Ungleichbehandlung bleibt

07.04.2015, Lesezeit 5 Min.
1

// TARIFVERTRAG DER LÄNDER: Der Abschluss bleibt weit unter den Forderungen der Gewerkschaften. Auch die LehrerInnen wurden fallen gelassen. Aber die GEW könnte weiter streiken. //

Es ist eine Tarifeinigung, „die sich sehen lassen kann“ – so zumindest die pompösen Worte der Gewerkschaft ver.di zum Abschluss im Öffentlichen Dienst. Noch vor einigen Tagen hatte ver.di-Chef Frank Bsirske hochtrabend verkündet, einen Tarifabschluss werde es nur geben, wenn ein Einstieg in die Gleichbehandlung angestellter und verbeamteter LehrerInnen gelinge – dabei bezog er sich auf die Forderung der GEW für eine Lehrkräfte-Entgeltordnung (L-EGO).

Gefordert hatten die Gewerkschaften 5,5 Prozent mehr Lohn, oder mindestens 175 Euro zusätzlich, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen sollten um 100 Euro angehoben werden und Azubis sollten verbindlich übernommen werden.

Schwacher Abschluss

Und das Ergebnis? Es gibt 2,1 Prozent mehr Lohn und in einem Jahr weitere 2,3 Prozent, oder mindestens 75 Euro. Also eine durchschnittliche Erhöhung von 4,83 Prozent bei einer Laufzeit von 22 Monaten. Statt 100 Euro mehr Ausbildungsvergütung gibt es 30 Euro, in der Altersvorsorge wurden zwar die angedrohten Kürzungen abgewehrt, aber dafür gibt höhere Beiträge – das bedeutet letztendlich weniger Lohn. Neueinstellungen im öffentlichen Dienst sind fast nur noch befristet – kein Wort dazu im Abschluss.

Es klingt zunächst so, als ob das Ziel von 5,5 Prozent beinahe erreicht worden wäre. Aber diese 4,83 Prozent beziehen sich auf 22 Monate, nicht auf 12. Erreicht wurde also weniger als die Hälfte der eigentlichen Forderung. Doch nicht nur wegen dieses Kunstgriffes ist die lange Frist ein Problem.

Seit 2005/6 gibt es die Trennung zwischen dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), der für die Angestellten von Bund und Kommunen gilt, und dem Tarifvertrag der Länder (TV-L). 2016 steht die nächste große Tarifrunde im TVöD an. Bei einer Laufzeit von 12 Monaten für den Abschluss im TV-L hätte es nächstes Jahr die Möglichkeit gegeben, bundesweit gemeinsame Streiks im gesamten öffentlichen Dienst zu organisieren. Diese Möglichkeit wurde jetzt vollständig untergraben. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags auf 22 Monate zu legen war ein guter Schachzug der TdL und zeigt andersherum klar, dass ver.di kein Interesse daran hat, solche Streiks zu organisieren – die Kampfkraft soll getrennt bleiben.

Streiks der LehrerInnen?

Die Forderung der LehrerInnen nach einer Angleichung der Löhne wurde von ver.di fallen gelassen. Aber auch die GEW setzte sich nicht sehr energisch dafür ein. Bsirske sagte nur, er solidarisiere sich mit der GEW, aber streiken müsse sie alleine. Was für ein unglaublicher Widerspruch zu seinen Äußerungen zu Beginn der Verhandlungen!

Die GEW hätte nun die Möglichkeit, weiter für eine Lehrkräfte-Entgeltordnung zu streiken. Das setzt aber Druck von der Basis voraus. Schon im Jahr 2013 konnte eine Basisgruppe die GEW Berlin dazu bewegen, einen Kampf mit insgesamt 17 Streiktagen zu führen. Damals wurde er abgebrochen, angeblich um die Verhandlungen auf Bundesebene nicht zu gefährden. Doch in den aktuellen Verhandlungen ist die L-EGO der LehrerInnen wieder unter den Tisch gefallen.

Für einen Bildungsstreik!

Genauso wie der restliche öffentliche Dienst haben auch die LehrerInnen das Problem, durch Streiks nur indirekt wirtschaftlichen Schaden zu verursachen. Ihr Streik ist in erster Linie ein politischer, der nur durch Chaos im Bildungssystem Druck aufbauen kann.

Um von den bürgerlichen Medien nicht gegen den Streik instrumentalisiert zu werden („die armen SchülerInnen werden allein gelassen“), müssen die SchülerInnen an diesem Chaos aktiv beteiligt sein. Deswegen braucht es eine große Bewegung zur Solidarität mit den Kämpfen der LehrerInnen, die diese mit den Problemen verbindet, die es im gesamten Bildungssystem gibt.

Schlechte Arbeitsbedingungen für LehrerInnen bedeuten schlechte Lernbedingungen für SchülerInnen, genauso bei Hochschulbeschäftigten und Studierenden. Es gibt viele Schulen mit einer Orientierung auf den Sozial- und Erziehungsdienst – ein Bildungsstreik würde deshalb nicht nur bessere Lernbedingungen für die SchülerInnen ermöglichen, sondern auch bessere zukünftige Arbeitsbedingungen.

Ansätze dafür gibt es bereits: Schon bei den letzten LehrerInnenstreiks gab es zwei maßgeblich von der linken Jugendgruppe RedBrain organisierte Solidaritätsdemonstrationen mit jeweils 200 SchülerInnen und auch beim aktuellen Streik im öffentlichen Dienst gab es Solidaritätsaktionen von SchülerInnen.

Aktive LehrerInnen an der Basis der GEW müssen sich nun gruppieren und Druck auf die Bürokratie aufbauen – für einen Streik für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, für den Aufbau einer breiten Solidaritätsbewegung, für einen Bildungsstreik!

Mehr zum Thema