Trumps Zölle: Gnadenfrist für EU, harte Hand gegen China
Von den drohenden Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA ist die EU bis zum 1. Mai ausgenommen. Wie es dann weitergeht, ist völlig unklar. Doch die Zölle schaden der EU schon jetzt. Gegen China will Trump drastisch vorgehen.
US-Präsident Donald Trump hat einen turbulenten Freitag hinter sich. Noch am Morgen hatte er mit einem Veto gegen das zu verabschiedende Haushaltsgesetz gedroht, weil es keine Gelder für den Bau einer Mauer an der US-Grenze zu Mexiko vorsieht. Schließlich polterte er zwar weiter, unterschrieb aber doch. Dann ernannte er den Hardliner John Bolton zu seinem neuen Sicherheitsberater, der ein harter Kritiker des Abkommens mit dem Iran ist und in der Vergangenheit auch das Recht der USA auf einen Erstschlag gegen Nordkorea proklamiert hatte. Und dann wurde auch noch bekannt, dass ein Durchsuchungsbeschluss gegen die Analysefirma Cambridge Analytica vorliegt, die auch unlautere Weise Trumps Wahlkampf mithilfe von Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzer*innen unterstützt haben soll.
Neben der Frage eines weiterhin drohenden offenen Handelskriegs aber verblassten all diese Meldungen. Der Freitag war nämlich auch der Tag, seit dem die USA Zölle auf Aluminium und Stahl aus dem Ausland in Höhe von zehn bzw. 25 Prozent erhebt. Gleichzeitig will Trump Produkte aus China im Wert von 60 Milliarden Dollar mit Strafzöllen belegen. Er begründete diesen Schritt mit unfairen Handelspraktiken und dem Diebstahl geistigen Eigentums. Welche Produkte betroffen sein sollen, ist bislang noch nicht bekannt. China reagierte darauf vergleichsweise zurückhaltend. Auf Produkte aus den USA wie Schweinefleisch, Stahlrohre, Früchte und Wein im Wert von drei Milliarden Dollar sollen im Gegenzug Zölle erhoben werden.
Dass Trump damit nicht nur aus ideologischen Beweggründen oder einfach wahllos handelt, zeigt der Aufschub, den er einigen Staaten gewährt. Bis zum 1. Mai sind Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, Mexiko, Südkorea, aber vor allem die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union von den Zöllen ausgenommen. Trump lässt diese wichtigen Handelspartner zwar noch darüber im Unklaren, was danach geschehen soll. Doch er hält sich somit die Möglichkeit offen, sie als Verbündete gegen China für sich zu gewinnen. Gleichzeitig belasten die Stahl- und Aluminiumzölle die EU bereits heute. Während Trump die USA von der internationalen Krise der Metallüberproduktion isoliert, wird noch mehr billiger chinesischer Stahl auf den europäischen Markt drängen. Nachdem der chinesische Staatschef Xi Jinping eine Annäherung an Merkel und Macron gesucht hatte, ist Trumps Manöver nun der Versuch, China und die EU gegeneinander auszuspielen.
Weg vom Multilateralismus
In einem größeren Kontext betrachtet geht Trump damit weitere Schritte weg von einem multilateralen System des Freihandels. Jahrzehnte lang war die Welthandelsorganisation (WTO) das Mittel der Wahl für die USA, sich überall auf der Welt Märkte zu öffnen und wirtschaftlichen und politischen Einfluss auszuüben. Der Wunsch nach bilateralen Abkommen bedeutet für die USA zuvorderst ihre Machtposition gegenüber einzelnen Staaten und Wirtschaftsblöcken voll auszunutzen. Dass die EU direkt mit den USA über die Frage der Zölle verhandeln und nicht den Weg über die WTO wählen wollen oder können, ist Ausdruck dieses Wandels.
Bei den führenden Politiker*innen der EU verursachte die Nachricht vom etwas mehr als fünfwöchigen Aufschub kaum Erleichterung. Während andere um diplomatische Formulierungen rangen, sagte der belgische Premierminister Charles Michael im Rahmen des EU-Gipfels in Brüssel, die Vereinigten Staaten seien dazu bereit mit der EU zu verhandeln, „indem sie uns einen Revolver an die Schläfe setzen“. Als der französische Präsident Emmanuel Macron gemeinsam mit Angela Merkel vor die Presse trat, nahm er das Bild auf und erklärte, man spreche über nichts „wenn uns die Pistole an die Schläfe gelegt wird.“ Merkel sagte, sie hoffe weiterhin auf eine Klärung, kündigte aber auch an, mit Gegenmaßnahmen zu antworten, sollten die Stahl- und Aluminiumzölle gegen die EU in Kraft treten.