Über Theorie und Strategie im Kampf für eine nicht-patriarchale Gesellschaft

17.01.2019, Lesezeit 30 Min.
Übersetzung: ,
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Die Frauenbewegung hat sich zu einer der bedeutendsten Bewegungen der heutigen Zeit entwickelt. Argentinien ist dabei eines ihrer internationalen Zentren. In der Hitze der Kämpfe haben sich dementsprechend mehrere Debatten entwickelt.

In einem kürzlich erschienenen Artikel darüber, wie man patriarchale Gewalt bekämpfen und beenden kann, haben wir uns mit der punitivistischen, also bestrafenden, Logik auseinandergesetzt. Diese Logik setzt entweder auf die Stärkung der Zwangsgewalt des Staates oder auf die öffentliche Anprangerung bestimmter Personen als einzig möglicher Strategie, wenn es keine Justiz gibt, die die Opfer entschädigt. Jedoch trennt diese Logik diese politischen Vorschläge zur Kontrolle und Bestrafung des dringenden Problems der machistischen Gewalt vom Ziel einer Gesellschaft ohne Ausbeutung oder Unterdrückung, für die wir kämpfen.

An dieser Stelle sind nicht nur Strategien und Programme im Spiel, sondern auch allgemeinere theoretische Konzepte, auf die sie aufbauen. Wir möchten diesen Artikel letzteren, viel weniger diskutierten, widmen. Trotz seiner Länge stellt der Artikel notwendigerweise eine teilweise Verkürzung dar, von der wir jedoch hoffen, dass sie zur Debatte beiträgt.

Politik und „Naturzustand“

Carl Schmitt argumentiert: „Jede politische Idee nimmt irgendwie Stellung zur ‚Natur‘ des Menschen und setzt voraus, dass er ‚von Natur gut‘ oder ‚von Natur böse‘ ist.“ (1) Tatsächlich basiert jede Politik mehr oder weniger bewusst, explizit oder implizit auf einer bestimmten Sicht der Welt und des Menschen. Es gibt jedoch nicht nur zwei Alternativen, sondern eine dritte: dass der Mensch „von Natur aus“ weder gut noch schlecht ist.

Thomas Hobbes ist zweifellos der berühmteste Vertreter der pessimistischen Anthropologie innerhalb der modernen politischen Philosophie. Seine berühmte Aussage, dass der „Mensch dem Menschen ein Wolf“ sei (Homo homini lupus), fasst seine Vorstellung zusammen, dass der Mensch an sich hedonistisch und egoistisch sei. Im „Naturzustand“ herrscht der Krieg aller gegen alle (bellum omnium contra omnes). Diese Kriegsgefahr bringt die Individuen zum Abschluss eines auf Angst basierenden Sicherheitsvertrags, aus dem der Leviathan hervorgeht – jenes biblische Monster, mit dem Hobbes metaphorisch auf einen Staat verweist, dem die Untertanen alle Macht geben, um ihren Schutz und die Erhaltung des Lebens zu gewährleisten.

John Locke, Vorreiter des klassischen Liberalismus, geht ebenfalls von der Notwendigkeit eines Vertrags aus. Denn obwohl er der Ansicht ist, dass der Krieg außerhalb der Moral des „Naturrechts“ liegt, führe das Fehlen eines Richters, der die Erfüllung dieses Naturrechts garantieren und zwischen den verschiedenen Interessen des Einzelnen im „Naturzustand“ vermitteln kann, zu einem ähnlichen möglichen Kriegszustand. Im Gegensatz zu Hobbes argumentiert er, dass die Freiheiten des Einzelnen, insbesondere das (kapitalistische) Eigentumsrecht, konstitutiv für den Vertrag sind, ebenso wie die daraus resultierende Ungleichheit.

Gegenüber Hobbes und Locke können wir J. J. Rousseau heranziehen, der eine optimistischere anthropologische Haltung hat, die in der Idee des „edlen Wilden“ populär gemacht wurde. Dies ist ein komplexerer Ansatz, als wir ihn in diesen kurzen Zeilen entwickeln können, aber wir können hervorheben, dass es in Rousseau kein Konzept der menschlichen Natur als das eines „gefallenen Wesens“ gibt, das von einer Art weltlicher Version der Erbsünde geprägt sei. Es sei gerade der liberale Vertrag mit Privateigentum und Egoismus, der den Menschen pervertiert, Ungleichheit schafft und gleichzeitig den Anschein erweckt, dass die Dominanz einer Minderheit über die großen Mehrheiten legitimiert sei. Die Korruption des Menschen sei somit kein natürliches, sondern ein soziales Produkt, weshalb die Institution eines demokratischen und egalitären Gesellschaftsvertrags in Form eines „allgemeinen Willens“ in der Lage sei, sie umzukehren.

