Über Nancy Fraser, Gegenhegemonie und den Feminismus der 99 Prozent
Eine Auseinandersetzung mit der politischen Strategie des "progressiven Populismus" Nancy Frasers und des Feminismus der 99 Prozent
Dieser Vortrag wurde auf dem Podium „Strategien in einer Welt in der Krise“ im Rahmen der IV. internationalen Marxismus-Feminismus-Konferenz vom 11. bis 13. November 2021 gehalten.
Der Kapitalismus befindet sich in einer mehrfachen Krise, die sich zeitlich und räumlich ungleich ausdrückt: Es gibt Elemente einer Wirtschaftskrise, einer politischen Krise, einer Reproduktionskrise, einer geopolitischen Krise und auch einer Umweltkrise.
Der Kapitalismus hat für die Mehrheit der Menschheit katastrophale Auswirkungen, wie wir an der Pandemiekrise sehen. Auf wirtschaftlicher Ebene sind mehrere Länder – wenn auch auf uneinheitliche Weise – von einer Inflations- und Energiekrise betroffen, ebenso von einer Krise der Lieferketten, die für Engpässe an den Häfen und für die Verknappung bestimmter Produkte sorgt. Das wiederum führt zu Betriebsschließungen und Tausenden von Entlassungen.
Die Genossinnen vor mir haben über tiefgreifende Prozesse politischer Krisen oder Krisen der Repräsentation gesprochen. Es handelt sich um Elemente dessen, was Gramsci als organische Krisen definierte, die neue politische Phänomene auf der Rechten und auf der Linken hervorbringen. Auf dieser Internationalen Marxismus-Feminismus-Konferenz haben verschiedene Feministinnen insbesondere auf die Krise der sozialen Reproduktion hingewiesen, die bereits vorher bestand, die aber durch die Pandemie verschärft wurde und von der insbesondere Frauen betroffen sind. Und schließlich sehen wir uns einer Krise des Ökosystems gegenüber, wie sie von hunderttausenden jungen Menschen angeprangert wird, die in der ganzen Welt auf die Straße gehen. Der Kapitalismus mit seinem Streben nach schnellen und steigenden Profiten untergräbt durch die Ausbeutung von Ressourcen und eine Reihe von umweltzerstörenden Prozessen langfristig seine eigenen Reproduktionsbedingungen.
Alejandra Decap hat darüber hinaus am Beispiel Chiles erläutert, dass in diesem Zusammenhang der Klassenkampf zurückgekehrt ist, mit Tendenzen zur Revolte. Dies hat ein Feld des sozialen und politischen Kampfes eröffnet, in dem die strategische Debatte über den grundlegenden Ausweg aus dieser Situation dringlicher geworden ist.
In diesem Rahmen werde ich eine kurze Debatte mit der Theorie der sozialen Reproduktion (TSR) und dem Feminismus der 99 Prozent beginnen, die in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen haben. In diesen Debatten über die TSR gibt es unterschiedliche Positionen. Es gibt den eher autonomistischen Flügel, dessen prominenteste Figur Silvia Federici ist. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen Theoretikerinnen, die sich als marxistischer Flügel der Theorie der sozialen Reproduktion definieren, wie Cinzia Arruza, Tithi Bhattacharya, Sue Ferguson und andere.
Der interessanteste Aspekt der Ausarbeitungen der TSR ist die Konzentration auf die „notwendige, aber widersprüchliche Beziehung zwischen der Arbeit der sozialen Reproduktion und den Prozessen der Kapitalakkumulation“ (in den Worten von Sue Ferguson). Das heißt, die TSR ermöglicht es uns, einen Aspekt der Beziehung zwischen Klasse und Geschlecht im Kapitalismus zu entschlüsseln. Sie ermöglicht auch, die Rolle der Hausarbeit zu erklären, die zumeist von Frauen im Haushalt – unsichtbar und unbezahlt – zum Zweck der Reproduktion der Arbeitskräfte verrichtet wird: von der täglichen Wiederherstellung der Arbeitskraft, über die Pflege von Menschen, die nicht zur aktiven Erwerbsbevölkerung gehören (wie ältere Menschen, Kinder und Kranke), bis hin zur Erneuerung der Erwerbsbevölkerung über die Generationen hinweg.
