Trumps Ukraine-Plan: Ein Projekt der kolonialen Unterwerfung

21.02.2025, Lesezeit 9 Min.
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Foto: Drop of Light/shutterstock

Trumps Plan zur Einfrierung des Ukrainekriegs zielt auf die völlige Unterwerfung der ukrainischen Wirtschaft unter den US-Imperialismus ab.

In der letzten Woche haben sich die geopolitischen Spannungen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg unglaublich verschärft. Vom langen Telefonat zwischen Trump und Putin am Mittwoch, dem 12. Februar, über die provokante Rede von J. D. Vance auf der Münchner Konferenz am vergangenen Wochenende bis hin zu den Verhandlungen, die am Dienstag, dem 18. Februar, in Saudi-Arabien begannen, scheinen sich die Koordinaten der Situation verändert zu haben. Aber mehr als einen wirklichen Wandel offenbart Trumps unberechenbare Politik die imperialistischen Interessen, die seit Beginn des Krieges hinter der Unterstützung der USA und Europas für die Ukraine stehen. Das eiskalte Projekt der Trump-Regierung für die Ukraine, das am Montag vom The Telegraph enthüllt wurde, spiegelt unzweideutig den Willen wider, die Ukraine der US-Macht zu unterwerfen.

Ein Projekt zur wirtschaftlichen Unterwerfung der Ukraine unter den US-Imperialismus

In einem Interview mit Fox News am 17. Februar, forderte der neue US-Präsident, dass die Ukraine als Gegenleistung für die amerikanische Hilfe „den Gegenwert von 500 Milliarden Dollar an seltenen Erden“ an die USA abgeben solle, eine astronomische Summe, die die Sanktionen gegen Deutschland und Japan nach dem Zweiten Weltkrieg übersteigt. Diese Summe ist umso exorbitanter, als die vom US-Kongress gewährte Hilfe insgesamt 175 Milliarden Dollar nicht übersteigt. Von diesen wurde ein Großteil in Form von Krediten gewährt wurde, die die Ukraine in Zukunft zurückzahlen muss. Sollte diese Forderung Trumps umgesetzt werden, würde dies die totale wirtschaftliche und politische Unterwerfung der Ukraine unter die USA für die nächsten Jahrzehnte bedeuten.

Die Forderung nach 500 Milliarden Dollar ist bereits enorm, aber die von The Telegraph enthüllten Details eines potenziellen Handelsabkommens zwischen den USA und der Ukraine sind für die Zukunft der ukrainischen Arbeiter:innenklasse noch besorgniserregender. Weit davon entfernt, sich auf die wirtschaftliche Kontrolle der Seltenen Erden zu beschränken, nehmen die Bedingungen des Abkommens die Form einer vollständigen Vasallität der Ukraine gegenüber dem US-Imperialismus an. Unter dem Vorwand, sicherstellen zu wollen, „dass die Konfliktparteien nicht von der Wiederaufbau der Ukraine nach einem dauerhaften Frieden profitieren“, wird in diesem Abkommen die Einrichtung eines „Reconstruction Investment Fund“ (Wiederaufbau-Investmentfond) beschlossen. Dieser soll den USA ermöglichen, 50 Prozent der wiederkehrenden Einnahmen, die die Ukraine aus der Gewinnung von Ressourcen auf ihrem Territorium erhält, sowie 50 Prozent der finanziellen Einnahmen aus Lizenzen, die Dritten für die Nutzung dieser Ressourcen gewährt werden, einzustreichen. Es ist offentlich, dass die „feindlichen Parteien“, von denen die Rede ist, nichts anderes als die anderen imperialistischen Mächte sind. Angefangen bei denen der Europäischen Union, die in diesem Bereich in einem direkten Konflikt mit dem US-Imperialismus stehen.

Das am Montag bekannt gewordene Abkommen zielt daher vor allem darauf ab, die Aneignung der Bodenschätze der Ukraine durch die USA zum Nachteil der anderen Weltmächte und vor allem der Ukraine zu gewährleisten. Diese würde so in einen noch untergeordneten Status als vor dem Ausbruch des Krieges gedrängt werden. Über den Reconstruction Investment Fund würde der US-Imperialismus die vollständige Kontrolle über alle diese Ressourcen haben: Der Text besagt ausdrücklich, dass „die Vereinigten Staaten bei allen zukünftigen Lizenzen ein Vorkaufsrecht für den Kauf von exportierbaren Mineralien haben werden“. Das bedeutet nicht nur, dass sie von den durch diese Ausbeutung generierten finanziellen Einnahmen profitieren werden, sondern dass sie auch die volle Kontrolle über Konzessionen und Exporte haben werden, wodurch sie US-amerikanische Unternehmen bevorzugen können. Darüber hinaus würde sich diese fast vollständige Kontrolle nicht nur auf die seltenen Erden beschränken, wie es in den Diskussionen der vergangenen Monate der Fall zu sein schien. Neben den Bodenschätzen würde sich das Abkommen auch auf „die Öl- und Gasressourcen, Häfen und andere Infrastrukturen“ erstrecken. Kurz gesagt, würde ein riesiger Teil der ukrainischen Wirtschaft einfach von den USA übernommen.

Die Bodenschätze der Ukraine: ein wichtiger Faktor im Konflikt zwischen den Imperialismen

Die Ukraine verfügt über sehr reiche Böden mit einer Vielzahl von Mineralien, die für die Entwicklung modernster Technologien essentiell sind. Dies gilt insbesondere für Graphit und Lithium, die für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien unerlässlich sind, die in einem Großteil der heutigen Elektroprodukte, wie Elektroautos, verwendet werden. Aber der Reichtum der ukrainischen Böden geht über diese Mineralien hinaus: Es gibt dort Vorkommen von Titan, Uran, Neodym, Lanthan, aber auch Nickel, Beryllium, Mangan, Gallium, Zirkonium und sogar Scandium.