Irgendwo zwischen Locke und Rousseau könnten wir das Denken mehrerer sogenannter amerikanischer „Gründerväter“ wie James Madison verordnen, für die es zwar nicht möglich sei, das Böse vollständig aus der menschlichen Gesellschaft zu verbannen, für die man aber danach streben könne, es auszugleichen, indem man das „Gute“ vermehrt (eine Idee, die sich beispielsweise in späteren emblematischen Institutionen der Philanthropie wie dem Rotary Club (2) und vielen ähnlichen nachverfolgen lässt, mit denen Kapitalist*innen „humanitäre Hilfe“ fördern). In optimistischeren anthropologischen Versionen wie der von Thomas Jefferson stellen wir fest, dass er zwar einerseits der Ansicht ist, dass jede Generation das Recht auf eine eigene Verfassung habe und dass es notwendig sei, mehr oder weniger egalitäre soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten. Jedoch geht er andererseits davon aus, dass der Weg dazu die Verteidigung einer idealisierten landwirtschaftlichen Lebensweise (Pastoralismus) sei, welche aber in Wirklichkeit auf nichts Geringerem als Sklaverei basiert (3).

Nun gibt es, wie gesagt, nicht nur zwei anthropologische Vorstellungen vom Menschen, wo er „gut“ oder „schlecht“ ist (oder eine bestimmte Kombination aus beidem), sondern drei. Marx und Engels sind die radikalsten Vertreter dieser dritten Position. Sie lehnen die Vorstellung einer festen menschlichen Natur ab. Der Mensch verändere durch Arbeit oder bewusste Aktivität die Welt um ihn herum und verwandle sich gleichzeitig selbst. Darauf basiert die Idee der „Praxis“. Darin gibt es weder einen „Naturzustand“ noch „natürliche“ Institutionen oder Rechte, sondern nur soziale Beziehungen, die vom Menschen selbst aufgebaut wurden und die ihn wiederum bedingen. In Marx‘ Worten: „Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.“ (4)

Staat und Zivilgesellschaft: Frauen außerhalb der Politik

Feministische Denkerinnen haben bereits im 18. Jahrhundert die geschlechtliche Differenz und patriarchale Unterordnung von Frauen als zentrale Elemente für eine Kritik an den Vertragstheorien – Hobbes, Locke und Rousseau – erhoben, die einen Gründungsmoment der modernen politischen Philosophie darstellen.

Hobbes argumentiert zwar theorietisch, dass Frauen und Männer im „Naturzustand“ gleichberechtigt sind, betrachtet die Familie jedoch als eine Formation, die aus einem Gesellschaftsvertrag entsteht – ebenso wie die Zivilgesellschaft –, wo Frauen die Unterwerfung unter die männliche Macht freiwillig akzeptieren. Während Lockes Theorie zwar die Grundlagen des Liberalismus und des bürgerlichen Parlamentarismus gegen den auf göttlichem Recht basierenden Absolutismus legt, wird dieser grundlegende Bruch mit dem patriarchalen Recht der Feudalherren nicht auf die moderne eheliche Gesellschaft ausgedehnt, die in Lockes Denken eine eigene Sphäre, getrennt vom sozialen und politischen Leben, darstellt.

Für Locke wird die Ehe durch einen Vertrag zwischen Mann und Frau zum Zwecke der Fortpflanzung und zur Gewährleistung des Erbes begründet; aber obwohl sich Einzelpersonen freiwillig dem ehelichen Bund unterwerfen, ist es der pater familias, der die Autorität hat (insbesondere in Bezug auf die gesamte Macht über das Familienvermögen) – und zwar nicht auf der Grundlage von Konsens oder Vernunft, sondern ergibt sich aus der „Natur“. Die feministische Philosophin Cristina Molina Petit betont: „Die Ehe wird bei Locke schließlich als ein Vertrag geschlossen, nicht so sehr zum Schutz des gemeinsamen Interesses der Ehepartner, sondern zum Schutz des Eigentums des Vaters.“ (5)

Rousseau seinerseits spart trotz des demokratischen Charakters seiner Theorie, die ihn von allen anderen Vertragstheoretikern unterscheidet, sowie seiner Kritik an der Ungleichheit, die „Privat- oder Hauswirtschaft“aus der „allgemeinen oder politischen Ökonomie“ aus. Das heißt, auch in seinem Gesellschaftsmodell konstituiert sich der Staat oder der öffentliche Raum als eigenständige Sphäre gegenüber der Privatsphäre, in die Frauen verbannt werden. Er behauptet sogar: „Wenn sich die Frau deswegen über die ungerechte Ungleichheit beklagt, die der Mann bekundet, so hat sie unrecht; diese Ungleichheit ist keine menschliche Einrichtung, oder zumindest nicht das Werk des Vorurteils, sondern das der Vernunft: der, dem die Natur die Kinder als Gut anvertraut, ist dem anderen dafür verantwortlich“ (6).

Schon in konvulsiven Jahren der Französischen Revolution argumentiert Mary Wollstonecraft (Autorin des Klassikers Die Verteidigung der Rechte der Frau, 1792) gegen die Vorstellungen der Vertragstheoretiker und gegen jene Ansätze wie die von Rousseau, die Frauen in den häuslichen Bereich verbannten, die sie als „irrational“ bezeichnet. „Wer“, fragte Wollstonecraft rhetorisch, „machte den Mann zum Alleinrichter, wenn die Frau mit ihm die Gabe der Vernunft teilt?“ (7).

