TVÖD-Mitgliederbefragung: Nein zum Schlichtungsergebnis, Ja zum Erzwingungsstreik!

03.05.2023, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Maxi Schulz

Die Schlichtungskommission hat ein miserables Ergebnis präsentiert, das einen Reallohnverlust bedeutet. Dagegen braucht es ein Nein bei der Mitgliederbefragung und eine Urabstimmung zum Erzwingungsstreik.

Sechs Prozent Reallohnverlust berechnet Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: Das ist das Ergebnis der Schlichtungsverhandlungen im TVÖD, zu dem nun vom 4. bis 14. Mai eine – allerdings nicht bindende – Mitgliederbefragung durchgeführt wird. Durch die ausgehandelte Einmalzahlung und die fehlende tabellenwirksamen Erhöhung gibt es außerdem eine schlechtere Ausgangsposition für zukünftige Tarifkämpfe. Im Klartext bedeutet das, dass von den von ver.di eingangs geforderten 10,5 Prozent mehr Lohn und mindestens 500 Euro Lohnerhöhung wenig übrig bleibt. Stattdessen, rechnet man weiter, schlägt mit diesem skandalösen Schlichtungsergebnis für 2021 und 2022 ein Reallohnverlust und 2023 eine Nullrunde zu Buche.

Bei diesem Ergebnis ist Enttäuschung selbstverständlich – zumal der ver.di-Apparat längst begonnen hat, das Verhandlungsergebnis schönzureden. Damit dieses Ergebnis noch verbessert werden kann, genauso auch um künftig bessere Abschlüsse zu erzielen, dürfen wir jetzt jedoch nicht resignieren. Denn die Kampfkraft der 500.000 Streikenden, die bisher in Warnstreiks getreten sind, wurde längst nicht ausgeschöpft. Ein Erzwingungsstreik und die Verbindung der Streiks mit den Streiks im Nahverkehr und in anderen Branchen könnten einen enormen Druck entfalten. Wenn die Gewerkschaftsmitglieder in der Mitgliederbefragung mit Nein stimmen, bleibt der Weg für härtere Streiks zur vollen Durchsetzung der Forderung und gegen die von Finanzminister Lindner geplante Milliarden-Kürzungspolitik weiter offen.

Deshalb braucht es den Kampf in der Gewerkschaft, um nicht der ver.di-Führung das Feld zu überlassen, die das Ergebnis in der Schlichtungskommission akzeptiert hat. Mit gutem Beispiel voran gehen hierfür die Berliner Team-Delegierten, die sich ganz klar gegen die Annahme des Schlichtungsergebnisses ausgesprochen haben. Ebenso wie viele gewerkschaftliche Aktive, die eine Unterschriftensammlung gegen das Ergebnis initiiert haben. Bestärkt wurde dies noch einmal von kämpferischen Reden am 1.Mai, wie zum Beispiel der von Anika, Elektrikerin im Krankenhaus und Team-Delegierte, die sich erneut für ein Nein zum Schlichtungsergebnis und für einen Erzwingungsstreik ausgesprochen hat.

Es ist wichtig, sich jetzt gemeinsam gegen dieses Ergebnis zu stellen, das genau das ausdrückt, was seit Wochen medial diskutiert wird: Ein niedriger Abschluss im öffentlichen Dienst sollte her, um auf dem Rücken der Beschäftigten den Sparkurs der Regierung durchzusetzen. Kriegsminister Pistorius wurde sogar ganz deutlich, indem er direkt die für ihn bestehende Notwendigkeit Löhne zu drücken mit der Möglichkeit von Investitionen in die Bundeswehr verband. Millionen von Beschäftigten im öffentlichen Dienst sollen also den Gürtel enger schnallen, damit die Regierung Panzer bauen kann und die verdi-Führung knickt davor ein.

Die jetzt durchgeführte Mitgliederbefragung ist eine wichtige Möglichkeit, um in der Breite Ablehnung gegen das miserable Ergebnis auszudrücken. Es ist wichtig, dass möglichst viele Kolleg:innen mit Nein stimmen. Das reicht jedoch noch nicht aus, da die Abstimmung nicht verbindlich ist. Der Druck auf die verdi-Führung muss erhöht werden, es braucht Versammlungen in allen Betrieben, um über dieses Ergebnis zu diskutieren und darüber, unter welchen politischen Vorzeichen es zustande gekommen ist.  Um die Interessen der Millionen von Beschäftigten im TVÖD durchzusetzen, braucht es eine breite Streikbewegung statt intransparenten Verhandlungen wie in der Schlichtungskommission.

Damit tatsächlich die ursprüngliche Forderung von einem tatsächlichen Inflationsausgleich durchgesetzt werden kann, ist es deshalb notwendig, eine Urabstimmung für einen Erzwingungsstreik einzuleiten.

Auch bei der Konferenz „Erneuerung durch Streik“, die vom 12. bis 14. Mai in Bochum stattfindet, werben wir für ein Nein bei der Mitgliederbefragung. Dort werden über 1.000 Gewerkschafter:innen erwartet. Gemäß dem Titel der Konferenz wäre es eine wichtige Botschaft, dass sie sich für die Fortsetzung des Streikfrühlings aussprechen, also Erzwingungsstreiks im öffentlichen Dienst, gemeinsam mit anderen Branchen, wie den Flughäfen, Eisenbahnen und Nahverkehr.

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