Es ist auch wichtig hervorzuheben, dass viele Arbeiterinnen, die in den bezahlten Sektoren der sozialen Reproduktion tätig sind (z. B. Krankenpflegerinnen, Lehrerinnen, Altenpflegerinnen und Erzieherinnen), an vorderster Front der Kämpfe stehen. Manchmal gelingt es ihnen auch, starke Bande der Solidarität mit anderen Teilen der Arbeiter:innenklasse zu knüpfen, zum Beispiel wenn Eltern von Schüler:innen einen Lehrer:innenstreik unterstützen, weil es um die Bildung ihrer Kinder geht. In diesem Sinne haben sie ein großes „hegemoniales Potenzial“, wenn sie mit einer kämpferischen Orientierung bewusst auf diese Einheit der Arbeiter:innen und der Massen hinarbeiten (dies versuchen die Gewerkschaftsbürokratien stets zu blockieren).
Diese Beiträge sind für die Entwicklung der marxistisch-feministischen Theorie und für die Analyse der neuen, feminisierten Zusammensetzung der Arbeiter:innenklasse sehr bereichernd. Es gibt jedoch andere Punkte, die ich in der TRS für unzureichend bestimmt oder zweideutig halte. Zum Beispiel die Definition dieser Sphäre der sozialen Reproduktion selbst: Umfasst sie Arbeiter:innen in Fast-Food-Ketten, im Lieferdienst, im Transportwesen oder nicht? Und wenn ja, welchen Sinn hat es, sie von der Sphäre der Produktion und Zirkulation abzugrenzen? Darüber hinaus gibt es aber auch noch andere, noch viel wichtigere Debatten, die mit der politischen Strategie zu tun haben.
Auf dieser Ebene der politischen Strategie ist die Idee eines Feminismus der 99 Prozent entstanden. Dies ist eine ansprechende Formulierung, die sich auf die Kämpfe von Bewegungen wie Occupy Wall Street bezieht und auf eine große Bewegung von unten gegen die Reichsten abzielt. Es wurde jedoch bereits darauf hingewiesen, dass diese Formulierung ein großes Problem birgt: Denn in Wirklichkeit macht die herrschende Klasse mehr als ein Prozent aus und unter den 99 Prozent gibt es soziale Sektoren, die untereinander direkt antagonistische oder widersprüchliche Interessen haben. Von mehr oder weniger großen kapitalistischen Sektoren in imperialistischen oder halbkolonialen Ländern, über Sektoren der wohlhabenden Mittelschichten und des Bildungsbürgertums, bis hin zu verarmten städtischen Sektoren, Bäuer:innen, Indigenen und natürlich der Arbeiter:innenklasse in ihren verschiedenen Sektoren. Die Strategie der 99 Prozent lässt offen, welche Klasse in dieser Mischung den Ton angeben wird. Denn ist auf diese Weise ein gesellschaftliches Bündnis möglich, in dem die Interessen der Arbeiterklasse und der am meisten unterdrückten Sektoren Vorrang haben?
Wir glauben das nicht. Um diese Frage zu vertiefen, werde ich andere, konkretere Definitionen heranziehen, die Nancy Fraser in ihren jüngsten Beiträgen und insbesondere in einem Interview mit Bhaskar Sunkara1, dem Herausgeber der Zeitschrift Jacobin aus den USA, vorbringt. Fraser knüpft dort an ihre Definition des „progressiven Neoliberalismus“ an, in dem feministische und neoliberale Politik miteinander verschmelzen, wie in der US-amerikanischen Demokratischen Partei, Blairs Labour-Partei oder Zapateros PSOE im Spanischen Staat. Fraser weist darauf hin, dass „der progressiv-neoliberale Block ein enteignendes und plutokratisches Wirtschaftsprogramm mit einer liberalen, leistungsorientierten Politik der Anerkennung kombinierte“2.
Dem stellt Fraser den reaktionären Neoliberalismus als Kehrseite der Medaille des Neoliberalismus gegenüber. Und sie argumentiert, dass angesichts einer allgemeinen Krise des Neoliberalismus reaktionäre Populismen – Trump, Bolsonaro und so weiter – und progressive Populismen – darunter Syriza, Podemos, Corbyn, Sanders und so weiter – entstanden sind. Frasers Einsatz für den Feminismus der 99 Prozent besteht also darin, die Perspektive dieser letzteren zu entwickeln. Ihr Ziel: die Artikulation eines „gegenhegemonialen Blocks“ zur neoliberalen Hegemonie.