Seitdem stellten viele feministische Denkerinnen die Vorstellung in Frage, die in diesen modernen politischen Theorien trotz all ihrer Unterschiede vorhanden ist, nämlich dass die Politik für das öffentliche Leben konstitutiv sei. Denn diese Theorien missachten, dass die Existenz antagonistischer Sphären des Öffentlichen und Privaten auch ein soziales und politisches Konstrukt ist und dass daher die Familie und die Verbannung von Frauen in diese Sphäre eine historische Tatsache ist, die das Zeichen der Unterdrückung trägt. Die Vorstellung, dass die Menschen frei und gleichberechtigt geboren werden – was für die aufkeimende Bourgeoisie in ihrem Kampf gegen die Feudalmacht (welche sich auf die Ideologie stützte, dass es auserwählte Wesen gebe, die zur Herrschaft über ihre Untertanen bestimmt seien) sehr revolutionär war – schloss Frauen von diesem Universalismus aus.

Marx und Engels waren große Kritiker des vom bürgerlichen Denken verkündeten falschen Universalismus der „Gleichheit“ und „Freiheit“ sowie der mythischen liberalen Trennung zwischen Staat und Zivilgesellschaft. Gleichzeitig integrierten sie in ihre Ausführungen eine kritische Analyse der Beziehung, die zwischen der Entstehung von sozialen Klassen aus der Entwicklung des Privateigentums, der Entstehung der Familie und des Staates besteht. Wie Engels betont, war die monogame Ehe (die mit diesem Charakter nur für Frauen galt) die „weltgeschichtliche Niederlage des weiblichen Geschlechts“. Ihr Ursprung ist historisch mit der Existenz einer aufstrebenden Eigentumsklasse verbunden, die auf Kosten der Ausbeutung von Nicht-Eigentümern lebt, aber die Kontrolle der Fortpflanzungsfähigkeit der Frauen benötigt, um einen legitimen Nachwuchs zu gewährleisten, der wiederum das Erbe dieses Eigentums erlangt.

Zwei Arten der Kritik an der Fiktion des „Universalismus“

Der Gesellschaftsvertrag der bürgerlichen Moderne ist in dem Sinne, wie wir ihn entwickelt haben, ein Pakt zwischen „freien“ und „gleichberechtigten“ Männern, die den öffentlichen politischen Raum bilden, in dem die Frauen untergeordnet bleiben, weil sie „natürlich“ zur Fortpflanzung in einem von der Politik nicht beleuchteten Bereich, der Privatsphäre, bestimmt sind. Dies zeigt sich daran, dass Frauen in den Ehegesetzen als den Männern unterworfen betrachtet wurden, dass sie erst mehrere Jahrhunderte nach den Männern Zugang zur Bildung hatten, dass sie erst mehrere Jahrzehnte nach den Männern das Wahlrecht erlangten (und in vielen Ländern sogar erst Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts). Es zeigt sich auch daran, dass die Gesetze sie daran hinderten, ihr Eigentum zu verwalten, und dass es sogar als eine gesetzlich verankerte moralische Pflicht galt, dass Frauen den sexuellen Bedürfnissen ihrer Ehemänner nachkamen („eheliche Pflicht“), was bis vor wenigen Jahren die strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigungen in der Ehe verhindert hat.

Laut Carole Pateman bleibt die patriarchale Macht der alten Gesellschaft im Laufe der Geschichte nicht unverändert. Stattdessen hat das Patriarchat zwei operative Dimensionen: eine ist generationenbezogen (die Macht des Vaters über Söhne und Töchter), die andere bezieht sich auf die Macht des Mannes über seine Frau. Und während der Übergang von der alten Gesellschaft zur Verfassung moderner Staaten eine Niederlage des Patriarchats als Macht des Vaters bedeutete, bildeten die neuen Verfassungen dennoch eine „patriarchale Zivilgesellschaft“, in der Frauen (als Ehefrauen und Mütter) der männlichen Macht untergeordnet waren, außerhalb des Gesellschaftsvertrags, der Öffentlichkeit, kurz gesagt, außerhalb der Politik (8).

Dies erlaubt es uns nun, im Großen und Ganzen zwei unterschiedliche theoretisch-strategische Wege gegen den falschen Universalismus eines Gesellschaftsvertrags (als Ideologie der Verfassung des modernen bürgerlichen Staates) aufzuzeigen. Dieser Gesellschaftsvertrag verbirgt im gleichen Atemzug, wie er als Vereinbarung zwischen gleichberechtigten und freien Individuen dargestellt wird, dass seine Verfassung die „dunkle Seite“ eines Regimes der Unterdrückung von Frauen und ihre Ausgrenzung aus dem Öffentlichen beinhaltet.

