Türkei: 25. Jahrestag des Sivas-Massakers
Vor 25 Jahren wurden im zentralanatolischen Sivas 37 Menschen auf einem Festival der alevitischen Minderheit von radikal-sunnitischen Islamist*innen ermordet. Am 2. Juli erinnerten tausende Demonstrant*innen zusammen mit den verbliebenen Angehörigen an das Massaker, das von der türkischen Regierung weiterhin als “unglücklicher Vorfall” bezeichnet wird.
Am 2.Juli 1993, dem zweiten Tag eines alevitischen Kunstfestivals, versammelte sich ein Mob aus tausenden radikal-sunnitischen Islamist*innen vor einem Hotel, in dem rund einhundert alevitische Künstler wohnten. Etwa eine Stunde später stand das Hotel in Flammen, die Bewohner*innen, die sich vor dem Mob im Hotel barrikadiert hatten, fielen nun den Brandsätzen zum Opfer, die zusammen mit tausenden Steinen durch die Fenster flogen.
Die örtliche Regierung griff erst nach 8 Stunden mit Polizei und Feuerwehr ein. Bis heute erkennt die Erdogan-Regierung das Massaker nicht an und verbietet unter anderem die Aufführung von Theaterstücken zu Ehren der Opfer.
Alevit*innen hatten schon seit der osmanischen Zeit mit der massiven Unterdrückung durch radikal-sunnitische Islamist*innen zu kämpfen. Diese Unterdrückung beruhte hauptsächlich darauf, dass im alevitischen Glauben viele für Sunnit*innen geltende Verbote und Gebote aus dem Koran nicht anerkannt werden. Heutzutage, nach der Wiederwahl Erdogans, sieht sich die alevitischen Minderheit einem krassen Druck der in der Macht bestätigten Regierung sowie radikal-sunnitische Islamist*innen ausgesetzt. Dennoch betonten Angehörige der Opfer auf der Demonstration in Ankara, dass die Versöhnung mit den Sunnit*innen das unumstrittene Ziel ist, und der Sturz Erdogans Teil des Weges dahin sei.
Viele der Täter und vor allem die Drahtzieher*innen wurden bis heute nicht zur Verantwortung gezogen. Wichtige Fragen des Massakers bleiben bis heute ungeklärt, zum Beispiel wie sechs der Mörder ungehindert nach Deutschland fliehen konnten und vor allem warum die Polizei und Feuerwehr so spät eingegriffen haben. Die alevitische Minderheit und die tausenden Demonstrant*innen am vergangenen Montag sind sich sicher, dass das türkische Regime um Erdogan diese Fragen nicht beantworten will und zukünftige Massaker wie diese, nur durch eine Zerschlagung der bonapartistischen Regierung verhindert werden können.
In Gedenken an: Muhlis Akarsu, Muhibe Akarsu, Gülender Akça, Metin Altıok, Mehmet Atay, Sehergül Ateş, Behçet Sefa Aysan, Erdal Ayrancı, Asım Bezirci, Belkıs Çakır, Serpil Canik, Muammer Çiçek, Nesimi Çimen, Carina Cuanna Thuijs, Serkan Doğan, Hasret Gültekin, Murat Gündüz, Gülsüm Karababa, Uğur Kaynar, Asaf Koçak, Koray Kaya, Menekşe Kaya, Handan Metin, Sait Metin, Huriye Özkan, Yeşim Özkan, Ahmet Özyurt, Nurcan Şahin, Özlem Şahin, Asuman Sivri, Yasemin Sivri, Edibe Sulari, İnci Türk, Ahmet Öztürk, Kenan Yılmaz