Sie formuliert es folgendermaßen: „Der progressive Populismus ist der wahrscheinlichste Kandidat für die Schaffung eines neuen gegenhegemonialen Blocks. Durch die Verbindung egalitärer Umverteilung mit nicht-hierarchischer Anerkennung hat er zumindest eine vernünftige Chance, die gesamte Arbeiter:innenklasse zu vereinen. Mehr noch: Er könnte diese Klasse – verstanden im weitesten Sinne – als führende Kraft in einem Bündnis positionieren, das auch wesentliche Teile der Jugend, der Mittelschicht sowie der Fach- und Führungskräfte umfasst.“3 Hier sehen wir, dass die Formulierung der 99 Prozent konkrete Form annimmt.
Die Erfahrungen von Syriza in Griechenland, die die Pläne der Troika umsetzte, von Podemos im Spanischen Staat als Minister:innen einer imperialistischen Regierung zusammen mit der PSOE oder des Bloco de Esquerda in Portugal sollten bereits deutlich gemacht haben, dass die Linkspopulist:innen keine wirkliche Alternative zu den reaktionären Populismen darstellen. Sie ordnen sich lediglich dem „progressiven Neoliberalismus“ unter, in einer Abfolge immer weiterer Anpassungen an die politischen Regime. Ein weiterer paradigmatischer Fall ist der von Bernie Sanders, den Fraser als positives Beispiel anführt. Er sprach von Sozialismus, ordnete sich aber dem Establishment der Demokratischen Partei unter und unterstützte schließlich den Wahlkampf von Joe Biden, einem direkten Vertreter der Wall Street und der multinationalen Konzerne. Und vergessen wir nicht andere kleine Perlen, wie zum Beispiel die Tatsache, dass er als Senator für Maßnahmen gestimmt hat, die Kommunen für die Kürzung von Polizeibudgets (eine Forderung der BLM-Bewegung) bestrafen. Mit anderen Worten: Anders als Fraser behauptet gibt es mit Sanders weder Umverteilung noch Anerkennung.
Und wir müssen eine weitere Dimension einbeziehen, nämlich den imperialistischen Charakter dieser Staaten. Vorzuschlagen, dass Umverteilungspolitiken im Rahmen imperialistischer Staaten möglich sind, während sie weiterhin die Ressourcen anderer Völker ausplündern, militärische Besatzungsmissionen durchführen oder Kolonialpolitik verteidigen, ist nichts anderes als Wohlfahrts-Chauvinismus. Allerhöchstens kann man damit die Politik der Sozialdemokratie der Nachkriegszeit wiederbeleben, die mit den Gewerkschaften auf der Basis einer gewissen Umverteilung sozialpartnerschaftliche Pakte schloss, während der Raub der Ressourcen des restlichen Planeten weiterging.
Der Feminismus der 99 Prozent versucht, ein im Grunde strategisches Problem zu lösen, nämlich die innere Spaltung der Arbeiter:innenklasse zwischen verschiedenen Sektoren und die Spaltung zwischen der Arbeiter:innenklasse und anderen unterdrückten Sektoren. Aber die Auflösung, die er vorschlägt – dieser „gegenhegemoniale Block“ – ist nichts anderes als eine Nullsummenpolitik. Die politischen Vertreter:innen der imperialistischen Bourgeoisie (auch wenn es sich dabei um die am weitesten links stehenden Sektoren handelt), der Spitzen der Konzerne und der Mittelschichten mit den prekärsten Arbeiter:innen, den Frauen, den Migrant:innen und so in einem gemeinsamen Bündnis zusammenfassen zu wollen, führt in eine Falle ohne Ausweg. Die einzigen, die dabei verlieren, sind die Arbeiter:innen und die am meisten Unterdrückten. Denn von ihnen wird verlangt, ihre Forderungen aufzugeben oder zurückzuschrauben, um die Sektoren der besser gestellten Mittelschichten, die Sektoren der niedrigen Bourgeoisie und so weiter nicht zu „verschrecken“. Diana hat dies sehr gut am Beispiel Brasiliens und der Rolle der PT erklärt, wo jeder taktische Rückzug zu einer Stärkung der Rechten führte.