Der erste Weg kann an den Ausarbeitungen von Carole Pateman selbst veranschaulicht werden. Nancy Fraser, die Pateman’s Werk Der Geschlechtervertrag als Ressource für die Kritik an der klassischen Theorie des Gesellschaftsvertrages lobt, kritisiert an Pateman’s Vorstellung gleichzeitig, dass sie die Unterordnung von Frauen in der kapitalistischen Gesellschaft auf eine dyadische Beziehung zwischen Mann und Frau im Sinne eines Herr-Knecht-Verhältnisses reduziere, bei dem „die Unterordnung von Frauen in erster Linie als Zustand der Unterwerfung unter die direkte Kontrolle eines individuellen Mannes verstanden wird. Männliche Herrschaft ist somit eine Beziehung dyadischer Macht, in der ein übergeordneter Mann eine weibliche Untergebene kontrolliert“ (9). Auf diese Weise reduziere sich die nützliche feministische Kritik des falschen bürgerlichen Universalismus tendenziell auf eine Analyse der heutigen Gesellschaft, in der patriarchale Unterwerfung als Beziehung zwischen individuellen Männern und Frauen dargestellt wird und das ganze Netz der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung, in dem sie stattfindet, aus den Augen verliert (10).

Der zweite Weg wäre, diese feministische Kritik an der Fiktion des Universalismus viel radikaler zu entwickeln, gegen die gegenwärtigen Formen des Patriarchats und seine Verzahnung mit dem bürgerlichen Staat und dem kapitalistischen System. Das heißt, so wie dieser falsche Universalismus der bürgerlichen politischen Ideologie die Unterdrückung von Frauen verbirgt (und als natürlich darstellt), verbirgt (und naturalisiert) derselbe Mechanismus die Ausbeutung der großen Masse von Produzent*innen (d.h. derjenigen, die auf dem Markt nur ihre Arbeitskraft verkaufen können, mittels des „freien“ Vertrags mit dem Kapitalisten) durch eine Minderheit an Eigentümer*innen der Produktionsmittel. Das garantiert gleichzeitig die Reproduktion der Arbeitskräfte – jeden Tag und über die Generationen hinweg – mittels der kostenlosen und verunsichtbarten Arbeit der Frauen im privaten Bereich.

Von diesem Blickwinkel aus werden die Sphären des Privaten und des Öffentlichen erleuchtet, wodurch sich zeigt, wie sie innerhalb des patriarchalen kapitalistischen Systems spezifische Merkmale erhalten, die sich von dem alten Patriarchat unterscheiden, das die Bourgeoisie hinwegfegte. So werden auch die materiellen Bedingungen sichtbar, die sie stützen und alles andere als natürlich sind, was die Perspektive des Endes der kapitalistischen Ausbeutung und der Vergesellschaftung der reproduktiven Arbeit und Pflege, die fast ausschließlich Frauen obliegt, aufwirft.

Den kapitalistisch-patriarchalen Staat stärken?

Mit einem Ansatz, der mit dem von Pateman verwandt ist, behauptet die Juristin Catharine MacKinnon, dass, so wie Arbeit für den Marxismus die grundlegende Kategorie sei, es für den Feminismus die Sexualität sei – verstanden als ein Prozess, in dem „soziale Geschlechterverhältnisse geschaffen, organisiert, ausgedrückt und gesteuert werden“ (11). Susan Watkins betont in Bezug auf MacKinnon: „Sexualität ist für sie Geschlechterungleichheit: ‚Männliche Erregung über die Reduzierung einer anderen Person auf eine Sache ist ihre Triebfeder.‘ Der Beweis dafür wurde durch feministische Bewusstseinsbildung über die gelebten Erfahrungen von Frauen erbracht, die in ‚Vergewaltigung, Inzest, Misshandlung, sexueller Belästigung, Abtreibung, Prostitution und Pornografie‘ konkretisiert sind.“ (12)

Die logische politische Konsequenz dieses Ansatzes ist ein separatistischer Feminismus. In dieser Sichtweise von Beziehungen zwischen Männern und Frauen als einem Feld, das durch die primäre Unterdrückung mittels sexueller Gewalt polarisiert ist, scheint der Unterschied zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen den Platz des Hobbes’schen homo homini lupus einzunehmen. Jede Sichtweise der Unterdrückung von Frauen als dyadische Herr-Knecht-Beziehung zwischen einem bestimmten Mann und einer bestimmten Frau führt zur Ohnmacht in Bezug auf die Transformation dieser Unterordnungssituation – es sei denn, man versucht, einen Krieg der Hälfte der Menschheit gegen die andere Hälfte zu führen, was nur in aufwändigen dystopischen Fantasien auftritt. Es ist eine Art reduktionistischer Essentialismus, der am Ende die Frage des sozialen Systems, den Kampf gegen Ausbeutung, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Imperialismus und die ganze Reihe von Unterdrückungen, die der patriarchale Kapitalismus ebenfalls für seine Herrschaft nutzt, beiseite lässt.