Viele dieser Mineralien gelten als kritisch für bestimmte Technologien, wie zum Beispiel Scandium, das für die Entwicklung von Halbleitern unerlässlich ist. Während China die weltweit größten Reserven an vielen dieser seltenen Erden besitzt, ist es für die westlichen imperialistischen Mächte von entscheidender Bedeutung, ihre Versorgung zu diversifizieren. Im Rahmen der Handelsspannungen mit den USA hat China bereits die Ausfuhr einiger dieser Erze eingeschränkt, um die technologische Entwicklung der USA zu bremsen.

Einige Analyst:innen relativieren die weltweite Bedeutung der ukrainischen Reserven. Doch es ist unbestreitbar, dass die Kontrolle über diese Reserven ein zentrales Thema des interimperialistischen Konflikts ist, der sich mit dem Krieg in der Ukraine verschärft hat. Auch wenn die 500.000 Tonnen Lithiumcarbonat, die die ukrainischen Reserven enthalten sollen, im Vergleich zu den weltweiten Reserven gering erscheinen, machen sie immerhin ein Drittel der europäischen Reserven aus. Daher ist es für die europäischen Mächte von entscheidender Bedeutung, einen Teil des Kuchens zu ergattern.

Panik in der EU und der Ukraine angesichts von Trumps Plänen

Die Enthüllung von Trumps Plan für die Ukraine löste eine Panikwelle unter den europäischen Staats- und Regierungschefs aus. Macron organisierte als Reaktion zwei Dringlichkeitssitzungen am Montag und Mittwoch im Élysée-Palast. Aber diese brachten keine wirklichen Ergebnisse, da sich die verschiedenen europäischen Regierungen insbesondere in der Frage eines möglichen Truppeneinsatzes auf ukrainischem Boden uneinig sind. Da sie nicht in der Lage sind, ihre Politik zu vereinheitlichen, hinken die imperialistischen Mächte der EU bisher hinter Trump hinterher, der bereits Verhandlungen mit Russland aufgenommen hat.

Auch Selenskyj reagierte heftig auf die Enthüllungen über Trumps Plan zur Kolonisierung der Ukraine. Obwohl er selbst in seinem im Oktober 2024 vorgestellten „Plan für den Sieg“ die Idee eines Abkommens über Seltene Erden mit den USA auf den Tisch gelegt hatte, sah er sich gezwungen, das von der Trump-Regierung vorgeschlagene Abkommen abzulehnen. Diese kritische Situation führte zu einem Schlagabtausch zwischen dem ukrainischen Präsidenten und dem US-Präsidenten: Als Reaktion auf Trumps Behauptungen, die Ukraine sei für den Krieg verantwortlich, beschuldigte Selenskyj Trump, in einem „Raum russischer Desinformation“ zu leben, worauf Trump antwortete, sein ukrainischer Amtskollege sei ein „Diktator ohne Wahlen“.

Auch wenn dieser unfreundliche Austausch auf eine radikale Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern hindeutet, ist es wahrscheinlich, dass Selenskyj letztendlich das von Trump ausgehandelte Abkommen umsetzen wird. Am Montag drohte Trump ausdrücklich damit, die Ukraine Russland zu überlassen, wenn Selenskyj das Friedensabkommen ablehnt: „Sie können ein Abkommen schließen, sie können kein Abkommen schließen. Sie können eines Tages Russen sein, oder sie können eines Tages keine Russen sein.“

Angesichts dieses maximalen Drucks könnte Selenskyj durchaus gezwungen sein, die ukrainischen Ressourcen an den US-Imperialismus zu verscherbeln. Er selbst befindet sich nicht in der bequemsten Position: Obwohl sein Mandat offiziell im Mai 2024 ausläuft, bleibt er nur dank des Kriegsrechts an der Macht, das die Abhaltung von Wahlen verhindert. Letzte Woche traf die innere Repression fünf ehemalige Oligarchen, darunter den ehemaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, der die wichtigste Oppositionsgruppe im Parlament anführt. Auch wenn diese Figur zweifellos nicht der gefährlichste politische Rivale bei Wahlen gewesen wäre, spiegelt diese Repression die innere Unruhe von Selenskyj wider. Er scheint nicht über die nötige Stabilität zu verfügen, um dem Druck von Trump standzuhalten.

Die in der letzten Woche zutage getretenen interimperialistischen Spannungen im Zusammenhang mit dem Kampf um die Aneignung der wirtschaftlichen Ressourcen der Ukraine veranschaulichen den zutiefst reaktionären Charakter dieses Krieges sowie des sich abzeichnenden zukünftigen Friedens. Ob es sich nun um die Unterwerfung unter Russland oder die Vasallität gegenüber dem US-amerikanischen oder europäischen Imperialismus handelt: Die Ergebnisse der Verhandlungen können die Ukraine nur in eine tiefe Wirtschaftskrise stürzen, deren erstes Opfer die ukrainische Arbeiter:innenklasse sein wird. Angesichts dieser reaktionären Ergebnisse bekräftigen wir, dass nur eine Politik der Arbeiter:innenklasse und Massen der Ukraine, unabhängig von den kapitalistischen Bourgeoisien Russlands, der Ukraine oder des Westens, eine echte Befreiung und Selbstbestimmung des Landes garantieren kann.

Dieser Artikele erschien zunächst am 19. Februar in unserer französischen Schwesterzeitung Révolution Permanente.

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