Fraser sagt in dem schon zitierten Buch, dass der progressive Populismus eine Strategie der Trennung brauche, um zwei große Spaltungen herbeizuführen: Einerseits, um die Frauenbewegung vom leistungsorientierten liberalen Feminismus, die Jugend von der Politik des grünen Kapitalismus und die antirassistischen Bewegungen von den multikulturellen Fallen des Neoliberalismus zu trennen. Und zweitens, um die traditionellere Arbeiter:innenklasse, die von der Krise betroffen ist, und andere Sektoren, die wir als Verlierer:innen der Globalisierung definieren könnten, von der konservativen, reaktionären und fremdenfeindlichen Politik des reaktionären Populismus zu trennen. Durch die Vereinigung dieser Sektoren, so Fraser, könnte der progressive Populismus über eine solide soziale Basis verfügen, um Umverteilung und Anerkennung voranzutreiben.4
Fraser hat Recht, dass es einen offenen politischen Streit zwischen verschiedenen Kräften darüber gibt, wie politische Felder, Klassenkoalitionen, politische Allianzen und Repräsentationen gestaltet werden. Und auch wir sind der Meinung, dass wir eine Strategie der Trennung verfolgen müssen. Was wir jedoch kategorisch trennen müssen, sind die Organisationen der Arbeiter:innenklasse von allen Politiken und Parteien, die als Vermittlerinnen und Verwalterinnen des Kapitalismus fungieren. Wir müssen unser Programm von denen trennen, die versuchen, sich mit den mittleren und großen Sektoren des Kapitals zu arrangieren, und die verlangen, dass wir uns mit ein paar Brosamen im Rahmen des gegenwärtigen Kapitalismus zufrieden geben. Nur auf der Grundlage dieser Trennung, dieser Neugestaltung der politischen Bühne, kann eine starke einheitliche Kraft aufgebaut werden, die sich um ein Programm von ökonomischen, sozialen und kulturellen Übergangsforderungen sammelt, das von den wichtigsten Forderungen der Arbeiter:innenklasse, der antirassistischen Bewegungen, der unterdrückten Völker und der Jugend ausgeht und das Privateigentum in Frage stellt. Das heißt, nur auf dieser Grundlage der Unabhängigkeit der Arbeiter:innnenklasse wird es möglich sein, Schritte in Richtung einer hegemonialen Strategie der Arbeiter:innenklasse gegenüber dem Rest der Unterdrückten zu unternehmen.
Auf diese Weise kann die Polarisierung überwunden werden, die in verschiedenen Sektoren der Linken weltweit existiert. Auf der einen Seite stellen diejenigen, die von Klasse sprechen, dies aber in einer korporatistischen oder ökonomistischen Weise tun, die gewerkschaftlichen und reformistischen Bürokratien der Arbeiter:innenbewegung nicht in Frage. Auf der anderen Seite tun diejenigen, die sich im Rahmen des postmodernen cultural turn auf Identitäten stützen, so, als wären diese Bewegungen vom Kampf gegen den Kapitalismus losgelöst, und verwässern die Rolle der Arbeiter:innenklasse.
Abschließend argumentiert Nancy Fraser zu Recht, dass die Krise nicht auf rein politische Weise gelöst werden kann, sondern dass es strukturelle Probleme gibt, die nicht nur mit einem kapitalistischen Akkumulationsmodell, sondern mit dem Kapitalismus selbst zusammenhängen. Und dass es in diesem Sinne notwendig sein wird, sich in Richtung einer Art postkapitalistischer Gesellschaft zu bewegen. Dazu möchte ich noch zwei Dinge sagen.
Erstens erleben wir eine gewisse Renaissance „postkapitalistischer“ Positionen, die die Idee der Überwindung des Kapitalismus vertreten. Dies ist ein Symptom für einen wichtigen Wandel in den Denkweisen, die das kapitalistische Triumphgeheul hinter sich lassen. Es überwiegen dabei jedoch Tendenzen, die wir neo-utopisch nennen könnten: Denn diese postkapitalistische Alternative wird nicht auf der Grundlage strategischer Arbeit vorgebracht, die einen konkreten Kampf um die Artikulation materieller Kräfte voraussetzt, sondern als Glaubensbekenntnis oder moralisches Bestreben. Und als Kehrseite dieses abstrakten Postkapitalismus unterstützen sie im Alltag schließlich linksreformistische oder progressiv-populistische Projekte, um es mit Frasers Worten zu sagen.