Der Ausweg, den Autorinnen wie MacKinnon aufzeigen, weist schließlich auf eine Strategie hin, die sich auf die Forderung nach staatlicher Intervention zur Regulierung, Einschränkung, Bestrafung und Repression dieser Unterwerfung konzentriert, die (individuelle) Männer (individuellen) Frauen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen aufzwingen. Der patriarchale liberale Staat wird auf Hobbes’sche Weise zu einem potenziellen „Retter“ von Frauen vor Männern, die „von Natur aus“ ihre sexuelle Herrschaft über sie ausüben. Dieser Weg des Punitivismus erweist sich jedoch auch als machtlos, um ein Problem anzugehen, das tiefe strukturelle und systemische Wurzeln hat, wie alle Statistiken zeigen: Mit oder ohne Gesetze zur Einschränkung und Bestrafung von Gewalt gegen Frauen hält sich die Zahl der Sexualverbrechen und Feminizide unerbittlich aufrecht.

Patriarchale Gewalt und Herrschaft

Die Anthropologin Rita Segato, die analysiert, welchen Einfluss Kriege auf die Unterdrückung von Frauen haben, erklärt unter anderem: „Ein Teil der Bewegung, vor allem Catharine MacKinnon folgend, spricht von der Kontinuität von Kriegsverbrechen und Friedensverbrechen, (…) bekräftigt, dass die Praxis der Vergewaltigung in zeitgenössischen Kriegen, in neuen Kriegsformen, eine Erweiterung der häuslichen Erfahrung ist, von dem, was zuhause geschieht. Meine Position ist nicht, dass die Formen des Krieges eine Kontinuität des häuslichen Lebens sind, sondern im Gegenteil, dass es die Form des Krieges selbst ist, die sich auf die Zerstörung von Frauenkörpern konzentriert und damit das Vertrauen der Gemeinschaft zerstört“ (13).

Mit diesem Ansatz legt Segato die grundlegende Rolle der patriarchalen Gewalt für die Herrschaft des Systems insgesamt auf den Tisch. Auf die Frage, warum Frauen angegriffen werden, antwortet sie: „Es gibt Arbeiten, die zeigen, dass mit dem Angriff auf Frauen diese zentrale Achse angegriffen wird, wie beim Implodieren eines Gebäudes. Dadurch wird alles zerstört“ (14). Gleichzeitig entwirft sie das Konzept einer „Pädagogik der Grausamkeit“, deren Ziel es sei, „das Schauspiel der Vergewaltigung des Lebens zu fördern und sich daran zu gewöhnen, bis nur noch Überreste hinterlassen werden“ (15).

Im Gegensatz zu Perspektiven, die auf einer Polarisierung von Mann und Frau ausgehend von der primären Unterdrückung mittels sexueller Gewalt basieren, eröffnet Segato die Diskussion darüber, wie man patriarchaler Gewalt in ihrer systemischen Realität entgegentreten kann, und schlägt gleichzeitig vor: „Wir können kein Feminismus des Feindes sein, bei dem ein Opfer dargebracht wird, wie wir Frauen es früher waren. Wir wollen nicht die gleichen Methoden. Wir wollen eine Welt voller Freundinnen und Freunde“ (16).

Ihr Vorschlag, diese „versöhnte Welt“ zu erreichen, beinhaltet: „Die Gemeinschaft neu zu weben bedeutet, sich in ein historisches Projekt einzubringen, das entgegengesetzte Ziele zum historischen Projekt des Kapitals aufwirft“ (17). Sie legt jedoch nicht fest, was die Strategie ist, um „die Gemeinschaft neu zu weben“, bei der es sich in Wirklichkeit heute um eine in Klassen unterteilte Gesellschaft handelt, die von einem Staat der herrschenden Klasse der Kapitalist*innen legitimiert und aufrechterhalten wird. Die Gründung von versöhnten Gemeinschaften, die mit dem historischen Projekt des Kapitals divergent sind, ohne sich vorzunehmen, das kapitalistische System an seiner Wurzel zu zerstören und die Zentralgewalt des Staates anzugreifen, wird zu einem utopischen Ziel, das sich in der Gegenwart an das reformistische (und genauso utopische) Projekt anpasst, durch pädagogisches Handeln die brutalsten Kanten systemischer Grausamkeit abzufeilen.

Der Traum von einer versöhnten Gesellschaft „von Freundinnen und Freunden“ ist ein gemeinsamer Wunsch, den wir nur wahr werden lassen können, wenn wir eine Strategie zur Erkämpfung dieser Gesellschaft entwickeln. Wenn wir die Mittel vom Zweck trennen, wird die zukünftige Gesellschaft zu einer Utopie, und in der Gegenwart werden wir uns darauf beschränken, Richter*innen, Polizeibeamt*innen und andere Beamt*innen der Institutionen dieses stinkenden sozialen und politischen Regimes auszubilden. Es gibt keine gültige Pädagogik gegen die Ausbeuter*innen und die Institutionen des patriarchalen kapitalistischen Staates und den Imperialismus, die von der bestehenden Ordnung profitieren und sie garantieren.

