Und noch einer: CSU-Sauter soll 1,2 Millionen für Masken-Deal bekommen haben
Die Krise der Union vertieft sich weiter. Auch der ehemalige bayerische Justizminister Alfred Sauter steht unter Verdacht, sich an Deals mit Masken bereichert zu haben. Wo bleiben die echten Konsequenzen?
Georg Nüßlein, Nikolas Löbel, Mark Hauptmann und nun auch Alfred Sauter: Die Liste der Unions-Abgeordneten unter akutem Korruptionsverdacht wird immer länger. In der „Masken-Affäre“ ermittelt nun die Generalstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern gegen Sauter. 1,2 Million Euro soll er erhalten haben – angeblich ein Anwaltshonorar für den Entwurf eines Vertrags zwischen dem bayerischen Gesundheitsministerium und dem Maskenlieferanten, für den sein Parteifreund Nüßlein geworben hatte.
In dieser Höhe kann es sich dabei jedoch nur um Provisionszahlungen, also Schmiergeld, handeln. Nach Informationen der Augsburger Allgemeinen soll Sauter dafür eine Treuhand-Konstruktion und ein Konto in Liechtenstein genutzt haben. Behilflich scheint ihm dabei ein weiterer Parteifreund gewesen zu sein, der Schatzmeister der Günzburger CSU, Manfred Krautkrämer, dessen Firma Teil der Treuhand-Konstruktion war. Gegen Krautkrämer wird nun wegen des Verdachts der Beihilfe zur Umsatzsteuerhinterziehung ermittelt.
Mit Sauter erwischt es nicht etwa eine Randfigur in der Partei. Der ehemalige Landesjustizminister ist immerhin Vorstands- und Präsidiumsmitglied bei den Christsozialen und sitzt schon seit 1990 für die CSU im Landtag. Dass er der persönlichen Bereicherung nicht abgeneigt ist, ist nichts Neues. Sauter ist einer der bayerischen Landtagsabgeordneten mit den höchsten Nebeneinkünften. Scheinbar im Scherz hat sich Sauter darüber amüsiert, dass er nur im Nebenjob Abgeordneter sei – ein Nebenjob, der einträgliche Möglichkeiten eröffnet, wie es scheint.
Wie lang kann die Unionsspitze die Schuld noch auf Einzelne abwälzen?
Während Sauter die Vorwürfe abstreitet, fordert die Spitze der CSU Sauter nun dazu auf, seine Parteiämter niederzulegen und auch sein Landtagsmandat ruhen zu lassen. Die schamlose Gier, wie sie Nüßlein, Löbel, Hauptmann und Sauter an den Tag gelegt zu haben scheinen, macht beinahe sprachlos. Doch darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hierbei um ein strukturelles Problem handelt.
Mit jeder neuen Erkenntnis werden die Lippenbekenntnisse der Unionsspitzen und ihr neuer „Ehrenkodex“ unglaubwürdiger. Auch die Vorstellung, dass es sich nur um einzelne Personen handelt, die sich auf Kosten der ansonsten makellos integren Parteien bereichert hätten, wirkt immer abwegiger. Die Masken-Raffkes aus der Partei zu werfen, kann längst nicht genug sein.
Die erste Quittung hat die Union bereits mit den Wahlergebnissen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am Wochenende erhalten. Noch scheint sich die Union und mit ihr die Bundesregierung noch recht sicher zu fühlen. Das mag verwundern, denn die Masken-Korruption ist nur einer von inzwischen unzähligen großen und sehr großen Skandalen der letzten Monate. Das Debakel um die Impfstrategie, das Bürokratieversagen in der Pandemie, der AstraZeneca-Impfstopp während Schulen und Wirtschaft offen bleiben, die Lockerungen mitten in der anlaufenden dritten Welle der Pandemie, aber auch der Wirecardskandal, in den besonders der Koalitionspartner SPD und Vizekanzler Olaf Scholz verwickelt waren – der eigentliche Skandal ist, dass die Regierung vorerst weitermachen kann, wie sie möchte.
Das liegt auch daran, dass es keine politische Kraft gibt, die willens oder fähig ist, diese Korruption und dieses Versagen wirksam anzuklagen. Sogar die neue Chefin der Linkspartei Janine Wissler etwa begnügt sich damit, Markus Söder aufzufordern, in seiner Partei aufzuräumen – als ob Söder nicht genau das tun möchte. Nein, nicht denjenigen soll die Aufklärung überlassen werden, die selbst darin verstrickt sind. Die Linkspartei sollte alle ihre parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen, um weitere Verstrickungen von Politiker:innen in Korruption zu enthüllen, sie öffentlich anklagen und weitere Schritte zur Aufklärung unterstützen, vor allem den Aufbau unabhängiger Ausschüsse unter Beteiligung der Gewerkschaften. Darüber hinaus braucht es mehr als Appelle, dass korrupte Abgeordneten ihre Ämter niederlegen – was sie einfach verweigern können, wie der Fall von Georg Nüßlein zeigt. Vielmehr müssen sie jederzeit abwählbar sein, um wirklich zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Dabei muss die allererste Konsequenz sein: Jeden geflossenen Euro Schmiergeld müssen die Unionspolitiker abgeben – zu Gunsten derjenigen, die unter der Pandemie leiden, während sie sich die Taschen vollgemacht haben.