innen. Die Forderungen in ihrem Statement gingen sogar noch weiter: Sie forderten unter anderem die Selbstorganisation der Arbeiter:innen in den Häfen sowie Enteignung der Konzernchefs.

Hafenarbeiter:innen gegen Waffenlieferungen

Solidarische Grüße gingen auch nach Genua in Italien: Dort legten Hafenbeschäftigte ab Freitag ihre Arbeit nieder, um Waffenlieferungen nach Israel zu verhindern. Dieses Beispiel zeigt das Potential der Arbeiter:innen an diesem zentralen Umschlagplatz des Kapitals. Durch Blockaden und Streiks kann die kriegstreiberische Politik der Regierungen zum Erliegen gebracht werden und eine klassensolidarische und internationale Perspektive eröffnet werden.

Nicht nur die studentischen Beschäftigten vom TVStud Hamburg, sondern auch Kolleg:innen von Lufthansa und Airbus bekundeten ihre Solidarität mit den Hafenbeschäftigten und ihrem Kampf. Für die Beschäftigten von Airbus dient die demokratische Selbstorganisierung am Hamburger Hafen als ein Beispiel, was sie auch in ihrem Arbeitsalltag umsetzen wollen.

Nach dem kämpferischen wilden Streik war die Kundgebung der nächste Schritt im Kampf gegen die Teilprivatisierung des Hafens. Es zeigt sich: Die Arbeiter:innen des Hamburger Hafens wollen die Entscheidungen, die über ihre Köpfe hinweg getroffen wurden, nicht hinnehmen. Sie sind ein fortschrittliches Beispiel, wie wir als Beschäftigte Kämpfe für mehr Mitbestimmung führen können.

Wir solidarisieren uns als Studierende und Arbeiter:innen mit den Hafenarbeiter:innen der HHLA in ihrem Arbeitskampf und werden diesen gemeinsam mit ihnen führen!

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