Mittel und Zweck

So wie es keine Ziele unabhängig von den Mitteln gibt, so gibt es auch keine Methoden unabhängig von den Zielen. Bedeutet das nun, dass wir nicht zum Staat gehen und/oder Forderungen an ihn stellen, wenn wir es mit einem konkreten Fall von sexistischer Gewalt zu tun haben? Natürlich nicht. Aber der Kampf für Gerechtigkeit in einem bestimmten Fall, damit er nicht ungestraft bleibt, ist ein defensiver Kampf, der uns auf ewigen Widerstand beschränkt, wenn er nicht mit einem „offensiven“ Element kombiniert wird.

Daher ist es wichtig, diese besonderen Kämpfe mit dem umfassenderen Kampf gegen den Staat zu verknüpfen, dessen Strafvollzug einen strikten Klassencharakter hat (wie man bei Gefängnissen sieht, die voll mit armen Menschen sind, während organisiertes Verbrechen unbestraft bleibt). Seine Repressivkräfte verwalten Menschenhandelsnetze und Drogenhandel. Sie unterdrücken die Kämpfe der Arbeiter*innen und die Kämpfe gegen ein kapitalistisches System, das sich zwar von der unbezahlten reproduktiven Arbeit der Frauen ernährt, um seine Gewinne zu steigern, aber Frauen gleichzeitig überproportional in Armut, Prekarität und informeller Arbeit hält.

Das Verhältnis zwischen Mitteln und Zielen ist ebenfalls von grundlegender Bedeutung, um die Debatte über öffentliche Anprangerungen anzugehen. Es ist nicht dasselbe, wenn ein missbrauchender Priester, der von der kirchlichen Hierarchie unterstützt wird, oder ein Manager, der Arbeiterinnen belästigt, etc. angeprangert wird (18), oder wenn es sich zum Beispiel um gleichaltrige Jugendliche handelt, die etwas Obszönes sagen oder immer wieder eine Klassenkameradin belästigen, wie es in vielen Schulen geschieht. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, Protokolle zu implementieren, die den Unterschieden in den Machtverhältnissen und dem Ausmaß der Gewalt Rechnung tragen und die Organisation von Frauenkommissionen nachdrücklich fördern – ein Thema, das wir speziell in früheren Artikeln entwickelt haben.

Wenn die Mittel von diesen Überlegungen getrennt werden, stellen sie sich schließlich den Zielen entgegen.

Gemeinschaft und Klassenkampf

Wir sind nicht dazu verdammt, ewigen Widerstand zu leisten. Keine Institution, kein Gesellschaftsvertrag oder Geschlechtervertrag entsteht aus einer vermeintlichen menschlichen Essenz oder „Natur“. Patriarchat und Kapitalismus können wirklich gestürzt werden. Die erste Voraussetzung dafür ist, die soziale und politische Kraft zu artikulieren, um das mit einer Strategie und revolutionären Zielen zu erreichen, und nicht mit Reformen dieses Systems und dieses patriarchalen kapitalistischen Staates.

Aus dieser Perspektive ist es notwendig – um Rita Segato zu paraphrasieren –, die Verbindungen zwischen den verschiedenen Sektoren, in die die Arbeiter*innenklasse gespalten wurde, neu zu weben, genauso zwischen ihr und der Frauenbewegung, der Studierendenbewegung und der gesamten ausgebeuteten und unterdrückten Bevölkerung. Sexistische Gewalt und Machismus im Allgemeinen greifen das Herz der Einheit einer Arbeiter*innenklasse an, die fast zu gleichen Teilen aus Frauen und Männern besteht. Hier gibt es in der Tat eine enorme „pädagogische Arbeit“, die nicht nur einen politischen und ideologischen Kampf gegen die Institutionen darstellt, die zur Rückständigkeit der ausgebeuteten Klassen (wie unter anderem die Gewerkschaftsbürokratie selbst (19)) beitragen, sondern auch gegen die männlichen Kollegen selbst. Und diese „pädagogische Arbeit“ wird nicht nur durch geduldigen „didaktischen Unterricht“ geleistet, sondern vor allem durch die Organisation der sozialen Kraft der arbeitenden Frauen, die ihre Fähigkeit entwickeln, für ihre Rechte zu kämpfen und ihre Genossen von der Notwendigkeit zu „überzeugen“, sich ihrem eigenen Kampf anzuschließen. Das Gleiche gilt für die Studierendenbewegung und natürlich für die revolutionären politischen Organisationen selbst.

Gerade in diesen Kämpfen, im Kampf gegen den patriarchalen Kapitalismus und innerhalb der Gewerkschaften gegen die Bürokratie – die darauf abzielt, eine Macho-Gewerkschaftsstruktur aufrechtzuerhalten und die so aufgebaut ist, dass sie arbeitende Frauen unterrepräsentiert, wenn nicht gar direkt ausschließt – können Elemente einer neuen Klassen „-brüderlichkeit“ und „-schwesterlichkeit“ entstehen, die in der Idee der Gemeinschaft präsent sind (und brutal durch den Klassencharakter der Gesellschaft verweigert werden). In diesen Kämpfen können auch die Kräfte entstehen, den Sexismus unabhängig vom patriarchalen kapitalistischen Staat, der ihn fördert und legitimiert, zu bekämpfen, genauso auch die Kräfte zur Selbstverteidigung von Frauen gegen sexistische Gewalt.

