Türkei: Polizei stürmt Wohnungen von linken Aktivist:innen

29.12.2024, Lesezeit 3 Min.
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Foto: SEP

Die türkische Polizei denkt sich fiktive Terrorgruppen aus, um Wohnungen von 19 linken Aktivist:innen zu stürmen.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion stürmte die türkische Polizei die Wohnungen von 19 linken Aktivist:innen der Sosyalist Emekçiler Partisi (Sozialistische Arbeiterpartei, SEP). Für vier Tage wurden sie auf dem Polizeirevier festgehalten, einige stehen immer noch unter Hausarrest, sind also weiterhin nicht frei. 

Doch wieso? Alle 19 sollen angeblich Teil der geheimen terroristischen Vereinigung „Trotzkisten 4te Linker Aufbau (Bolschewiki-Trotzki)” sein, die 1980 während des Militärputsches aktiv war. Die Vereinigung ist sogar so geheim, dass es bis heute keine Beweise für ihre Existenz gibt. Der Vorwurf der Polizei gegen die SEP-Aktivist:innen ist komplett haltlos.

Die Repression gegen die SEP ist ein weiteres Glied der Kette von staatlicher Gewalt gegen sozialistische und kurdische Organisationen in der Türkei und kurdischen Städten. Seit Jahren werden kurdische Bürgermeister:innen immer weiter abgesetzt und insbesondere seit dem Genozid an Palästinenser:innen in Gaza sind in der Türkei viele Menschen verhaftet worden, die an Protesten, die Geschäfte zwischen Türkei und Israel bloßgestellt haben, teilnahmen. Wir verurteilen die Repression gegen die SEP und die Angriffe auf demokratische Rechte. 

Im Rahmen seiner Regionalmachtpolitik setzt Erdoğan immer stärker auf Militäroffensiven und unterdrückt die oppositionellen Stimmen. Die Repression soll die geopolitischen Interessen des türkischen Regimes, das bereits die Realisierung mehrerer Infrastrukturprojekte quer durch Rojava angekündigt hat, verteidigen. Dazu gibt es noch Angriffe auf das Streikrecht. Erdoğan erließ ein Dekret, durch das Streiks der Metallarbeiter:innen faktisch verboten wurden. Es gibt eine große Polarisierung wegen des angekündigten Mindestlohns, der 22.104 TL beträgt (vgl. 603 €) und damit für viele Menschen nicht mal die Miete deckt. Die Entwaffnung von Rojava und PKK, die wirtschaftliche Ausbeutung von Syrien durch türkische Konzerne, Sparmaßnahmen im Haushalt, Verbot von Streiks und Kriminalisierung der sozialistischen Organisationen machen die Agenda des Bonapartismus in der Türkei aus.  

Wieso werden die Aktivist:innen der SEP von der Polizei angegriffen und kriminalisiert? Nicht aus Zufall natürlich. Die SEP organisiert sich an Schulen, Universitäten und in Arbeitskämpfen. Immer wieder interveniert sie in großen Streik- oder Studierendenbewegungen. Zur letzten Wahl trat sie auch in mehreren Bezirken an und ist nun auch offiziell ein Teil der türkischen Opposition zu Erdogan, wo man schon von einsetzender Routine reden kann, wenn wieder Wohnungen von Oppositionellen gestürmt werden. Aktivist:innen wie von der SEP soll das Fürchten gelehrt werden und sie sollen sich nicht blicken lassen, wenn Streiks verboten werden, rechte Kräfte an den Universitäten und Schulen rekrutieren oder die deutschen Leopard-Panzer der Türkei wieder nach Süden rollen.

Doch genau das dürfen wir nicht zulassen. Wir solidarisieren uns mit den Aktivist:innen der SEP und allen anderen, die in der Türkei vom Regime Repressionen erfahren. Das heißt im Umkehrschluss, dass wir nicht leise bleiben und somit folgen wir dem Aufruf der SEP für eine öffentliche Kampagne gegen diese Repressionen.

Ihr könnt hier auch Unterschreiben und Teil der Kampagne werden!

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