Man könnte sagen: Na ja, bis der Kommunismus kommt, müssen wir ja irgendetwas tun… Natürlich, aber das Problem ist nicht, ob wir etwas tun, sondern was wir tun: Sollen wir uns in die Kämpfe um Teilforderungen, um demokratische Rechte, in die sozialen und gewerkschaftlichen Bewegungen einmischen und sogar mit linken Kandidat:innen zu den Wahlen antreten? Natürlich sollen wir das. Aber nicht so, als wäre das ein Selbstzweck. Wie Rosa Luxemburg argumentierte, ist die Strategie der Reformen kein langsamerer Weg zur Revolution. Eine Reform, die zur Strategie wird, ist wie eine Wand zur Revolution. Denn es ist unmöglich, einfach nur schrittweise kleine Veränderungen und Verbesserungen vorzunehmen, bis eines Tages der Sozialismus kommt. Wir können diese Strategie als neo-kautskyanisch bezeichnen (in Anlehnung an den Theoretiker der Zweiten Internationale, der wegen seiner reformistischen Positionen mit Rosa Luxemburg und Lenin in Konflikt geriet). Diese Strategie, die heute von vielen Teilen der Linken aufgegriffen wird, hat bereits im gesamten 20. Jahrhundert zu Tragödien geführt, und wie wir im Fall des Neoreformismus sehen, öffnet sie am Ende nur den Weg für die Rechten. Es muss etwas getan werden, aber das bedeutet unserer Meinung nach, sich auf die Momente des Aufschwungs des Klassenkampfes vorzubereiten, in denen wir das Ruder herumreißen können. Dazu müssen wir jetzt schon beginnen, revolutionäre Strömungen zu organisieren, die in der Arbeiter:innenklasse, unter den Frauen und in der Jugend verwurzelt sind. Nur so kann in den entscheidenden Momenten eine Perspektive des offenen Kampfes gegen den kapitalistischen Staat – ein revolutionärer Weg – aufgezeigt werden.
Zweitens sollten wir, wenn postkapitalistische Alternativen vorgeschlagen werden, nicht bei Null anfangen und auch nicht alle historischen Erfahrungen auf einen Schlag über den Haufen werfen. 104 Jahre nach der russischen Revolution ist es von entscheidender Bedeutung, die Lehren dieser heroischen Tat wiederherzustellen, die die reale Möglichkeit einer Alternative zur Barbarei des Kapitalismus aufzeigte. Auf der Grundlage der Enteignung der Kapitalist:innen und eines Systems der Arbeiter:innendemokratie – den Arbeiter:innenräten oder Sowjets – wurden Schritte zur Planung der Produktion entsprechend den Bedürfnissen der Produzent:innen unternommen. Hinzu kamen weitere Maßnahmen, die darauf abzielten, die Frauen von der Last der häuslichen Arbeit zu befreien und einen großen Teil dieser Aufgaben zu vergesellschaften. Um diese Tradition wiederherzustellen, ist es natürlich notwendig, die häufig gemachte Vermischung von Stalinismus und Kommunismus aufzulösen, die immer noch nachhallt und viele verwirrt, wenn wir den Kommunismus als Perspektive vorstellen.
Als Teil einer anderen, antistalinistischen und revolutionären Tradition wollen wir aufgreifen, was Leo Trotzki im Übergangsprogramm von 1938 über die Rolle der Frauen geschrieben hat. Dort betonte er, dass die opportunistischen und konservativen Organisationen der Arbeiter:innenbewegung sich nur um die oberen Schichten der Arbeiter:innenklasse kümmerten und die Jugend und die Arbeiterinnen ignorierten. Heute könnte man sagen, dass sie auch die rassifizierten Menschen und Migrant:innen ignorieren. Deshalb steht auf unseren Bannern: Macht den Weg frei für die Jugend! Macht den Weg frei für die rassifizierten und vom Imperialismus unterdrückten Völker! Macht den Weg frei für die werktätigen Frauen!
Fußnoten