Marxismus und Kommunismus

Gegenüber der punitivistischen Theorie von Catharine MacKinnon und ihrer Kritik am Marxismus betont Watkins: „Eine Stärke des Marxismus als Gesellschaftstheorie ist seine Fähigkeit, positive und negative Aspekte, Schöpfung und Zerstörung in einem einzigen Rahmen zu erfassen. Wenn eine feministische ‚epische Theorie‘ erforderlich ist, muss sie das Gleiche tun, sowohl Freuden als auch Gefahren umfassen“ (20).

Es kann nur dann eine wirklich radikale Bewegung gegen das patriarchale kapitalistische System geben, wenn sie auch eine Art „sexuelle Revolution“ vorschlägt und die Traditionen der konservativen Moral in Frage stellt. Dies war zum Beispiel während der Russischen Revolution von 1917 (bis zur Reaktion der stalinistischen Bürokratie) (21) der Fall; oder in den 1960er Jahren, als Sektoren des Feminismus und der Bewegung für sexuelle Befreiung die Regeln für sexuelles Verhalten und sexuell-affektive Beziehungen in Frage stellten. Später – als Nebenprodukt sozialer, politischer und kultureller Niederlagen – besetzte der Kapitalismus die „sexuelle Befreiung“ im Sinne von „Marktfreiheit“ neu; sexuelle Identität, Begehren und Fantasie wurden auf industrieller Skala in Profitobjekte umgewandelt. Der Puritanismus bestimmter feministischer Strömungen, der im Allgemeinen mit dem Punitivismus verbunden ist, ist letztendlich die Kehrseite dieses Prozesses (22).

Spinoza hat bereits in seiner Ethik angeprangert, wie das asketische Ideal und die politische Förderung dessen, was er „traurige Leidenschaften“ nannte, einen sehr effektiven Dominanzmechanismus darstellen. Eine Theorie, die keinen Platz für Vergnügen hat, die den Körper von seinen Fähigkeiten und von der Möglichkeit trennt, „freudige Leidenschaften“ zu kultivieren, kann niemals für die Befreiung von Frauen und natürlich auch von Männern nützlich sein. Diese „Freude“ kann nicht aus Gleichgültigkeit gegenüber dem Elend der Welt entstehen, sondern im Gegenteil, indem man gegen die Herrschaft rebelliert und sich daher nicht jenen „traurigen Leidenschaften“ hingibt, die ihr immer dienlich sind.

Der Kapitalismus hat Hobbes‘ Idee des bellum omnium contra omnes (Krieg aller gegen alle) zu seinem höchsten Ausdruck gebracht – nicht als „Naturzustand“, sondern als sozialhistorische Realität. Er ernährt sich von der Erschöpfung der sozialen Energien, vom Elend und der Entfremdung der großen Mehrheit der Frauen und Männer, um seinen Hauptzweck zu erfüllen, nämlich die Profite einer Handvoll Kapitalist*innen zu steigern. Dabei untergräbt er ständig die Entwicklung der menschlichen Fähigkeiten, sowie der eigenen Sexualität und Freundschaft, der Kultur, Kunst und Wissenschaft. Wir kämpfen nicht für die Reform dieses Systems und dieses kapitalistisch-patriarchalen Staates.

Terry Eagleton betont: „Das liberale Gesellschaftsmodell will, dass der Einzelne in seinem eigenen Raum wächst, ohne gegenseitige Einmischung. Der fragliche politische Raum ist also ein neutraler Raum: Er ist wirklich dazu da, Menschen getrennt zu halten, damit die persönliche Erfüllung des einen nicht den des anderen einschränkt“ (23). Ausgehend von der Tatsache, dass dieses Modell der kapitalistischen Gesellschaft weder ewig noch natürlich ist, vertreten Marx und Engels die Perspektive des Kommunismus, einer Gesellschaft ohne Staat und ohne soziale Klassen, frei von Ausbeutung und jeglicher Unterdrückung. Ihr Kampf – und unser Kampf – ist für eine Gesellschaft, in der jede*r seine*ihre Freiheit und Autonomie in und durch die persönliche Erfüllung anderer erreicht: Eine Welt von „Freundinnen und Freunden“? So etwas… nennen wir Kommunismus.

Dieser Artikel in Ideas de Izquierda.

Fußnoten

(1) Carl Schmitt, Politische Theologie, München/Leipzig, Duncker & Humblot, 1934.

(2) Zum Thema vgl. z.B. die interessante Analysereihe von Antonio Gramsci in seinen Gefängnisheften zum „Rotary Club“, „Rotary Club und Freimaurertum“ und „Moralkodex der Rotarier“.

(3) Wie Antonio Negri schreibt: „In den USA zeigt sich der radikale Bruch (der später zusehends träge wurde) des Verfassungsgeistes mit der Verfassung durch einen originären Fakt: die Aufrechterhaltung der Sklaverei und die Frage der Afor-Amerikaner*innen im Allgemeinen. Dieser Bruch anhand der Hautfarbe ist auch ein konzeptioneller Bruch der Universalität des Konzepts von Freiheit und Gleichheit.“ (Insurgencies: constituent power and the modern state, Minneapolis, University of Minnesota Press, 1999)

(4) Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, in: Werke, Bd. 8, Berlin, Dietz, 1972.

(5) Cristina Molina Petit, Dialéctica feminista de la Ilustración, Madrid, Anthropos, 1994.

(6) Jean-Jacques Rousseau, Emile oder Über die Erziehung, Stuttgart 1963.

(7) Mary Wollstonecraft, Eine Verteidigung der Rechte der Frau, Leipzig, Verlag für die Frau, 1989.

(8) Vgl. Carole Pateman, The Disorder of Women. Democracy, Feminism and Political Theory, Cambridge, Polity Press, 1989.

(9) Nancy Fraser, Justice Interruptus: Critical Reflections on the „Postsocialist“ Condition, London/New York, Routledge, 1996.

(10) Fraser argumentiert scharfsinnig: „Auch wenn der Arbeitsvertrag den Arbeiter im Arbeitsleben zum Untergebenen des Chefs macht, begrenzt er zugleich diese Sphäre des Zugriffs. Der Chef hat kein Recht auf direkte Kontrolle außerhalb dieser Sphäre.“ Und in Bezug auf den Ehevertrag stellt sie heraus: „Wenn die Ehe immer noch zu häufig einer Herr-Knecht-Beziehung ähnelt, liegt das in großem Maße an ihrer sozialen Einbettung in Bezug auf den geschlechtergetrennten Arbeitsmarkt, geschlechtlich strukturierte Wohlfahrtsregime und die geschlechtergetrennte unbezahlte Arbeit.“ (Nancy Fraser, a.a.O.).

(11) Catharine MacKinnon, Toward a Feminist Theory of the State, Cambridge, MA 1989.

(12) Susan Watkins, „Which feminisms?“, New Left Review Nº109, März-April 2018.

(13) Rita Segato, La guerra contra las mujeres, Madrid, Traficantes de Sueños, 2016.

(14) Ebenda.

(15) Ebenda.

(16) Interview mit Rita Segato: „La politicidad feminista no puede ser una política del enemigo“, 17.12.2018.

(17) Rita Segaro, La guerra contra las mujeres, a.a.O.

(18) Lasst uns auch vorstellen, was im Fall der Vorwürfe, die argentinische Schauspielerinnen kürzlich öffentlich gemacht haben, hätte passieren können, wenn ausgehend von dieser selben Anklage gegen Prekarisierung in der Film- und Theaterbranche alle jungen Frauen und Arbeiterinnen aufgerufen worden wären, gegen diese Unternehmen zu demonstrieren (wie gegen Tinelli oder Suar, die zu den wichtigsten Verbreitern der Verdinglichung von Frauen in Argentinien gehören), oder gegen die Prekarisierung an allen Arbeitsplätzen.

(19/a>) Das geht sogar bis zu Fällen, wo beispielsweise die Gewerkschaftsbürokratie in der Seifenindustrie einen eigenen Kinderprostitutionsring auf dem Feriengelände der Gewerkschaft betrieben hat.

(20) Susan Watkins, a.a.O.

(21) Vgl. Wendy Goldman, Women, The State and Revolution, Cambridge, University Press, 1993.

(22) „Besiegt an der kulturellen Front, sicherte sich die radikalfeministische Jurisprudenz eine festere Nische an US-Universitäten. Während der 80er und 90er Jahre kombinierten sich Prozessaktivismus, schrittweise Gerichtsentscheidungen und die Intervention der Exekutive, um die Definitionen von Belästigung und Übergriffen zu erweitern, die Beweislast der Anklage zu mindern und die Haftung der Universität auszudehnen“ (Susan Watkins, a.a.O.). Im selben Artikel beschreibt die US-amerikanische Autorin, wie diese Perspektive während der Präsidentschaftswahlkampagne von Obama 2012 einen neuen Impuls bekam, als dieser Belästigungen an Universitäten als eine seiner Achsen auswählte und das US-Bildungsministerium diese Agenda mit einer neuen Direktive aufnahm. Anstelle von Protokollen, die es erlauben, in Fällen machistischer Gewalt zu intervenieren – und dabei zu unterscheiden, ob es sich um Machtbeziehungen oder um Situationen unter gleichen handelt, sowie das Recht des Beschuldigten auf Verteidigung zu gewährleisten –, entwickelte sich das, was einige eine zweite Welle der „sex wars“ von Ende der 80er und Beginn der 90er Jahre nannten. Eine punitivistische Strategie und die Ultraregulierung einer angenommen „legalen“ Sexualität gelangten in den Vordergrund.

(23) Terry Eagleton, After Theory, London, Penguin, 2004.

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